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US-Friedensplan für Ukraine: Russland-Forderungen irritieren EU

ARCHIV - 24.10.2025, Großbritannien, London: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj spricht mit dem britischen Premierminister Starmer in der Downing Street 10 während eines bilateralen Treffen ...
Der ukrainische Präsident Selenskyj steht unter Druck. Bild: Pool AP / Kirsty Wigglesworth
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Ukraine-Krieg: Selenskyj erhält US-Friedensplan - Kritik in EU

Ein angeblicher 28-Punkte-Plan für ein Kriegsende in der Ukraine sorgt für Aufsehen. Kiew sieht sich unter Druck. In der EU regt sich Kritik. US-Außenminister Rubio erklärt seine Sicht. Und der Kreml?
20.11.2025, 20:0220.11.2025, 20:32

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat nach Angaben seines Büros offiziell einen in den USA ausgearbeiteten Plan für eine Friedenslösung im Krieg mit Russland erhalten. Er traf sich in Kiew nach Medienberichten mit einer US-Delegation.

"Im Ergebnis des heutigen Treffens haben wir vereinbart, an den Punkten des Plans so zu arbeiten, dass dies zu einem würdigen Ende des Krieges führt", teilte das Präsidentenbüro bei Telegram mit. Die Ukraine strebe seit Kriegsbeginn Frieden an und werde jeden inhaltlichen Vorschlag unterstützen, der einen "realen Frieden" näher bringt.

Selenskyj will bald mit Trump telefonieren

Seit Jahresbeginn habe Kiew die Vorschläge von US-Präsident Donald Trump unterstützt. "Wir sind auch jetzt bereit, mit der amerikanischen Seite und unseren Partnern in Europa und der Welt konstruktiv zu arbeiten, damit es im Ergebnis zu Frieden kommt", hieß es. Selenskyj hoffe zudem auf ein baldiges Gespräch mit Trump für eine Diskussion der Hauptpunkte. Details des Plans wurden nicht genannt.

Tags zuvor war über Medien in den USA und Großbritannien bekanntgeworden, dass Washington einen angeblich 28 Punkte umfassenden Plan für ein Ende des seit Februar 2022 andauernden russisch-ukrainischen Krieges ausgearbeitet habe. Inhaltlich soll sich dieser vor allem an russischen Positionen orientieren. Eine Ablehnung durch Kiew gilt daher als wahrscheinlich.

EU fordert Beteiligung an Verhandlungen

Die EU forderte nach diesen Berichten eine Beteiligung an Verhandlungen. "Damit irgendein Plan funktioniert, braucht es die Ukraine und die Europäer an Bord", sagte die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas in Brüssel. Auch Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU) verlangte eine Einbeziehung der EU und der Ukraine. Zuvor hatte US-Außenminister Marco Rubio erklärt, dass an einer "Liste möglicher Ideen" gearbeitet werde. Er bestätigte dabei nicht, dass es einen fertigen Plan gebe.

European Union foreign policy chief Kaja Kallas addresses the media after an EU general affairs meeting at the European Council building in Brussels, Thursday, Nov. 20, 2025. (AP Photo/Geert Vanden Wi ...
EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas: bleibt Europa wieder nur Zaungast?Bild: AP / Geert Vanden Wijngaert

Rubio rief beide Kriegsparteien zu Zugeständnissen für eine Lösung in dem Konflikt auf. "Um einen komplexen und tödlichen Krieg wie den in der Ukraine zu beenden, ist ein umfassender Austausch ernsthafter und realistischer Ideen erforderlich", schrieb Rubio in seinem persönlichen Account bei X.

Ein dauerhafter Frieden verlange von beiden Seiten – also Russland und der Ukraine -, dass sie "schwierigen, aber notwendigen Konzessionen zustimmen", schrieb Rubio in dem Post, den er nicht auf den offiziellen Accounts der Regierung veröffentlichte. "Deshalb erstellen wir derzeit eine Liste mit möglichen Ideen zur Beendigung dieses Krieges, die auf Beiträgen beider Konfliktparteien basiert, und werden diese Liste auch weiterentwickeln."

Kritik an russischen Maximalforderungen

An einzelnen Punkten des angeblichen Plans, über den in Teilen bislang nur Medien berichtet haben, gab es Kritik. Bemängelt wird eine Dominanz der bisherigen russischen Maximalforderungen.

