Könnte die Ukraine wegen Mangel an Kriegsmitteln, Kriegsgerät oder Soldaten letztlich im Verteidigungskrieg gegen den Aggressor Russland scheitern? Darum sorgt sich seit dem Überfall von russischen Truppen vor allem der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj.
Auch Russland kämpft mit ähnlichen Problemen. Deshalb versucht Präsident Wladimir Putin auch mit allen Mitteln zu tricksen und potenziellen Soldaten die verschiedensten Versprechungen zu machen – für den Ausnahmefall, dass doch jemand von ihnen an der Front überlebt.
Nun wurden – eigentlich routinemäßig – 150.000 Wehrpflichtige in Russland eingezogen. Zum zwölfmonatigen Grundwehrdienst. Per Gesetz können diese allerdings eigentlich nicht zum Kampf außerhalb Russlands eingesetzt werden.
Die Betonung liegt hier auf "eigentlich". Denn in Putins Lesart handelt es sich bei den umkämpften Gebieten in der Ukraine natürlich um russisches Gebiet. Ergo: 150.000 potenzielle neue Soldaten für die Front.
Zwar sucht auch die Ukraine händeringend nach Nachschub für die Front, doch nicht mit ganz so perfiden Tricks. Dennoch wird nun offenbar seitens Selenskyjs der Druck auf die Wehrpflichtigen erhöht.
Kürzlich erst hatte die Ukraine das Alter für wehrfähige Männer herabgesetzt: von 27 auf 25 Jahre. Das entsprechende Gesetz wurde bereits vor rund einem Jahr verabschiedet. Allerdings zögerte Selenskyj mit seiner Unterschrift bis jetzt. Am Dienstag wurde ein entsprechender Eintrag auf der Parlamentsseite veröffentlicht.
Ausgehend von den Geburtenziffern Ende der 1990er-Jahre könnten damit gut 400.000 weitere Männer zur Verteidigung gegen die russischen Angreifer eingezogen werden.
Zudem wird per Gesetz der Wehrdienst auf 36 Monate beschränkt. Bisher gab es keine Obergrenze. Laut "Spiegel"-Bericht sollen außerdem Einberufungen auch per Online-Bescheid möglich sein.
Brisant: Wer sich weigert, muss nun damit rechnen, dass der Führerschein eingezogen oder sogar das Bankkonto gesperrt wird.
Rund 70.000 Soldat:innen sollen aufseiten der Ukraine seit dem völkerrechtswidrigen Überfall Russlands gefallen sein, weitere 120.000 verwundet. Inzwischen gehen der Ukraine die Freiwilligen an der Front aus.
Daher musste Selenskyj nun wohl handeln und das Gesetz unterzeichnen. Unter anderem deshalb wurde auch das Kriegsrecht und die Mobilmachung bis Mitte Mai in der Ukraine verlängert.
Die ukrainischen Streitkräfte forderten mindestens 450.000 neue Soldat:innen. Auch Selenskyj sprach vor dem Jahreswechsel noch von einem Zusatzbedarf an Soldaten von bis zu 500.000.
Diese Zahl hat der Präsident nun korrigiert: So viele Soldat:innen sind wohl doch nicht nötig. "Eine halbe Million brauchen wir nicht", sagte der Staatschef am Mittwoch auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem finnischen Präsidenten Alexander Stubb in Kiew.
Laut Selenskyj gibt es ausreichend Soldaten, die an die Front geschickt werden können. Zuvor hatte sich Armeechef Olexander Syrskyj unter Berufung auf eine Bestandsaufnahme ähnlich geäußert. Konkrete Angaben zum Personalbedarf machten weder Selenskyj noch Syrskyj.
(Mit Material der dpa)