Viele Teile der Ukraine liegen in Trümmern. Zahlreiche Menschen sind vor dem Krieg in ihrem Heimatland geflohen. Immer wieder versuchen Teams von Hilfsorganisationen Menschen zur Flucht zu bewegen. Oft vergebens. Manche wollen ihre Heimat nicht verlassen. Sogar lieber dort sterben, als zu fliehen.
Dabei ist von vielen Landstrichen nicht mehr übrig als ein Riesentrümmerhaufen.
Wo mal Wohnzimmer oder Kinderzimmer waren, liegen jetzt nur noch zerfetzte Sofakissen oder Spielzeuge, die Wände dem Erdboden gleichgemacht.
Es sind Gebiete, in denen vor rund zwei Jahren die Hölle ausbrach, als die russische Kriegsführung aus Moskau ihre Truppen ins Nachbarland entsendete. Heute sind sie noch immer durch Russland besetzt.
Vor allem aus Mariupol und Teilen der Region Cherson (Süd-Ukraine) sind viele Menschen geflohen. Einige blieben dennoch zurück. Ihr Alltag: ein täglicher Kampf ums Überleben. Die "Bild"-Zeitung hat mit drei von ihnen gesprochen.
Die 70-jährige Rentnerin Valia aus Mariupol lebt in einem völlig zerbombten Haus, ihrem einstigen Zuhause. Eine ihrer Töchter starb noch vor dem Krieg, die andere ist behindert. Sie selbst hat gesundheitliche Probleme, die auch in ihrer Rente berücksichtigt werden. 14.000 Rubel im Monat bekommt sie – umgerechnet etwa 146 Euro. Die müssen jedoch nicht nur für sie, sondern auch für ihre Tochter ausreichen.
"Wir leben hier unter schlimmsten Bedingungen, in Häusern ohne Dächer und Fenstern", erzählt sie im Gespräch mit der "Bild". Und weiter:
Probleme, an Brennholz zu kommen, hat auch die 69-jährige Rentnerin Tamara. Sie überlebte wie durch ein Wunder die Belagerung des Theaters von Mariupol im März 2022, wobei viele Menschen starben. Zusammen mit ihrer Mutter saß sie in einem der Keller des Theaters. Auf dem Dach stand "Kinder", in der Hoffnung, die Angreifer würden sie verschonen. Doch die russischen Truppen warfen trotzdem Bomben nach ihnen, erzählt Tamara der "Bild".
"Wir hatten Tage, an denen wir nur einen Löffel Wasser trinken durften. Uns war kalt, wir hatten Hunger, ich sehnte mich nach einem plötzlichen Tod", erinnert sich die Rentnerin.
Sie versuchte, gemeinsam mit ihrer Mutter zu flüchten, ihre Schwester blieb in Mariupol. Doch die Mutter starb auf der Flucht, die Rentnerin kehrte ihrer Schwester wegen zurück.
Dann begannen die Sorgen um das Heizen. "Im Januar ist es in Mariupol minus 20 bis minus 30 Grad kalt. Um zu heizen, bräuchte man Brennholz. Doch das kostet 19.000 Rubel (also fast 200 Euro) und reicht nur für anderthalb Monate", erzählt sie.
Ihre Rente beträgt nur 12.500 Rubel, also etwa 130 Euro. Zu wenig für Brennholz. So geht es vielen. Daher kaufen die meisten lieber Heizkohle. "Aber man steht zwei bis drei Tage in der Warteschlange, um sie zu bekommen", sagt Tamara. Sie versucht deshalb in der Kirche als "Kerzenfrau" zu arbeiten. Denn dort ist es warm und sie bekommt etwas zu essen. Allerdings muss das alles auch für ihren Sohn und ihr Enkelkind reichen.
Den Menschen in Cherson geht es ähnlich. Auch dort ist es sehr kalt und die Schlangen für Heizkohle lang. Die Chemikerin Ljudmila bereut es, nicht gegangen zu sein. Sie ist arbeitslos, hat zwei Kinder und kümmert sich um ihren behinderten Bruder.
Sie erzählt der "Bild":
Sie selbst sei gezwungen, Nummern zu kaufen, da ihre Familien "in der Ukraine und im Ausland zerstreut sind."
"Ich bereue, dass wir nicht auch gegangen sind", sagt sie. "Wir wollten auf dem Neujahrstisch wenigstens eine kleine Süßigkeit haben, aber ein kleiner Kuchen kostete 500 Rubel, das sind 5,91 Euro."