Gas-Angst – ein Wort, das die Bürger:innen der Bundesrepublik wohl seit dem Winter 2021/2022 kennen. Werden die Reserven reichen? Droht wegen des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine und den damit zusammenhängenden Sanktionen der Blackout? Sitzen wir bald im Kalten?
Lauter Fragen, die sich die deutsche Bevölkerung im vergangenen Jahr gestellt hat. Eingetroffen sind die Befürchtungen glücklicherweise nicht. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) ist es gelungen, die Krise abzuwenden.
Frieren müssen hier auch in diesem Winter die wenigsten. Anders sieht es in Russland aus. Und das, obwohl das Land auf Erdöl und Gas sitzt. In der russischen Region Irkutsk leidet die Bevölkerung wohl so massiv, dass sie sich mit einer Videobotschaft an die Öffentlichkeit – und an den russischen Machthaber Wladimir Putin – wendet.
"Wir haben schon so oft gehört, dass Europa ohne unser Gas dort drüben friert. Aber aus irgendeinem Grund beschweren sie sich nicht. Aus irgendeinem Grund frieren wir!", zitiert das Nachrichtenportal "Sibir.Reality" eine Bewohnerin. Die Menschen vor Ort hätten Videobotschaften für Putin aufgenommen, die seien aber wohl nicht bei ihm angekommen. Aus Verzweiflung hätten sie die Videos nun ins Netz gestellt.
Das Problem in der Region: Den Bewohner:innen würde regelmäßig der Strom und damit auch die Heizung abgestellt. Laut dem Bericht wird die Schuld für die Stromausfälle von den Behörden ausschließlich auf Bergbaubetriebe abgeschoben. Dabei habe die Region seit Beginn der 2000er die Kapazität des Stromnetzes nicht mehr erhöht – und das, obwohl die Siedlungen in der Region anwachsen und die Winter kälter würden.
"Wir frieren in unseren Häusern. Anstatt neue Stromleitungen zu bauen, sie zu modernisieren und neue Transformatoren zu errichten, wird das vom Staat bereitgestellte Geld für kommerzielle Aktivitäten verwendet", klagen die Sibirier:innen in einem der Videos. Das örtliche Stromversorgungsunternehmen würde, so die Kritik der Bewohner:innen, die Anlagen nicht modernisieren. Aus diesem Grund falle regelmäßig der Strom und damit auch die Heizung aus. Und das bei Außentemperaturen von Minus 30 Grad und weniger.
Von den Behörden würde darauf verwiesen, dass Kryptofarmen eine erhöhte Belastung für die Stromwerke sei. Tatsächlich zieht Sibirien laut Medienberichten Bitcoin-Miner an. Die Gründe: Das kalte Klima und niedrige Energiepreise. Eine Bewohnerin sieht das allerdings anders. In dem Bericht von "Sibir.Reality" stellt sie klar, was aus ihrer Sicht an dem hohen Stromverbrauch der Region liege: Eine wachsende Bevölkerung und kältere Winter führten dazu, dass mehr Strom zum Heizen benötigt würde.
Unterdessen sei der Bevölkerung geraten worden, eigene Öfen und Generatoren aufzustellen, um sich selbst zu versorgen. Was die Bevölkerung nicht verstehen kann: Warum sie mitten im Winter erst erfahren, dass der Strom nicht reicht. "Warum haben [die Bezirksbehörden] uns nicht schon früher empfohlen, Öfen aufzustellen? Damals hatten sie Angst vor einer Umweltkatastrophe, und jetzt sind wir schuld?", zitiert das Nachrichtenportal eine Anwohnerin.
Innerhalb eines Tages seien in der Region, laut dem zuständigen Ministerium, fünf Notstromausfälle bestätigt worden. Die Gründe seien vielfältig: So soll ein Dieselgenerator ausgefallen sein und eine andere Anlage sei wohl nicht angeschaltet gewesen, zitiert das Medium das Ministerium für Notfallsituationen der Region Irkutsk. Die Behörde gibt demnach aber zu, dass die "Last die Kapazitäten übersteigt". Das heißt: Es gibt zu viel Bedarf für zu wenig Strom.
Nachdem die Videos die Runde gemacht haben, kündigt nun der Leiter der Region, Igor Kobzev, wohl an, dass "die Täter vor Gericht gebracht werden müssen". Die Wärmeversorgung müsse stabilisiert werden, stellt er laut "Sibir.Reality" klar. Im nächsten Schritt müsste dann überprüft werden, wer Schuld ist an dem Missstand – und diese "Täter" müssten dann auch bestraft werden, wenn es nach Kobzev geht. Aussagen, die in der betroffenen Region wohl für Zynismus sorgen. "Wen will er denn bestrafen, sich selbst?", zitiert das Medium die Anwohner:innen.