Dieser Bericht sollte das Rätsel um Flug MH370 lösen – es kam anders
30.07.2018, 14:2330.07.2018, 14:30
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Grace Nathan brachte ihre Mutter zum Flughafen – und hörte danach nichts mehr von ihr. Nicht nach den paar Stunden, die ihr Flug eigentlich hätte dauern sollen. Auch nicht nach dem geplanten Urlaubsende. Nie wieder. Sie weiß bis heute nicht einmal, was mit dem Flugzeug geschehen ist, in dem ihre Mutter saß.
Die 56-Jährige Mutter der Rechtsanwältin Nathan war eine von 227 Passagieren und 12
Besatzungsmitgliedern, die am 8. März 2014 mit dem Flug Malaysia
Airlines 370 über Nacht von Malaysias Hauptstadt Kuala Lumpur nach
Peking wollten. Auch nach bald viereinhalb Jahren fehlt von ihr und
allen anderen immer noch jede Spur - allen Spekulationen und allen
Suchen zum Trotz.
Inzwischen nennt man den ominösen Flug MH370 deshalb rund um die
Welt das "größte Rätsel der Luftfahrtgeschichte". Abgesehen von
unzähligen Zeitungs-Schlagzeilen sind inzwischen auch schon mehr als
30 Bücher darüber erschienen. Viel schlauer wird man durch all die
Lektüre nicht, genauso wenig wie durch die verschiedensten
TV-Sondersendungen. Erstaunlich eigentlich, dass es noch keinen
großen Hollywood-Film gibt.
Deshalb war die Hoffnung der Angehörigen auf den angekündigten
malaysischen Abschlussbericht, der am Montag in Kuala Lumpur
vorgestellt wurde, nicht besonders groß. Klar, dass es jetzt nicht
plötzlich einen konkreten Hinweis darauf geben würde, wo die Maschine
liegt - vermutlich irgendwo auf dem Boden des südlichen Indischen
Ozeans. Aber zumindest hatten sie Auskunft erhofft, warum die Boeing
777-200ER wieder kehrtmachte und dann verschwand.
Zuletzt hatte es noch andere Meldungen zu der vermissten Maschine gegeben:
Aber Fehlanzeige. Der Bericht brachte nichts wirklich Neues. Der
entscheidende Satz findet sich kurz vor Schluss, auf Seite 443. Dort
heißt es: "Das Team ist nicht in der Lage, den Grund für das
Verschwinden von MH370 zu bestimmen." Damit darf weiter spekuliert
werden. Die Theorien reichen von einem Absturz aus Treibstoffmangel
über eine Entführung oder einen Abschuss durch Militärs bis hin zu
einem Suizid des Piloten, der dabei auch noch 238 andere Menschen
umgebracht hätte.
Zu den wenigen halbwegs sicheren Feststellungen in dem Bericht
gehört, dass der Kurs von Flug MH370 per Hand geändert wurde und
nicht über den Autopiloten. Ob vom Piloten selbst, vom Copiloten oder
von jemandem anderen, dazu äußerte sich Chef-Ermittler Kok Soo Chon
nicht. Er sagte jedoch: "Wir können nicht ausschließen, dass sich
eine dritte Partei auf gesetzeswidrige Art und Weise eingemischt
hat." Mehr aber auch nicht.
Im März gedachten die Angehörigen den Verstorbenen bei einer Trauerfeier. Bild: Vincent Thian/AP
Auf Grund der inzwischen 27 Wrackteile, die an verschiedenen
Küsten angespült wurden, vermuten die Experten, dass die Maschine "wahrscheinlich" auseinanderbrach. Ob noch in der Luft oder beim
Aufprall auf dem Wasser, das ließen sie offen. Keine unwichtige
Frage: Eine Wasserlandung würde bedeuten, dass der Pilot die Maschine
nach vielen Stunden Flug einigermaßen kontrolliert nach unten
gebracht hätte. Also doch Suizid?
Von dieser Theorie hält Chef-Ermittler Kok aus anderen Gründen
nicht viel. Zum einen, weil seine Leute trotz gründlicher Suche
keinerlei Hinweise auf irgendwelche Probleme des Piloten fanden,
weder familiärer noch finanzieller noch sonstiger Art. Und auch, weil
die beiden Psychiater im Team auf den letzten Film- und Tonaufnahmen
von ihm keinerlei Symptome von Angst oder Stress feststellen konnten.
Aber auch hier fügte Kok sicherheitshalber noch hinzu: "Ich schließe
überhaupt nichts aus."
Bei einer Pressekonferenz stellten die Ermittler die Ergebnisse des Abschlussberichts vor.Bild: reuters
Dementsprechend enttäuscht kamen die betroffenen Familien aus
ihrer Vorab-Unterrichtung durch die Ermittler. Rechtsanwältin Nathan,
inzwischen Sprecherin der Angehörigen-Organisation Voice 370, fasste
die Sache so zusammen: "Die Antworten gehen nicht genug in die Tiefe.
Und es gibt keine angemessene Antwort auf einige relevante Fragen." Aus Sicht von Voice 370 (Stimme 370) darf der Bericht deshalb
keinesfalls bedeuten, dass die Suche endgültig eingestellt wird.
"Das kann erst dann vorbei sein, wenn MH370 gefunden ist", meinte
die Anwältin. "Deshalb kann das jetzt auch noch kein 'Abschlussbericht' sein." Wenigstens in diesem Punkt hatten die
Angehörigen am Montag Erfolg. Im Unterschied zu den bisherigen
Ankündigungen verzichteten die Ermittler auf diesen Begriff. Über dem
450-Seiten-Report steht jetzt nur "Sicherheitsermittlungsbericht".
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