Spaniens sozialistische Regierung hat ein Gesetz erlassen, dass darauf abzielt, Einvernehmlichkeit beim Sex zu gewährleisten. Spaniens Vize-Premierministerin und Gleistellungsbeauftragte Carmen Calvo Poyato brachte es so auf den Punkt:
Patricia Faraldo Cabana, Jura-Professorin an der Universität von A Coruña, die bei der Ausarbeitung des Gesetzes mitarbeitete, sagte laut Guardian:
Auch Schweden hat bereits so ein Gesetz. Wie kam es in Spanien dazu? Und was bedeutet das Gesetz?
Um die neue gesetzliche Regelung zu verstehen, muss man die Geschichte von Anfang an erzählen.
Es begann mit einer Gruppe junger Männer aus Sevilla, die sich selbst "La Manada" ("Das Rudel") nannte. Unter ihnen ein Soldat und ein Zivil-Gardist. Während des alljährlichen Stier-Hetz-Festivals in Pamplona im Sommer 2016 sollen die Männer im Alter zwischen 27 und 29 Jahren eine 18-jährige Frau vergewaltigt haben. Zwei der Männer hatten die Tat gefilmt. Im April 2018 wurden sie zu jeweils 9 Jahren Haft verurteilt. Kurze Zeit später waren sie frei.
Die Staatsanwaltschaft hatte gegen das Urteil Berufung eingelegt. Das Gericht entschied, die Männer bis zu ihrem Berufungsurteil vorläufig freizulassen. Der soziale Druck mache einen Rückfall "praktisch undenkbar", hieß es. Ein Berufungsgericht in Pamplona hatte im Anschluss angeordnet, die Männer unter Auflagen gegen eine Kaution von 6000 Euro freizulassen.
Die Männer mussten ihre Reisepässe abgeben und dürfen Spanien nicht verlassen. Nach Madrid, wo ihr Opfer lebt, dürfen die Männer ebenfalls nicht reisen. Außerdem müssen sie sich dreimal in der Woche bei Gericht an ihrem jeweiligen Wohnort melden.
Die Freilassung der fünf Sexualstraftäter sorgte in Spanien für große Empörung. Tausende Menschen gingen bei Kundgebungen im ganzen Land gegen die Gerichtsentscheidung auf die Straße.
Frauenorganisationen und andere Verbände riefen zu Demonstrationen in Madrid, Valencia, Sevilla und Bilbao auf. In Madrid versammelten sich tausende Frauen und Männer jeden Alters vor dem Justizministerium. Die Demonstranten kritisierten in Sprechchören die "patriarchale Justiz" in Spanien. Auch in Sevilla, der Heimatstadt der fünf Männer, gab es Proteste gegen ihre Freilassung. Weitere Protestaktionen gab es in Valencia, Saragossa und Granada. Auch in Pamplona gingen tausende Menschen auf die Straße.
Weil sich die junge Frau im Video während der Gruppenvergewaltigung nicht wehrte, teilnahmslos, passiv und abwesend agierte, war das Gericht von einvernehmlichem Geschlechtsverkehr ausgegangen und hatte die Männer nicht wegen "Vergewaltigung" verurteilt, sondern wegen "sexuellen Missbrauchs".
Um den Straftatbestand der "Vergewaltigung" zu erfüllen, muss die Tat mit Gewalt und Einschüchterung einhergehen. Dies war offenbar für das Gericht nicht erkennbar. Ein Richter argumentierte gar, die junge Frau habe Spaß bei der Sache gehabt.
Das Bürgermeisteramt in Pamplona kündigte an, als Zivilpartei in dem Verfahren Berufung gegen die Freilassung einzulegen. Justizministerin Dolores Delgado nannte die im Prozess ans Licht gebrachten Tatsachen "schwerwiegend" und forderte einen "Mentalitätswandel".
Dieses Unverständnis, auch seitens vieler Politiker und Politikerinnen führte nun zu einer neuen rechtlichen Regelung. Dem, wie es manche nennen, "Ja-heißt-ja"-Gesetz.
Auch das Vergewaltigungsopfer selbst meldete sich zu Wort. In einem Brief an einen spanischen TV-Sender schrieb die 18-Jährige:
(mit dpa/afp)