Alexander Lukaschenko hat Jahrzehnte lang daran gearbeitet, stark, angsteinflößend und unzerbrechlich zu wirken. Doch dieses Bild kann der belarussische Machthaber mittlerweile nicht mehr aufrechterhalten. Der Präsident des post-sowjetischen Staates schwächelt. In den vergangenen Tagen war er sogar ganz von der Bildfläche verschwunden – doch jetzt ist er wieder aufgetaucht.
Und genau das sorgt für krude Diskussionen und Theorien, die in sozialen Medien wie Twitter breitgetreten werden.
Aber von vorn: Alexander Lukaschenko war am 9. Mai in Moskau zu den Feierlichkeiten des "Tages des Sieges" zu Gast bei Russlands Präsident Wladimir Putin gewesen. Auf dem Bildmaterial zu diesen Feierlichkeiten ist bereits eine Bandage an seiner rechten Hand sichtbar.
Für Aufregung sorgte dann, dass Lukaschenko die Veranstaltung frühzeitig verließ und zu einem Frühstück, zu dem Putin geladen hatte, nicht erschien. Zuvor hatte der belarussische Präsident wohl Tee mit Putin getrunken.
Theorien, ob Putin Lukaschenko aus dem Weg räumen will und ihm eventuell ja Gift in den Tee mischte, machten die Runde.
Auch gab es Gerüchte, Lukaschenko habe sich nach dem Aufenthalt in Moskau in einem Krankenhaus nahe der belarussischen Hauptstadt Minsk aufgehalten – bestätigt wurden diese Gerüchte nie von der belarussischen Regierung.
Überhaupt hatten die staatlichen Behörden keinen Kommentar zum aktuellen Gesundheitszustand des Präsidenten abgegeben. Fest stand nur: Lukaschenko tauchte erst einmal nirgends mehr auf.
Er fehlte sogar bei einer jährlichen Zeremonie in Minsk, bei der die Treue zur Flagge des ehemaligen Sowjetstaates gefeiert wird. Das erste Mal seit 29 Jahren nahm Lukaschenko daran nicht teil. Sein Premier Roman Golowtschenko las dafür aber eine Botschaft in Lukaschenkos Namen vor. Der russische Politiker Konstantin Zatulin versuchte zudem, Gerüchten um den Gesundheitszustand des Präsidenten Einhalt zu gebieten.
Auf dem Telegram-Kanal Podyom schrieb Zatulin:
Am Montag ist dann ein Video aufgetaucht, in dem Lukaschenko über den Krieg in der Ukraine spricht und über Angriffe auf russischem Gebiet. Auffällig hier: Der Präsident wirkt extrem geschwächt. Seine Stimme ist heiser und bricht, sein Gesicht wirkt dürr und blass. Die Bandage, die er vor einer Woche noch rechts trug, sitzt jetzt an der linken Hand.
Kaum zu vergleichen mit dem Lukaschenko, der eine Woche zuvor noch auf der russischen Militärparade zu Gast war.
Eine Woche lang war Lukaschenko aus der Öffentlichkeit verschwunden. Die Menschen fragten sich sogar, ob er möglicherweise gestorben sei. Doch auch nach Veröffentlichung des Videos, sind offenbar nicht alle Zweifel beseitig. "Das Video zeigt also, dass er noch nicht ganz tot ist", schreibt etwa eine Twitter-Userin.
Ein anderer Nutzer postete ein GIF unter den Beitrag, der den toten Bernie Lomax aus dem 80er-Jahre-Film "Immer Ärger mit Bernie" zeigt. Dieser wurde (zwar eher schlecht als recht) so hergerichtet, dass er lebendig wirkt.
Auch, wenn sich manche Lukaschenko-Gegner:innen über sein Auftreten lustig machen, der Gesundheitszustand des Präsidenten kann entweder zu einer großen Chance oder zu einem großen Desaster führen.
Darauf machte die im Exil lebende Oppositionsführerin Sviatlana Tsikhanouskaya aufmerksam. Auf Twitter schreibt sie:
Dazu, schreibt Tsikhanouskaya weiter, brauche man zudem die Unterstützung der internationalen Gemeinschaft.
Lukaschenko regiert Belarus seit 1994 mit eiserner Faust. Er gewann die erste Präsidentschaftswahl nach dem Zerfall der Sowjetunion und hat das Land trotz der Massenproteste gegen die Regierung, die auf eine umstrittene Präsidentschaftswahl im Jahr 2020 folgten, weiterhin fest im Griff.