Ukraine: Putins "befreiten" Gebieten geht das Wasser aus – Donbass-Bewohner verzweifelt
Wladimir Putin führt den Krieg in der Ukraine mit dem Argument, die Menschen "befreien" zu wollen. Eine Propagandaerzählung, die der Realität im Donbass nicht standhält. Wie dieses "befreite" Leben für die Bewohner:innen aktuell aussieht, zeigen Berichte aus den besetzten Gebieten.
In Donezk, Mariupol und anderen Städten herrscht akuter Wassermangel. Bewohner:innen sprechen offen von einer humanitären und ökologischen Katastrophe, wie ein neuer Bericht zeigt.
Elf Jahre Krieg haben die Infrastruktur zerstört, Flüsse austrocknen lassen und Stauseen geschrumpft. Statt Versorgungssicherheit erleben die Menschen eine Krise, die ihren Alltag bestimmt. Schulen kürzen Unterricht, Krankenhäuser schließen Toiletten, in Wohnungen kommt oft nur rostiges oder gelbes Wasser an.
Putin besetzt Donbass: "Wann das Wasser kommt, weiß niemand"
Die Versorgung ist streng rationiert. Offiziell fließt das Wasser in Donezk seit Juli 2025 alle drei Tage für wenige Stunden. Doch selbst dieser Plan bricht regelmäßig zusammen, wie die unabhängige Zeitung "Meduza" berichtet. "Wasser gibt es nach Plan: einmal alle drei Tage, von 17 bis 21 Uhr. Wann es wirklich bei dir ankommt, weiß niemand", sagt ein Mann, den die Zeitung zu seinem Schutz Igor nennt. Er ist ein Bewohner der Stadt.
In höheren Stockwerken kommt das Wasser oft gar nicht an. Viele improvisieren Leitungen im Keller und tragen Kanister hinauf. Wer arbeiten muss, verpasst manchmal die einzige Chance, Vorräte aufzufüllen.
Wie sehr die Notlage den Alltag durchzieht, zeigt demnach ein Video von Anfang September. Darin zu sehen: Als Männer Wasser aus einem Tank abfüllen, wirft ihnen eine Passantin vor, den Kindern das Wasser zu stehlen. Eine ältere Frau warnt: "Bald wird es Krieg um das Wasser geben. Dafür werden Menschen töten." Die ernüchternde Antwort einer anderen: "Der Krieg läuft doch schon seit elf Jahren."
Videos wie dieses landen in lokalen Telegram-Kanälen und lösen hitzige Diskussionen aus. Viele geben nicht den Menschen, sondern den Behörden die Schuld an der Misere.
Im Donbass sind sogar Schulen und Krankenhäuser ohne Wasser
Besonders Institutionen sind betroffen. "Krankenhäuser, Kindergärten und Bildungseinrichtungen leiden als Erste", sagt Igor. Mitarbeiter:innen schleppen Wasser in Eimern, wenn überhaupt etwas geliefert wird.
Ein Unternehmen aus Taganrog schickte im August 22 Tonnen Trinkwasser. Es reichte gerade einmal für vier Krankenhäuser, in der Stadt befinden sich jedoch 27 Kliniken. "Das war nach wenigen Tagen aufgebraucht", berichten Freiwillige.
Auch zu Hause wird Wasser zum Problem. "Nicht nur die Infrastruktur leidet, sondern alle Menschen. Besonders die Älteren und Alleinstehenden", erklärt Anton, ein weiterer Bewohner, der eigentlich anders heißt. Viele schaffen es demnach nicht, mehr als zwei Kanister zu tragen. "Bei uns kommt rostiges Wasser aus der Leitung. Man hat schlicht Angst, es zu benutzen", sagt er.
In Mariupol erzählt ein weiterer Mann, Alexander genannt: "Wir waschen Geschirr mit Angst: Das Wasser ist gelb. Für den Haushalt reicht es kaum. Manche duschen in Brunnen oder am Meer – das ist nach 2022 nichts Neues."
Ukraine-Krieg: Putin kann Wasser-Krise im Donbass nicht lösen
Um die Krise zu lösen, ließ Moskau 2023 die Pipeline "Don–Donbass" bauen. Doch statt Besserung verschärfte sie die Probleme: In der russischen Region Rostow trocknen Flüsse aus, Fische sterben, Landwirte klagen über fehlendes Wasser. Gleichzeitig tauchten Korruptionsfälle auf.
Der Bau stand unter Aufsicht von Vizeminister Timur Iwanow, der 2024 wegen Bestechung in Milliardenhöhe verhaftet wurde. "Von 100 Prozent der eingespeisten Wassermenge erreichen im besten Fall 25 bis 35 Prozent die Verbraucher:innen", sagt der Kiewer Analyst Pawel Lisianski der Zeitung. Der Rest versickere durch Lecks oder verschwinde durch illegale Anschlüsse.
Igor fasst die Wut vieler zusammen:
Immer wieder wenden sich Bewohner:innen in offenen Briefen direkt an Putin. "Das ist eine humanitäre und ökologische Katastrophe", heißt es darin. Doch Aussicht auf schnelle Besserung gibt es nicht.