Dass der Krieg in der Ukraine so lange andauern würde, damit hatten anfangs nur wenige gerechnet. Mit dem 24. Januar jährte sich der Konflikt zum ersten Mal. Ein Jahr ist es nun her, dass Russland seine Invasion in sein Nachbarland startete.
Ein Waffenstillstand ist vorerst nicht in Sicht. Stattdessen entwickelt sich der Konflikt in eine weltpolitisch gesehen beunruhigende Richtung. Und: Die Welt sehnt sich nach Frieden.
In unserem News-Blog liest du alle wichtigen Ereignisse zum Jahrestag sowie zu den Entwicklungen im Ukraine-Krieg.
Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock hat die russische Ankündigung, sich aus dem atomaren Abrüstungsvertrag mit den USA zurückzuziehen, kritisiert. New Start sei ein "Garant für die globale Stabilität und Sicherheit", sagte die Grünen-Politikerin bei einer Rede vor der Genfer Abrüstungskonferenz. Die Ankündigung von Wladimir Putin sei "unverantwortlich", sagte Baerbock.
Mit Blick auf den chinesischen Zwölf-Punkte-Plan zur Beilegung des Krieges in der Ukraine äußert sich Moskau abweisend in Richtung Frieden. Die Voraussetzungen für eine "friedliche" Lösung seien derzeit nicht gegeben. "Wir betrachten dem Plan unserer chinesischen Freunde mit großer Aufmerksamkeit", sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Montag vor Journalist:innen. Er stellte klar, dass die "Sonder-Militäroperation" in der Ukraine weiter gehe. Gleichzeitig bezeichnete er die neuen von der EU verhängten Sanktionen als "absurd".
Kiew will alle von Russland besetzten Landesteile wieder zurückholen, auch die 2014 besetzte Krim. Dies sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am Sonntag zum Jahrestag der Besetzung der Schwarzmeer-Halbinsel durch russische Truppen. "Es ist logisch, dass wir mit der Befreiung der Krim allen Versuchen Russlands, das Leben der Ukrainer und aller Völker Europas und Asiens zu ruinieren, deren Unterwerfung der Kreml einst für sich in Anspruch nahm, ein historisches Ende setzen werden", sagte Selenskyj.
Laut ukrainischem Generalstab hat sich an der Gefechtslage der Front im Osten kürzlich nichts verändert, trotz heftiger russischer Angriffe. Zwar hätten russische Truppen an mehreren Punkten versucht, mit Artillerie und über die Luft anzugreifen, durchbrechen konnten sie laut Kiew aber nicht.
Wie schon in den Tagen zuvor seien die schwersten Kämpfe bei Kupjansk, Bachmut, Limansk, Awdijiwka und Schachtarsk ausgetragen worden. Absoluter Schwerpunkt sei einmal mehr die seit Wochen umkämpfte Stadt Bachmut gewesen. Dort sei eine Reihe russischer Angriffe gegen kleinere Vororte abgewehrt worden.
Die Internationale Krim-Plattform verlangte zum Jahrestag der Besetzung einmal mehr den Rückzug aller Truppen Russlands aus der Ukraine. In einer am Sonntag veröffentlichten Erklärung bekräftigten die Teilnehmer der Plattform ihre Unterstützung der Ukraine innerhalb ihrer international anerkannten Grenzen und verurteilten die "durch nichts provozierte Aggression Russlands". Zugleich erklärten auch sie die Annexion der Krim sowie der anderen inzwischen annektierten Gebiete der Ukraine durch Moskau erneut für illegal.
Die Krim-Plattform war 2021 vom ukrainischen Außenministerium ins Leben gerufen worden, um die Einverleibung der Schwarzmeer-Halbinsel durch Russland nach Möglichkeit auf diplomatischem Weg rückgängig zu machen. Die Aktion wird von weit über 40 Staaten unterstützt, zudem sind auch die Nato und EU beteiligt.
