Nach dem Überraschungsangriff der radikal-islamischen palästinensischen Terrororganisation Hamas auf Israel, ist in der Region ein neuer Krieg ausgebrochen. Nach eigenen Angaben hat Israel bereits 300.000 Reservist:innen eingezogen. Währenddessen mischt sich anscheinend auch die Terrororganisation Hisbollah aus dem Libanon ein.
Hamas, Hisbollah: Wer ist das überhaupt?
Die Hamas wurde kurz nach Beginn der ersten Intifada im Dezember 1987 gegründet. Die erste Intifada war eine gewalttätige Auseinandersetzung zwischen palästinensischen Milizen und dem israelischen Militär, die bis 1991 andauerte. Ursprünglich war die Hamas ein Ableger der ägyptischen Muslimbruderschaft – und ein Gegenpol zur palästinensischen Befreiungsorganisation PLO.
Nach der ersten Intifada nutzte die Hamas die aufgeheizte Stimmung in Palästina, um ihre eigene Ideologie – die zutiefst antisemitisch ist – zu verbreiten. Zunächst inszenierte sich die Terrorgruppe als Wohltätigkeitsorganisation: Gründete etwa Schulen und soziale Einrichtungen, was ihr eine gewisse Popularität im Gazastreifen verschaffte. Der militärische Arm der Terrororganisation verübt zudem seit 1993 (Selbstmord-)Attentate – überwiegend gegen israelische Zivilist:innen und Soldat:innen.
2006 wurde sie zur Regierung der palästinensischen Autonomiegebiete gewählt – die letzte Wahl in den palästinensischen Gebieten bis heute. Nachdem die Terrororganisation 2007 die alleinige Kontrolle über den Gazastreifen übernommen hat, verhängte Israel eine Blockade. Seit 2008 kommt es zudem immer wieder zu Kriegen zwischen Hamas und Israel.
EU, USA, Kanada, Israel, Ägypten und Japan stufen die Hamas als Terrororganisation ein. In Großbritannien und Australien ist nur der militärische Arm der Hamas als terroristische Vereinigung eingestuft.
Norwegen und die Schweiz hingegen unterhalten weiterhin Beziehungen zur Hamas. Ebenso Russland. Die Türkei bezeichnete die Hamas-Terroristen 2010 sogar als Freiheitskämpfer, die ihr Land verteidigten. Und auch die Organisation für islamische Zusammenarbeit, der 56 Staaten angehören, sieht Angriffe von Menschen, die unter Besatzung leben, nicht als Terror an.
Das Wort Hamas bedeutet "Kampfgeist" oder "Begeisterung". Gleichzeitig ist es eine Abkürzung für "Islamische Widerstandsbewegung". Eine Widerstandsbewegung, die die Hamas offensichtlich besonders ernst nimmt. Laut der Gründungscharta der Terrororganisation sei das Töten von Juden und Jüdinnen die Pflicht eines jeden Muslim.
Aber nicht nur das. Die Hamas geht in der Gründungscharta auch auf antisemitische Verschwörungstheorien ein, die unter anderem unterstellen, jüdische Menschen seien für viele negative Entwicklungen verantwortlich.
Doch nicht nur die palästinensische Terrororganisation ist eine Gefahr für Israel, sondern auch die radikale Schiiten-Miliz Hisbollah. Nach dem Angriff der Hamas haben Terroristen der Hisbollah Mörsergranaten auf Stellungen in den von Israel besetzten Schebaa-Farmen abgefeuert. Israel reagierte mit Artillerie.
Die Terrorgruppe entstand während des libanesischen Bürgerkrieges Anfang der 1980er Jahre. Mit höchster Brutalität setzte die Hisbollah damals die Interessen der Schiiten durch – Hauptgegner: Israel und seine Verbündeten im Libanon. Nach Ende des Bürgerkriegs behielt die Hisbollah ihre Waffen, und baut seither die Position als Staat im Staat weiter aus.
Im Südlibanon dominiert sie das öffentliche Leben wie die Politik. Die Hisbollah ist eine politische Partei und eine Terrororganisation – und ein Bindeglied zwischen dem Iran und Hamas. Die Hisbollah gilt als Speerspitze des Iran und wird von diesem unterstützt. Gemeinsam mit der Hamas bildet sie die Achse Teherans gegen Israel.
Hisbollah-Expertin Hanin Ghaddar vom Washington Institute for Near East Policy geht aktuell nicht davon aus, dass die Hisbollah von allein in den Krieg einsteigen wird. Auf X, früher Twitter, schreibt sie, es hänge nun aber wohl davon ab, wie wichtig dem Iran dieser Krieg zwischen Israel und Hamas sei. Ghaddar schreibt: "Aber wenn dieser Krieg für Iran extrem wichtig ist, wenn es wirklich DER Krieg ist – wenn die nächsten Schritte geplant sind – dann wird die Hisbollah daran beteiligt sein."
Der Iran werde die Hisbollah dann einsetzen, wenn er davon ausgehe, dass der Krieg gegen Israel für die regionalen Interessen des Iran äußerst wichtig ist.
Politikwissenschaftler und Konfliktforscher Stephan Stetter äußerte im Gespräch mit watson die Vermutung, dass entscheidende Impulse für eine mögliche Waffenruhe aus den USA oder etwa Ägypten kommen könnten. Es bestehe aber auch die Gefahr, dass sich der Konflikt auch auf andere Gebiete abseits des Gazastreifens ausdehnen könnte – zum Beispiel auf die Westbank inklusive Ostjerusalem und den Norden Israels. Also in den Libanon, wo die Hisbollah, aber auch palästinensische Gruppen sind.