Noch bis zum Sonntag tagen in Washington die führenden Wirtschaftsexperten der Welt: IWF und Weltbank haben zu ihrer Frühjahrstagung geladen. Und angesichts von Krieg und Pandemie gibt es einiges zu besprechen. Auch Finanzminister Christian Lindner (FDP) ist nach Washington gereist – nur um gleich am ersten Abend ausgebremst zu werden.
Lindner hat sich nämlich mit dem Coronavirus infiziert. Ein Coronatest fiel in Washington am Mittwochabend (Ortszeit) positiv aus, wie eine Vertreterin seines Ministeriums sagte. Der Finanzminister selbst teilte auf Twitter mit, dass er "dank dreier Impfungen nur leichte und wieder abklingende Erkältungssymptome" habe. Wie Lindner weiter schrieb, hatte er am Vortag ein negatives Ergebnis im Testzentrum und am Mittwoch einen negativen Schnelltest, bevor ein erneuter Test nun positiv ausfiel.
Aufgrund der negativen Tests im Vorfeld konnte Lindner am Mittwoch noch an einem Treffen der Finanzminister und Zentralbankchefs der G20-Staaten teilnehmen. Bei dem Termin kam es zu einer Boykott-Aktion aus Protest gegen den russischen Angriffskrieg in der Ukraine: Als der russische Vertreter das Wort ergriff, verließen US-Finanzministerin Janet Yellen und mehrere ihrer Kollegen etwa aus Kanada und Großbritannien den Sitzungssaal. Lindner blieb hingegen im Saal.
Später veröffentlichten die Finanzminister und Zentralbankchefs der G7-Staaten nach einem separaten Treffen jedoch eine gemeinsame Erklärung, in der sie die russische "Aggression" verurteilten. Dabei "bedauerten" sie die Teilnahme Russlands an den verschiedenen Gesprächsformaten in Washington.
Angesichts der schweren Auswirkungen des Ukraine-Kriegs auf die Weltwirtschaft hat die Bundesregierung derweil Milliarden-Hilfen für ärmere Länder angekündigt. Lindner sagte am Mittwoch, Deutschland werde Darlehen in Höhe von 6,3 Milliarden Euro für einen neuen Treuhandfonds des Internationalen Währungsfonds (IWF) zur Verfügung stellen. Deutschland werde außerdem 100 Millionen Euro für einen Fonds für Zinssubventionen für arme Länder bereitstellen.
Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine habe Auswirkungen "auf die gesamte Weltwirtschaft", so Lindner. "Wir sehen steigende Zinsen, wir sehen schwächere Wechselkurse, steigende Nahrungsmittelpreise." Davon betroffen seien besonders Schwellen- und Entwicklungsländer.
Der deutsche Finanzminister warnte auch vor einer drohenden "globalen Schuldenkrise" infolge des Ukraine-Kriegs. Dem müsse die G20-Staatengruppe entschieden entgegentreten – "bevor wir in einer kritischen Situation sein könnten". Für die gegenwärtigen Probleme der Weltwirtschaft machte Lindner Russland verantwortlich.
IWF-Chefin Kristalina Georgiewa hält trotz des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine internationale Kooperation auch in der Runde der G20-Staaten für unverzichtbar. "Wir leben in einer sehr schwierigen Zeit, in großer Ungewissheit. Und in erster Linie müssen wir uns auf diese Herausforderungen konzentrieren – zum Wohle der Milliarden von Menschen, die für ihre Familien, für ihre Existenzgrundlage auf eine vernünftige Wirtschaftspolitik angewiesen sind", sagte die Direktorin des Internationalen Währungsfonds (IWF) am Mittwoch in Washington.
(nik/mit Material von dpa und afp)