Das Ausmaß der Katastrophe, die sich durch den Angriff der Hamas auf Israel im Nahen Osten ereignet, ist immens. Tausende Menschen sind getötet oder verletzt worden, Hunderte verschleppt. Die Videos und Bilder, die um die Welt gehen, sorgen bei den meisten Betrachtenden für Gänsehaut.
Da ist das Video von der vermissten Shani Louk aus Deutschland, die auf einem Pick-Up abtransportiert wird. Wie eine Trophäe mit unnatürlich verdrehten Beinen inszenieren die Hamas-Terroristen ihre Beute. Da ist die Erzählung einer trauernden Enkelin, die von der Ermordung ihrer Oma über deren Facebook-Seite erfahren hat. Die Mörder haben die Leiche der Großmutter mit ihrem eigenen Handy gefilmt und auf ihrem Profil gepostet. Geschichten wie diese gibt es wohl dutzende.
Und ihre Grausamkeit bringt sogar hart gesottene Profis aus der Fassung. Vor emotionalen Reaktionen sind nicht einmal Journalisten der CNN gefeit.
Eigentlich wird Journalist:innen in ihrer Ausbildung beigebracht, emotionale Distanz zu wahren. Geschichten nicht zu nah an sich heranzulassen. Sich nicht gemein zu machen, sondern sachlich zu berichten. Unrecht aufzudecken, Geschichten von Menschen einer breiten Öffentlichkeit zu erzählen. Gerade Moderator:innen von Nachrichtensendungen oder Politikredakteur:innen sind schlimme Nachrichten gewohnt – sollte man meinen.
Doch dann kommt der Moment, da wird die Welt selbst Profis zu viel. So ist es nun zwei Moderatoren der CNN passiert.
Anderson Cooper – früher selbst Kriegsreporter – musste beispielsweise in seiner Livesendung kurz innehalten und sich sammeln, ehe er fortfahren konnte. Der Grund: Ein Interview mit einer weinenden Frau, die um Hilfe fleht. Ihre Familie wurde von Hamas-Terroristen entführt. "Können Sie uns helfen?", fragt sie verzweifelt.
Eine Bitte, der Cooper wohl nur zu gerne nachkommen würde – wenn er könnte. So zumindest macht er den Eindruck. Nach dem Interview muss er sich offensichtlich erst einmal fangen. Er atmet einige Sekunden bewusst ein und aus, dreht sich von der Kamera weg, ringt um Fassung. Mit brüchiger Stimme fährt er schließlich mit seiner Moderation fort.
"Herzzerreißend" ist das Wort, mit dem viele Menschen diese Situation auf X, früher Twitter, beschreiben. Dort geht ein Clip der Situation viral.
Und auch der langjährige CNN-Korrespondent Nic Robertson wird während einer Liveschalte von seinen Gefühlen überrannt. Er berichtet von dem Ort, an dem das Musikfestival stattgefunden hat, das von den Hamas-Terroristen überfallen wurde. In der Schalte berichtet Robertson, was er auf dem Gelände gesehen und erlebt hat. Er spricht von der Autoschlange, die sich gebildet hatte, als die Menschen das Gelände verlassen wollten. Und die jetzt noch verwaist dort herumsteht – weil die Feierenden unter Beschuss gerieten, ehe sie fliehen konnten.
Er berichtet von zerrissenen Schuhen, vor Schutzräumen, von Blutlachen. Und davon, was all diese Eindrücke mit ihm gemacht haben. Mit belegter Stimme sagt er:
Es sei schwer zu beschreiben, was er dort erlebt habe. Er sei in dem Bunker gewesen und überall sei Blut gewesen – und Einschusslöcher in den Wänden. Denn die Hamas-Terroristen seien in den Schutzraum eingedrungen und hätten die Festivalbesucher:innen abgeschlachtet. Immer wieder blinzelt Robertson, womöglich um seine offensichtlich feuchten Augen zu trocknen.
"So brutal, so traurig" und "schrecklich", sind Kommentare, die unter dem Videoschnipsel zu lesen sind. Offensichtlich verzeihen die CNN-Zuschauer:innen den Journalisten ihre Emotionalität – und können sie in Anbetracht des Erlebten mehr als nachvollziehen.