Kanzleramtschef Thorsten Frei (CDU) warnte davor, dass Kremlchef Wladimir Putin "damit Kriegsziele erreichen könnte, die er auf dem Schlachtfeld nicht erreicht hat". "Und das wäre sicherlich ein Ergebnis, das nicht akzeptabel wäre", sagte Frei in der Sendung "Frühstart" von RTL/ntv.

Laut den Medienberichten soll die Ukraine etwa Gebiete an Russland abtreten – in den Regionen Donezk und Luhansk -, die Moskau bisher nicht komplett militärisch kontrolliert. Das hatte die ukrainische Regierung bislang kategorisch abgelehnt. Auch die EU weist immer wieder darauf hin, dass sie keine gewaltsame Verschiebung von Grenzen akzeptieren werde. Den Berichten zu dem angeblichen Friedensplan nach soll die Ukraine im Gegenzug Sicherheitsgarantien erhalten - zum Schutz vor einer künftigen russischen Aggression.

"Wir alle sehen, dass Russland in einem Maß aufrüstet, dass man sich berechtigterweise in Europa die Frage stellen muss, zu welchem Zwecke geschieht das", sagte Außenminister Wadephul in Brüssel vor dem Treffen der EU-Außenministerinnen und -minister. "Es muss klar sein, dass die Ukraine ihre Souveränität wahren kann, in welchem territorialen Umfang auch immer."

Die USA wiesen deutsche und europäische Bedenken an dem Friedensplan zurück. Die Sprecherin des Weißen Hauses, Karoline Leavitt, sagte am Donnerstag in Washington: "Es ist ein guter Plan, sowohl für Russland als auch für die Ukraine." Leavitt sagte weiter, der Plan sollte nach Überzeugung der US-Regierung "für beide Seiten akzeptabel sein". Zu inhaltlichen Details äußerte sie sich nicht.

ARCHIV - 17.10.2025, USA, Washington: US-Präsident Donald Trump (l) begrüsst den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj vor dem Weißen Haus. (Archivbild) (zu dpa: «US-Delegation stellt Selenskyj ...
Trump und Selenskyj: Der US-Präsident will den Krieg unbedingt beenden.Bild: AP / Alex Brandon

Die britische Regierung teilte mit, dass nur die Ukraine selbst ihre Zukunft entscheiden könne. Zugleich teile London das Streben von US-Präsident Trump, "den barbarischen Krieg" zu beenden, sagte ein Regierungssprecher. In der Zwischenzeit unterstütze Großbritannien die Ukraine auch militärisch.

Ukraine unter Druck

Trump hatte Russland und die Ukraine immer wieder zu einem Ende der Kampfhandlungen aufgefordert und beide Kriegsparteien auch kritisiert. Nun steht erneut besonders der ukrainische Präsident unter Druck - nicht nur wegen des Vorrückens der russischen Truppen im Osten des Landes, sondern auch wegen eines Korruptionsskandals, der bis in die Regierung des in die EU strebenden Landes reicht.

Die US-Vertreter würden Druck auf Selenskyj ausüben, dem von den USA und Russland ausgearbeiteten Friedensplan zuzustimmen, berichtete das Nachrichtenportal "RBK-Ukraina" unter Berufung auf eine nicht näher genannte Quelle. Vorgesehen ist demnach auch, dass die Ukraine auf einen Nato-Beitritt verzichtet, eine Amnestie für Kriegsverbrecher und die Rückkehr Russlands in die Weltwirtschaft akzeptiert. Das bisherige Ziel der Ukraine ist dagegen, neben dem militärischen Druck durch westliche Waffenhilfe Russland auch immer weiter mit Sanktionen unter Druck zu setzen, damit es wirtschaftlich künftig nicht mehr in der Lage ist, den Krieg fortzusetzen.

Kremlsprecher Dmitri Peskow sagte zu den Berichten am Donnerstag wie schon am Tag davor, dass es nichts Neues gebe. Russland bleibt demnach bei seinen bisherigen Forderungen, die Putin auch beim Treffen mit Trump im August in Anchorage im US-Bundesstaat Alaska dargelegt hat. Es gebe zwar weiter Kontakte zwischen Moskau und Washington, aber aktuell keine russisch-amerikanischen Konsultationen zur Ukraine, sagte Peskow der Nachrichtenagentur Interfax zufolge. Russland begrüßt seit langem, dass Trump sich für eine Beendigung des Krieges in der Ukraine einsetzt.

(fas/dpa)

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