Nach dem Treffen mit Theresa May wollte US-Präsident Donald Trump am Samstag in Schottland entspannen. Wurde aber nix mit Entspannung. Aus der Heimat holte ihn eine Geheimdienstaffäre ein. Sonderermittler Robert Mueller erhob Anklage gegen 12 russische Geheimdienstmitarbeiter, die sich in den US-Wahlkampf eingemischt haben sollen. Trump beharrte dennoch auf seinem Treffen mit Russlands Präsident Wladimir Putin am Montag in Helsinki.
Das Drama in 3 Akten.
Die Hacker-Angriffe hatten sich unter anderem gegen das direkte Umfeld der Trump-Rivalin Hillary Clinton gerichtet. Die auf Betreiben des Sonderermittlers Robert Mueller erhobenen Anklagen gegen Mitarbeiter des Militärgeheimdienstes GRU bringen Trump in eine missliche Lage: Er möchte bei seinem ersten Gipfeltreffen mit Putin eine Verbesserung der Beziehungen erreichen, die vor allem durch die russischen Interventionen in der Ukraine und in Syrien schwer belastet sind.
Laut der jetzt erhobenen Anklage waren die Mitarbeiter des russischen Geheimdienstes GRU zwischen März und November 2016 in Computer der Parteizentrale der Demokraten, des Wahlkampfchefs von Hillary Clinton, John Podesta, sowie anderer Mitarbeiter und Unterstützer der Trump-Kontrahentin eingedrungen und hatten tausende E-Mails und andere Dokumente gekapert. Ihr Ziel sei gewesen, durch Veröffentlichung der Interna eine "Auswirkung" auf die Präsidentschaftswahl zu erzielen, sagte Vizejustizminister Rod Rosenstein. Die ans Licht gekommenen E-Mails enthielten teilweise brisante Informationen aus dem Innenleben der Clinton-Kampagne. So heißt es in einer jetzt sichergestellten E-Mail aus dem Hacker-Milieu an Trumps Umfeld:
Die GRU-Mitarbeiter veröffentlichten die gestohlenen Dokumente der Anklageschrift zufolge teilweise selbst, wozu sie sich fiktive Identitäten schufen, darunter "Guccifer 2.0". Über die Identität von Guccifer hatte es seit dem Wahlkampf viel Rätselraten gegeben.
Die Anklagen wurden von einem Geschworenengremium erhoben und basieren auf der Arbeit des Sonderermittlers Robert Mueller. Der Ex-Chef der Bundespolizei FBI geht seit Mai 2017 den mutmaßlichen russischen Wahlkampfinterventionen und möglichen illegalen Absprachen zwischen Trump-Mitarbeitern und Moskau über diese Einmischungen nach. Trump geißelt die Ermittlungen regelmäßig als gigantische Hexenjagd.
Die nun erhobenen Anklagen enthalten keine Hinweise darauf, dass die GRU-Mitarbeiter mit Trump-Mitarbeitern in Verbindung gestanden haben könnten. Im Zuge der "Verschwörung" hätten die Geheimdienstmitarbeiter mit mehreren US-Bürgern korrespondiert, sagte Rosenstein.
Im Februar hatte der Sonderermittler 13 andere russische Staatsbürger wegen Desinformationskampagnen im Internet anklagen lassen. Bereits seit vergangenem Jahr sind aufgrund von Muellers Ermittlungen vier frühere Trump-Mitarbeiter angeklagt, darunter der kurzzeitige Nationale Sicherheitsberater Michael Flynn und Ex-Wahlkampfleiter Paul Manafort. Diese Anklagen beziehen sich jedoch nicht auf mögliche Absprachen über den Wahlkampf.
Nun steht Trump unter starkem innenpolitischen Druck, die mutmaßlichen russischen Wahlkampfeingriffe in den Mittelpunkt des Treffens zu stellen. Schon kurz vor der Veröffentlichung der neuen Anklagen kündigte er bei seinem Besuch in Großbritannien an, die mutmaßlichen russischen Cyberattacken gegenüber Putin ansprechen zu wollen. Er werde dieses Thema „absolut entschlossen“ aufbringen, versicherte er.
Der Anführer der Demokraten im Senat, Chuck Schumer, hatte verlangt, Trump solle auf ein Treffen mit Putin verzichten, bis dieser „nachprüfbare und transparente Schritte“ ergreife, um auf eine Einmischung in künftige Wahlen zu verzichten.
Auch der einflussreiche republikanische Senator John McCain erklärte: „Wenn Präsident Trump nicht dazu bereit ist, Putin zur Rechenschaft zu ziehen, sollte der Gipfel in Helsinki nicht stattfinden.“
Das Demokratische Nationalkomitee (DNC) kritisierte Russland nach Bekanntwerden der Anklage scharf. "Die russische Regierung hat unsere Demokratie 2016 attackiert, und das DNC war das Hauptziel dieses Angriffs", schrieb DNC-Präsident Tom Perez.
Trump stand zuletzt wegen seines außenpolitischen Auftretens heftig in der Kritik.
Nun ist es Trump, der sich am Montag mit Putin trifft. Und die westliche Welt fürchtet einen weiteren Trumpschen Alleingang. Von ihm als Deal verpackt, etwa Zugeständnisse bei der russischen Annexion der Krim oder in Syrien.
Trump selbst schwärmte von einer möglichen Verringerung von Atomwaffen. Experten sind zurückhaltender.
John Negroponte, ehemaliger US-Vizeaußenminister nannte Trump einen „Störenfried“.
Der frühere britische Top-Diplomat Simon Fraser erklärte:
Das lässt für Montag schon mal Einiges erwarten.
(afp, per)