Kremlchef Wladimir Putin hat westliche Waffenlieferungen an die von Russland überfallene Ukraine als "Beteiligung an Verbrechen" in dem Land bezeichnet. Mitglieder der Nato würden Kiew mit Waffen im Wert von mehreren Milliarden US-Dollar versorgen, sagte Putin am Sonntag dem Staatsfernsehen. Diese Lieferungen seien "in gewisser Weise" eine Beteiligung an dem Krieg, weil Kiew die Waffen ohne Bezahlung erhalte. Der Westen trage damit eine "Mitschuld am Beschuss von Wohngebieten", behauptete Putin. Diese Sicht hatten westliche Politiker mehrfach zurückgewiesen.
Wegen Menschenrechtsverstößen in Afrika und der Ukraine hat die EU neue Sanktionen gegen die russische Söldnertruppe Wagner verhängt. Elf Einzelpersonen und sieben Organisationen mit Verbindungen zur Wagner-Gruppe seien auf die Sanktionsliste gesetzt worden, teilte der Rat als Vertretung der Mitgliedstaaten am Samstag in Brüssel mit. Die Sanktionen umfassen Einreiseverbote und das Einfrieren von Vermögenswerten in der EU.
Der Vize-Chef des ukrainischen Militärgeheimdienstes, Wadym Skibizkyj, rechnet mit einer Gegenoffensive seiner Armee gegen die russischen Besatzer in diesem Frühling. "Ich denke, im Frühjahr sind wir bereit für eine Gegenoffensive", sagte Skibizkyj den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Online Sonntag/Print Montag). Der genaue Zeitpunkt hänge aber von mehreren Faktoren ab – etwa von der Lieferung westlicher Waffen, die für das angegriffene Land sehr wichtig sind.
Skibizkyj betonte, das Ziel der Ukraine sei die Befreiung ihres gesamten Staatsgebiets – inklusive der bereits 2014 von Russland annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim. "Wir hören erst dann auf, wenn wir unser Land in den Grenzen von 1991 zurückhaben. Das ist unsere Botschaft an Russland und an die internationale Gemeinschaft."
Die EU-Mitgliedstaaten haben sich nach wochenlangen Verhandlungen auf neue Sanktionen gegen Russland wegen des Angriffskrieges in der Ukraine geeinigt, wie die schwedische EU-Ratspräsidentschaft am Freitagabend bekannt gab. Die G7-Staaten sicherten derweil der Ukraine am Jahrestag des russischen Angriffs ihre unbefristete Unterstützung zu. Im UN-Sicherheitsrat in New York lieferten sich westliche Staaten und der Vertreter Moskaus wegen des Krieges heftige Wortgefechte.
Das zehnte EU-Sanktionspaket innerhalb eines Jahres umfasse "Maßnahmen gegen Individuen und juristische Personen, die den Krieg unterstützen, Propaganda verbreiten oder Drohnen liefern", erklärte die schwedische EU-Ratspräsidentschaft im Onlinedienst Twitter. Auch strengere Beschränkungen beim Export von Technologien und sogenannten Dual-Use-Gütern sowie Maßnahmen gegen "russische Desinformation" seien geplant.
Die Übereinkunft muss am Samstag noch endgültig von allen Ländern bestätigt werden, bevor die Details der neuen Sanktionen im EU-Amtsblatt veröffentlicht werden. Ein EU-Diplomat sagte der Nachrichtenagentur AFP, dass 120 Personen und Organisationen betroffen sind sowie drei weitere russische Banken.
Zum Jahrestag des Kriegsbeginns hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sein striktes Nein zu einem Treffen mit Kremlchef Wladimir Putin bekräftigt. Er reagierte damit am Freitag in Kiew auf einen Vorstoß des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, der Putin in einem Telefonat zu Verhandlungen bewegen wollte. Selenskyj sagte, er habe Erdogan schon vor Kriegsausbruch vorgeschlagen, Putin an den Verhandlungstisch holen, um einen großen Krieg zu verhindern. "Er konnte das aber nicht." Dann fügte er hinzu: "Jetzt können wir nicht."
Selenskyj stellte aber in Aussicht, sich mit dem chinesischen Staats- und Parteichef Xi Jinping zu treffen. "Ich glaube, dass dies für unsere Länder und die globale Sicherheit von Vorteil sein wird", sagte Selenskyj. "Dabei geht es nicht nur um Krieg. Es geht darum, dass wir Staaten sind, die an der Aufrechterhaltung wirtschaftlicher Beziehungen interessiert sind." China hatte zuvor in einem Positionspapier beide Seiten zu Gesprächen aufgerufen.
