US-Präsident Joe Biden und der Republikaner Donald Trump befinden sich derzeit mitten im Wahlkampf. Dabei musste Biden kürzlich einen herben Rückschlag einstecken: Während eines TV-Duells, das von mehr als 50 Millionen Zuschauern verfolgt wurde, wirkte der Demokrat teilweise ziellos und verwirrt. Er verlor mehrmals den Faden, erntet massive Kritik.
Dies hat nun Rufe nach einem Rücktritt von seiner Kandidatur nach sich gezogen. Der Vorwurf: Er sei zu alt und nicht mehr in der Lage, noch vier weitere Jahre im Amt zu bleiben.
Doch wie steht es um Bidens Gesundheitszustand wirklich?
Mehrere Personen aus seinem Umfeld haben sich nun zu Bidens gesundheitlicher Verfassung geäußert. Wie viele Menschen in seinem Alter hat der 81-Jährige schon länger mit kleinen Alterserscheinungen zu kämpfen. Doch jetzt werden diese besorgniserregender und häufiger, wie mehrere Personen behaupten.
In der jüngsten Zeit sorgten mehrere desorientierte Momente in der Öffentlichkeit für Besorgnis bei seinen Berater:innen und Unterstützer:innen.
Bei einer D-Day-Zeremonie in Frankreich wirkte er am 6. Juni verwirrt. Am nächsten Tag missverstand er den Zweck einer neuen Militärhilfe für die Ukraine. Am 10. Juni schien er bei einer Feier zum Juneteenth-Feiertag zu erstarren, am 18. Juni konnte er bei einer Einwanderungsveranstaltung den Namen seines Heimatschutzministers nicht sofort abrufen.
Nun hat "The New York Times" über mehrere Personen berichtet, die jüngst auf Biden trafen und seinen Zustand einschätzen. Bereits in den Wochen und Monaten vor seinem unglücklichen Auftritt bei der Debatte in Atlanta haben sie hinter verschlossenen Türen eine Zunahme von Verwirrung und Lustlosigkeit bei ihm bemerkt, wie sie behaupten.
Douglas Brinkley, ein Historiker, bemerkte demnach: "Es gibt einen sichtbaren Unterschied in den letzten zwei Jahren. Das Weiße Haus zeigt uns vielleicht nur den Biden, den wir sehen sollen." Auch wenn Trump ähnliche Alterserscheinungen zeigt, scheinen die Bedenken bei Biden stärker ausgeprägt zu sein.
Mehrere Amtsträger:innen und andere Personen beschreiben seine "Aussetzer" als unvorhersehbar. Ihren Aussagen zufolge traten diese insbesondere dann auf, wenn er müde war oder sich in großen Menschenmengen befand.
Dies passt zur Begründung, die Biden für das aktuelle TV-Debakel lieferte: "Ich war nicht sehr klug. Ich beschloss, zweimal um die Welt zu reisen, und hörte nicht auf mein Team. Dann schlief ich auf der Bühne fast ein." Andrew Bates, ein Sprecher des Weißen Hauses, sagte: "Der Präsident arbeitete schon lange vor dem täglichen Beginn der Vorbereitungen um 11 Uhr."
Der US-Präsident flog in den 23 Tagen vor der Debatte zweimal über den Atlantik und von Italien nach Kalifornien zu einer Spendenaktion. Dies soll laut "NYT" selbst jüngere Mitarbeitende erschöpft haben. Aufgrund dieser Strapazen kürzte sein Team die geplante Debattenvorbereitung um zwei Tage, damit er sich in seinem Haus in Rehoboth Beach, Delaware, erholen konnte, bevor er in Camp David die Proben fortsetzte.
Da stellt sich die Frage: Hätte eine reduzierte Reisetätigkeit einen Unterschied gemacht? Während seiner Reisen nach Europa zeigte Biden sowohl Momente der Klarheit als auch der Verwirrung, etwa bei der Zeremonie in der Normandie und einem Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj.
Doch das Weiße Haus betont, dass Biden in ausgezeichneter Verfassung sei.
Kevin C. O’Connor, der Leibarzt des Präsidenten, erklärte im Februar, dass Biden trotz kleinerer gesundheitlicher Beschwerden wie Schlafapnoe "fit für den Dienst" sei. Es gebe auch keinen Grund, Biden auf Parkinson zu untersuchen.
Auch andere, die ihn seit der Debatte getroffen haben, beschreiben Biden als aufmerksam und kompetent. In der Nacht eines Raketenangriffs auf Israel demonstrierte Biden im Situation Room demnach Führungsstärke und sprach klar und deutlich mit Premierminister Benjamin Netanyahu, machte ihm eine Ansage: "Wenn Sie einen großen Angriff auf den Iran starten, sind Sie auf sich allein gestellt."
Am Tag nach der Debatte zeigte er sich bei einer Rede in North Carolina wieder in guter Form.
Neera Tanden, die innenpolitische Beraterin Bidens, sagte laut "NYT": "Er ist aufmerksam und stellt schwierige Fragen. Er ist scharfsinnig." Elizabeth Sherwood-Randall, seine Sicherheitsberaterin, hob seine fokussierte Art bei Briefings hervor: "Seine Debattenleistung war anders, aber das entspricht nicht meiner täglichen Erfahrung mit ihm."