Die Verluste auf beiden Seiten sind hoch, Schätzungen sind schwer, Material und Personal sind knapp und jede Seite verzeichnet immer mal wieder Gewinne, dann wieder Verluste: So ist zumindest die Außenwahrnehmung im Westen von Putins Angriffskrieg auf die Ukraine.
Selbstverständlich sehen das Russlands Machthaber Wladimir Putin und sein Verteidigungsminister Andrei Belousov aber anders. Letzterer ersetzte Sergei Schoigu Mitte Mai – womöglich wegen ausbleibender Erfolge.
Denn Putins Streitkräfte verzeichnen zwar Fortschritte im Osten der Ukraine, doch nicht so schnell, wie es sich der Kreml wohl erhofft. Belousov soll das nun richten.
Dazu sagte er am Freitag laut den Angaben der Nachrichtenagentur Reuters, in einer Pressekonferenz:
Zudem sagte er: "In allen taktischen Richtungen werden Vorstöße unternommen. Die russischen Streitkräfte reduzieren systematisch das Kampfpotenzial der ukrainischen Streitkräfte."
Weiter spricht Belousov von massiven Geländegewinnen. 880 Quadratkilometer an Land soll das russische Militär allein 2024 dazugewonnen haben. Doch stimmt das? Ein Bericht des Institute for the Study of War (ISW) widerlegt das sofort und unterstellt dem Kreml eine maßlose Übertreibung.
Laut dem ISW soll Russland lediglich 752 Quadratkilometer Land gut gemacht haben. Zuvor lag die Berechnung des Instituts für Januar bis April bei 516 Quadratkilometern.
Das ergibt eine Differenz von 130 Quadratkilometern. Diese Fläche ist etwa 37 Mal so groß wie der Central Park in New York.
Der Großteil der russischen Fortschritte sind der Offensive um die ukrainische Stadt Awdijiwka im Februar zuzurechnen. Zwar verzeichnete Russland in dieser Zeit erhebliche Verluste, aber die Streitkräfte konnten die Stadt letztlich doch erobern. Das bedeutete wiederum für die Ukraine den Verlust eines strategisch wichtigen Standorts.
Im Mai eröffnete Russland eine neue Front gegen die Stadt Charkiw. Auch in der Nähe des Dorfs Robotyne, das weiter südlich vom Donbas gelegen ist, besteht eine Front. Die russischen Ressourcen werden also derzeit vor allem auf drei Schlüsselgebiete verwendet.
Ein nächstes Zeil der russischen Armee könnte die Stadt Tschassiw Jar sein. Sie liegt zwölf Kilometer westlich der Stadt Bachmut.
Diese Fronten machen die Taktik des Kreml im Krieg klar, die auch Belousov weiterzuverfolgen scheint: Kiews Truppen ausdünnen und die gegnerischen Streitkräfte möglichst lang über die Front strecken. Laut "RadioFreeEurope" soll die Frontlinie um die 1200 Kilometern betragen, auf denen die Ukrainer:innen ihr Land zu verteidigen versuchen.