Am Donnerstag wurde der frühere Fernsehstar Bill Cosby der schweren sexuellen Nötigung schuldig gesprochen. Er hat demnach im Jahr 2004 die heute 45-jährige Andrea Constand unter Drogen gesetzt und missbraucht. Das Strafmaß wird voraussichtlich in drei Monaten verkündet werden. Da Cosby in drei Fällen für schuldig befunden wurde, drohen ihm bis zu drei Mal zehn Jahre Haft.
Den Schuldspruch verkündete eine Jury in Norristown im US-Bundesstaat Pennsylvania nach 14-stündiger Beratung. Zuvor war der Prozess in einem ersten Anlauf gescheitert: Die Jury konnte sich nicht auf ein Urteil einigen.
Im zweiten Anlauf lud die Staatsanwaltschaft dann auch neue Zeuginnen vor. Wie Andrea Constand werfen diese Cosby sexuellen Missbrauch vor. Die Fälle liegen jedoch so lange zurück, dass sie bereits verjährt sind. Sie sollten jedoch die Glaubwürdigkeit der Aussagen Constands untermauern.
Das sind die Behauptungen, mit denen die Anwälte Bill Cosby versuchten, die Frauen zu diskreditieren.
Das sagte Bill Cosbys Verteidiger Thomas Mesereau über Andrea Constand, als er sich am 10. April an die Jury wandte. "Und das werden wir beweisen.". (CBS News)
Andrea Constand habe finanzielle Probleme gehabt – bis Cosby ihr 2006 3,38 Millionen Dollar gezahlt hat, um eine Anklage wegen Vergewaltigung abzuwenden. Schon damals hatte Constand den ehemaligen Comedian und Fernsehstar nämlich angeklagt. Cosby-Anwalt Mesereau stellte Constand als gierige Frau dar, die Cosby ausnutzen wolle. (New York Times)
Das fragte Cosbys Anwältin Kathleen Bliss die Zeugin Heidi Thomas vor Gericht.
Thomas hatte angegeben, dass sie schon 1984 von Cosby vergewaltigt wurde. Das ist nach US-Recht verjährt. Wichtig waren ihre Aussagen in dem Prozess trotzdem.
Cosbys Anwälte versuchten deshalb, auch sie als unglaubwürdige Lügnerin dastehen zu lassen, der es nur um Geld und Publicity ginge. (Vox)
Im abschließenden Plädoyer legte Kathleen Bliss nochmal nach: "Meine Damen und Herren, sie lebt jetzt den Traum." (Washington Post)
Die Anwältin griff in ihrem Plädoyer auch Janice Dickinson an, eine weitere Belastungszeugin, die Cosby ebenfalls beschuldigt, sie mit Drogen handlungsunfähig gemacht und missbraucht zu haben. Und versuchten Dickinson anhang ihres angeblichen Lebensstils zu diskreditieren: Sie springe mit jedem ins Bett, warum soll sie das bei Bill Cosby nicht auch freiwillig gemacht haben? (Washington Post)
Cosbys Anwälte betteten den Fall in ihrem Abschlussplädoyer außerdem in die gesamte #MeToo-Debatte ein – und machten damit ein ziemlich großes Fass auf. "Die Pöbel-Herrschaft ist kein ordentliches Verfahren", sagte Cosbys Anwältin. Damit bezog sie sich auf die #MeToo-Bewegung, die in den letzten Monaten bereits einige einflussreiche Männer ihre Jobs gekostet habe. Die #MeToo-Debatte und der Prozess gegen Cosby glichen einer "Hexenjagd, Lynchjustiz und McCarthyismus".
Der amerikanische Senator Joseph McCarthy hatte in den 1940er und 50er Jahren Kommunisten – und alle, die er für welche hielt – in den USA verfolgt und dabei viele Regeln des Rechtsstaats missachtet.
Am Ende waren Cosbys Anwälte mit ihrer Schmieren-Kampagne gegen Andrea Constand und die weiteren mutmaßlichen Opfer erfolglos.
Insgesamt wird Cosby sogar von mehr als 60 Frauen beschuldigt. Jetzt sei Gerechtigkeit erfolgt, sagte die Anwältin Gloria Allred, die mehrere der Frauen gegen Cosbys vertreten hat. "Wir sind so glücklich, dass wir endlich sagen können, Frauen wird geglaubt."
Auch die Künstlerin Lili Bernard erklärte, vor Freude und Dankbarkeit überwältigt zu sein. "Ich muss mich kneifen. Bin ich wach? Das ist ein Wunder", sagte sie. Bernard hatte Cosby vorgeworfen, sich ihr gegenüber sexuell übergriffig verhalten zu haben, bevor er ihr 1992 eine Rolle in der "Cosby Show" gab.
Staatsanwalt Steele sagte, Cosby habe "diesem Moment viel zu lange ausweichen" können. Er habe seine Prominenz, seinen Wohlstand und sein Netzwerk von Unterstützern genutzt, um seine Verbrechen zu verbergen. "Heute wissen wir wirklich, wer hinter dem Schauspiel stand, wer der echte Bill Cosby ist."
(mit ap)