Die Ukraine sehnt sich nach Frieden. Um diesen wieder ins Land zu bringen, gibt es nach Auffassung des Präsidenten Wolodymyr Selenskyj einige Zutaten für eine "Friedensformel". Dazu gehört der Abzug russischer Truppen aus dem ukrainischen Staatsgebiet sowie die Freilassung aller Kriegsgefangenen. Auch ein Tribunal gegen russische Kriegsverbrecher sowie Sicherheitsgarantien für das Land müssten her.
Bei einer Pressekonferenz zum ersten Jahrestag des Krieges hat Selenskyj die internationale Gemeinschaft zu einer breiten Teilnahme an einem Gipfel zu seinem Friedensplan aufgefordert. Er ist überzeugt: "Je mehr Länder mitmachen, desto mehr Unterstützung haben wir." Bei seiner Bitte am Freitag teilte er mit, dass nicht nur Partner der Ukraine im Westen daran teilnehmen sollten. Auch afrikanische Länder, China und Indien sowie die Staaten Lateinamerikas sollten seiner Meinung nach daran teilnehmen. Wann der Friedensgipfel stattfinden soll, steht noch nicht fest.
Berlin lehnt sich gegen den Krieg in der Ukraine auf. Zum ersten Jahrestag der russischen Invasion sind am Freitag tausende Menschen in der deutschen Hauptstadt auf die Straße gegangen. Bei der größten Kundgebung unter dem Motto "Wir werden nie vergessen" wurden zuletzt rund 8000 Teilnehmende geschätzt, wie eine Polizeisprecherin am Abend sagte. Die Rede war aber auch von einer möglichen höheren Anzahl an Teilnehmer:innen.
Insgesamt fanden am Freitag laut Polizei 13 Demonstrationen in Berlin statt. Elf pro-ukrainische, eine gegen Waffenlieferungen und eine für Frieden. An ihnen nahm der Sprecherin zufolge aber jeweils nur eine zweistellige Zahl an Menschen teil. Um die Sicherheit der Teilnehmenden zu gewährleisten, war die Polizei mit rund 800 Kräften im Einsatz.
Vor der russischen Botschaft in Berlin-Mitte steht seit Freitagmorgen ein Panzerwrack, mit dem an den Jahrestag des russischen Angriffs auf die Ukraine erinnert werden soll.
Berlin hat Kiew die Lieferung von vier weiteren modernen Leopard-2-Kampfpanzern aus Beständen der Bundeswehr zugesagt. Wie das Verteidigungsministerium am Freitag mitteilte, entschied Verteidigungsminister Boris Pistorius, 18 statt der bisher angekündigten 14 Panzer des Typs Leopard 2 A6 liefern zu wollen. Damit stellt Berlin der Ukraine gemeinsam mit den Partnerländern Portugal und Schweden nun insgesamt 31 Panzer zur Verfügung.
Am Jahrestag des Krieges in der Ukraine hat es bei Gefechten im Land erneut hunderte Tote gegeben. Die russischen Angriffe erfolgten unter anderem in den Regionen Donezk und Luhansk im Osten der Ukraine.
Beide Seiten gaben an, dass hunderte Soldaten dabei ihr Leben lassen mussten. Die ukrainischen Streitkräfte meldeten fast 1.000 russische tote Militärangehörige. Das russische Verteidigungsministerium sprach seinerseits von 240 toten ukrainischen Soldaten. Zahlen zu eigenen Verlusten wurden nicht genannt. Laut ukrainischem Präsidentenbüro kamen zudem mindestens drei Zivilisten ums Leben und 19 weitere wurden verletzt. Die Angaben aus dem Kriegsgebiet lassen sich nicht unabhängig überprüfen.
"Wir werden der Ukraine so lange zur Seite stehen, wie es nötig ist", diesen Satz sagten EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Freitag wortgleich bei einem Besuch in Estland. Aus Sicht des Westens liege es im eigenen Sicherheitsinteresse, dass sich die angegriffene Ukraine gegen Russland durchsetzen könne. Dies sagten die beiden zum Jahrestag der russischen Invasion und bekräftigten erneut ihre Unterstützung.
