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Ukraine-Krieg: Giftanschlag auf Abramowitsch? Was bekannt ist – und was unklar ist

ARCHIV - 02.05.2018, Schweiz, Fribourg: Der russische Oligarch Roman Abramowitsch kommt zum Freiburger Zivilgericht. (zu dpa
Der russische Oligarch Roman Abramowitsch soll angeblich Opfer eines Giftanschlags geworden sein. Doch es gibt Zweifel.Bild: dpa / Anthony Anex
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Giftanschlag während Verhandlungen? Was bisher bekannt ist – und warum es Zweifel gibt

29.03.2022, 17:1330.03.2022, 11:40
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Hat das Regime um Wladimir Putin versucht, Roman Abramowitsch zu vergiften?

Berichten zufolge sollen der russische Milliardär und zwei ukrainische Unterhändler Opfer eines Giftanschlags geworden sein, nach Waffenstillstandsverhandlungen zwischen Vertretern der ukrainischen und der russischen Regierung.

Ob das tatsächlich stimmt, darüber bestehen Zweifel. Fakt ist: In den vergangenen Jahren hat das Putin-Regime mehrfach Giftanschläge gegen unliebsame Personen verübt.

Am Montag wurde der angebliche Giftanschlag auf den russischen Oligarchen Roman Abramowitsch bekannt. Das "Wall Street Journal" und das internationale, investigative Recherchenetzwerk "Bellingcat" hatten darüber berichtet. Abramowitsch soll schon seit Wochen auf höchster Ebene zwischen Russland und der Ukraine verhandeln. Der Kreml hat seine Vermittlerrolle laut der Nachrichtenagentur AFP mittlerweile offiziell bestätigt.

Berichte über Vergiftung

Auf Twitter berichtet "Bellingcat", man könne bestätigen, dass bei drei Mitgliedern der Delegation Vergiftungssymptome aufgetreten seien. Das sei in der Nacht vom 3. auf den 4. März geschehen, bei Friedensverhandlungen in Kiew zwischen Russland und der Ukraine.

Unter den Symptomen: Augen- und Hautentzündungen, stechende Schmerzen in den Augen. Das "Wall Street Journal" berichtet auch von schmerzhaftem Tränenfluss und sich ablösender Haut an Gesicht und Händen.

Laut "Bellingcat" ist ein Ermittler des Recherchenetzwerks gebeten worden, bei einer Untersuchung durch Chemiewaffenexperten zu helfen. Dabei sei herausgekommen, dass die Symptome höchstwahrscheinlich auf eine Vergiftung mit einem nicht näher benannten chemischem Kampfstoff hindeuteten. Die Symptome hätten im Laufe der folgenden Woche allmählich nachgelassen.

Außerdem ist laut "Bellingcat" herausgekommen: Dosierung und Art des Gifts seien nicht lebensbedrohlich gewesen. Wahrscheinlicher sei, dass die Vergiftung den Opfern einen Schrecken einjagen sollte.

Zweifel an angeblicher Vergiftung

Die Quellen des "Wall Street Journal" verdächtigen der Zeitung zufolge wohl Hardliner in Moskau. Diese würden die Gespräche zwischen Russland und der Ukraine zu einem möglichen Ende des Ukraine-Kriegs sabotieren wollen.

An einer möglichen Vergiftung bestehen allerdings auch Zweifel.

Verhandlungsteilnehmer in der Ukraine wiesen Berichte darüber zurück. Auch Kiews Unterhändler Mychajlo Podoljak äußert sich zurückhaltend. Er sagte laut örtlichen Medien: "Im Informationsbereich gibt es gerade viele Spekulationen, unterschiedliche Verschwörungsversionen und Elemente des einen oder anderen Informationsspiels."

Auch Vertreter der US-amerikanischen und der ukrainischen Regierung haben Zweifel. Und Dimitri Peskow, Sprecher der russischen Regierung, wies den "Wall Street Journal"-Bericht laut AFP am Dienstag in Moskau zurück.