Polen hat die ersten vier Kampfpanzer vom Typ Leopard 2 an die Ukraine geliefert. "Ich bin heute nicht nur mit Worten der Unterstützung hierher gekommen, sondern auch in dem Wissen, dass es notwendig ist, auf diese barbarische Aggression mit Gewalt zu antworten", sagte Regierungschef Mateusz Morawiecki am Freitag in Kiew nach einem Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Weitere Leopard-Kampfpanzer würden bald folgen, so Morawiecki weiter. Polens Ministerpräsident war am ersten Jahrestag des Kriegsbeginns in der Ukraine in die Hauptstadt des umkämpften Nachbarlandes gereist.
Am Jahrestag der russischen Invasion wartet der frühere Kremlchef Dmitri Medwedew mit einer Drohung auf. Er äußert erneut die Überzeugung, dass die Ukraine von "Neonazis" beherrscht werde und deshalb eine Gefahr für Russland darstelle. "Deshalb ist es so wichtig, dass die militärische Spezialoperation ihr Ziel erreicht. Um die Grenze der Gefahr für unser Land so weit wie möglich zurückzudrängen, selbst wenn das die Grenze Polens ist", schrieb Medwedew am Freitag im sozialen Netzwerk Telegram.
Medwedew hat im Zuge dessen erneut mit einer vollständigen Unterwerfung des europäischen Nachbarlandes gedroht. Denn: Der "Neonazismus" müsse völlig vernichtet werden, ganz im Sinne der propagandistischen Schiene Moskaus.
Es bleibe sonst die Gefahr, dass selbst nach Verhandlungen "neue blutgierige Jungs, die sich legale ukrainische Staatsmacht nennen, einen weltweiten Konflikt provozieren", schrieb der jetzige Vizesekretär des russischen Sicherheitsrates.
Ein Jahr nach Beginn des Krieges in der Ukraine gehen die USA härter gegen Russland vor. Sie kündigten am Freitag an, die Sanktionen verschärfen zu wollen. Konkret betrifft es Maßnahmen, die Banken und die Rüstungsindustrie abstrafen sollen. Sie richtigen sich gegen "200 Personen und Einrichtungen, darunter sowohl russische Akteure als auch solche aus Drittländern in Europa, Asien und dem Nahen Osten, die Russlands Kriegsanstrengungen unterstützen". Dies teilte das Weiße Haus am Jahrestag des Krieges mit. Außerdem sollen demnach weitere Maßnahmen eine Umgehung der bereits beschlossenen Sanktionen erschweren.
China hat einen Friedensplan für den Krieg in der Ukraine vorgelegt. In dem Papier, das Pekings Außenministerium zum Jahrestag des Krieges am Freitag vorgelegt hat, wird eine baldige Wiederaufnahme von Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine gefordert.
In dem 12-Punkte-Plan wird unter anderem gefordert, dass die "legitimen Sicherheitsinteressen aller Länder ernst genommen" werden müssten. Diplomat:innen sehen hinter dieser Formulierung einen klaren Hinweis auf die Argumentation Russlands, sich gegen die USA und die Nato verteidigen zu müssen.
Vor allem in vielen westlichen Staaten wird Chinas Friedensplan kritisch gesehen. Peking hat die russische Invasion in der Ukraine nämlich nie klar verurteilt und pflegt eine enge Partnerschaft mit Moskau.
Das ist ein klares Zeichen gegen Moskau: Bei der UN-Vollversammlung in New York haben sich 141 Staaten gegen den russischen Angriffskrieg gestellt. In einer unter anderem von Deutschland eingebrachten Friedensresolution hat die breite Mehrheit der Weltgemeinschaft am Donnerstag (Ortszeit) einen russischen Abzug und friedliche Lösung des Konflikts gefordert.
Die Resolution ist allerdings nicht bindend und hat daher vor allem symbolischen Charakter. Was von dem Stimmungstest im UN-Plenarsaal jedoch auch hängenbleiben wird, ist die Tatsache, dass sich die Großmächte China und Indien enthalten haben.
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(Mit Material von dpa/AFP)