Geheimdienstinformationen würden es als wahrscheinlicher einstufen, dass Umwelteinflüsse für die Symptome verantwortlich seien, berichtet die Nachrichtenagentur "Reuters".

Dennoch wecken die Berichte vom "Wall Street Journal" und "Bellingcat" Erinnerungen. Schon in der Vergangenheit hat das Putin-Regime Giftanschläge auf unliebsame Personen verübt.

Giftanschläge in der Vergangenheit

Ein bekanntes und recht aktuelles Beispiel: Alexej Nawalny. Sein Fall ereignete sich im August 2020. Der russische Oppositionelle und bekannte Kreml-Kritiker befand sich auf einem Flug von Sibirien nach Moskau, als er das Bewusstsein verlor. Nach einer Notlandung wurde er in ein Krankenhaus im russischen Omsk gebracht, zwei Tage später in die Berliner Charité. Er überlebte nur knapp.

Russische Ärzte sagten damals, Blut- und Urinproben hätten keine Hinweise auf eine Vergiftung gegeben. Untersuchungen in mehreren Laboren in Deutschland, Frankreich und Schweden wiesen allerdings nach, dass Nawalny mit einem chemischen Kampfstoff aus der Nowitschok-Gruppe vergiftet worden war. Für die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel stand "zweifelsfrei" fest, dass es sich um einen "versuchten Giftmord" handelte.

Sie sagte: "Alexej Nawalny ist Opfer eines Verbrechens. Er sollte zum Schweigen gebracht werden, und ich verurteile das auch im Namen der ganzen Bundesregierung auf das Allerschärfste."

ARCHIV - 02.02.2021, Russland, Moskau: In diesem Handout-Foto, das vom Moskauer Stadtgericht zur Verf
Alexej Nawalny: Seine Vergiftung hat weltweit Schlagzeilen gemacht.Bild: dpa / Uncredited

Auch Wladimir Kara-Mursa, ein etwas weniger bekannter Kreml-Kritiker als Nawalny, überlebte 2015 und 2017 zwei Giftanschläge. Womit er vergiftet wurde, konnten die Ärzte damals nicht feststellen. Wieder recherchierte das InvestigativNetzwerk "Bellingcat" zu dem Fall. Auch "The Insider" und der "Spiegel" beschäftigten sich mit dem Thema. Danach seien an dem Anschlag die gleichen Geheimdienstmitarbeiter beteiligt gewesen, wie auch bei dem Angriff auf Nawalny.

Deutschland, Berlin, Bundestag, Fraktion FDP, Statement vom russischen Oppositionellen Wladimir Kara-Mursa, 08.09.2020 *** Germany, Berlin, Bundestag, FDP parliamentary group, statement by Russian opp ...
Der russische Oppositionelle Wladimir Kara-Mursa, 2020.Bild: www.imago-images.de / Christian Thiel

Russland soll außerdem hinter einem Anschlag 2018 auf den ehemaligen Doppelagenten Sergej Skripal und seine Tochter Julia stecken. Wieder eine Vergiftung. Wieder hatten sich die Betroffenen in Russland zuvor unbeliebt gemacht: Skripal hatte Geheimnisse weitergegeben.

Sergey Skripal in Salisbury, England.
Sergej Skripal, 2018.Bild: Russian Look/Via Social Networks / Photo from social networks

Ukrainischer Außenminister warnt nach möglichem Giftanschlag

"Nichts trinken, nichts essen und keine Oberflächen berühren"
Dmytro Kuleba, ukrainischer Außenminister

Am Dienstag fanden zwischen der Ukraine und Russland erneut Friedensverhandlungen statt. In dem Zuge hat der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba die Mitglieder der eigenen Delegation bei den Friedensverhandlungen mit Russland in der Türkei zur Vorsicht aufgerufen. Ukrainische Medien zitierten Kuleba am Dienstag mit folgendem Rat: "Nichts trinken, nichts essen und keine Oberflächen berühren."

(mit Material von afp und dpa)

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