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AfD auf Tiktok: Demokratie-Influencer richtet mahnende Worte an FDP und JuLis

rafid kabir
Der Influencer Rafid Kabir kämpft auf Social Media für die Demokratie.Bild: privat / rafid kabir
Interview

"Wenn die AfD Tiktok dominiert, ist das die politische Realität vieler junger Menschen"

Rafid Kabir könnte man wohl als Demokratiefluencer bezeichnen. Er setzt sich für Antirassismus und Klimagerechtigkeit ein und klärt seine Community auf Tiktok über antidemokratische Inhalte auf.
31.05.2024, 19:02
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Seit Jahren überschwemmt die AfD Social-Media-Plattformen mit rechts(-extremen) Inhalten. Die demokratischen Parteien? Zu spät dran, um dem etwas entgegenzusetzen.

Manche wollen es trotzdem versuchen. Mit unterschiedlichen Mitteln – mal mehr, mal weniger erfolgreich. So haben die Grünen zu einer Parteiveranstaltung vor Kurzem neben Journalist:innen auch eine Handvoll Influencer:innen eingeladen.

Wir haben mit Demokratiefluencer "itsruffydk", wie er sich auf Tiktok nennt, darüber gesprochen, warum das der richtige Schritt ist und wie Content-Creator:innen zu einer Online-Diskursverschiebung zurück in die demokratische Mitte beitragen können.

Watson: Es ist etwas unüblich, dass zu einer Parteiveranstaltung Influencer:innen eingeladen sind. Wie kam das, Rafid?

Rafid Kabir: Ich finde, das sollte viel häufiger gemacht werden. Schließlich gibt es uns, und den Parteien im Umkehrschluss auch, die Chance, ihre Inhalte mit unseren Communitys zu teilen. Die Grünen haben in dem Fall über eine Agentur Creator:innen einladen lassen.

Aber du verstehst dich trotzdem nicht als ihr Sprachrohr, oder?

Auf keinen Fall. Wir sehen unsere Arbeit mehr als journalistisch an, als das klassische "influencen".

Also gehst du auch auf Veranstaltungen anderer Parteien?

Es kommt drauf an. Wenn sich die Inhalte mit den Interessen meiner Community decken und mit den Themen, für die ich mich einsetze, dann ja.

Die AfD ist sehr erfolgreich in ihrer Social-Media-Kommunikation, andere Parteien kommen schlecht dagegen an. Wie können Influencer:innen wie du dabei helfen, demokratische Inhalte weiterzuverbreiten?

Es ist schade, dass die demokratischen Parteien erst jetzt dabei sind, zu verstehen, wie wichtig der Multiplikator Social Media ist und wie man auch dort Zielgruppen erschließt. Uns proaktiv zu Veranstaltungen einzuladen, kann dabei aber definitiv helfen.

Kannst du deine Arbeit genauer beschreiben?

Ganz einfach: Wenn die AfD Plattformen wie Tiktok dominiert, ist das die politische Realität für die meisten jungen Menschen da draußen. Creator:innen wie ich versuchen dem etwas entgegenzusetzen und aufzuklären. Denn vielen ist gar nicht bewusst, wie viele Videos tatsächlich rechte Narrative verbreiten.

Aber das könnt ihr allein ja kaum schaffen.

Ja, da sind alle progressiven Parteien gefordert. Ich sehe es deshalb auch sehr kritisch, dass einige Parteien lange gezögert haben, teils immer noch nicht auf Tiktok sind. Die FDP ist zwar als Fraktion vertreten, als Freiheitspartei gibt es aber Sicherheitsbedenken wegen China.

... das sehen auch die JuLis als Nachwuchsorganisation so.

Ich verstehe nicht, warum beispielsweise die JuLis nicht sehen, dass es gerade jetzt wichtig ist, dort als demokratische Kraft aktiv zu sein. Denn auch die Jugendorganisationen sind gefragt. Sie richten sich genau an die Zielgruppe, die sie auch auf Tiktok erreichen könnten.

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Rechte, die AfD im Speziellen, arbeiten mit sehr reißerischen, provozierenden Aussagen. Es liegt in der Natur der Sache, dass Aufklärungsvideos selten dieselbe Reichweite erreichen. Was ist deine Strategie?

Ich – und ich kenne das noch von einigen anderen – nehme gerne das Ursprungsvideo und erkläre dann anhand dessen, warum dieser oder jener Satz eine problematische Aussage darstellt. Das ist es auch, was demokratische Parteien jetzt langsam nach und nach ebenfalls machen. Es muss aber schneller gehen und vor allem geschlossener.

Es wird immer wieder gefordert, dass Tiktok in die Pflicht genommen werden müsste, rechtsextreme Inhalte stärker zu regulieren. Wie stehst du dazu?

Ich verstehe die Herausforderung von Tiktok. Denn rechte Parolen in privaten Accounts zu finden und zu regulieren würde bedeuten, dass wahnsinnig viele User:innen von Tiktok verbannt werden müssten. Und es schreibt sich ja niemand auf die Fahne: Achtung, hier AfD-Content. Aber ich will Tiktok nicht in Schutz nehmen – es besteht definitiv ein hoher Bedarf in dem Bereich.

Expert:innen sind skeptisch, ob es überhaupt gelingt, eine demokratische "Online-Brandmauer" zu errichten. Daher mal weg von Social Media: Die Zielgruppe, die auf Tiktok erreicht werden kann, sitzt auch in Deutschlands Schulen. Wäre das nicht ein zweites Gleis, das man stärker befahren könnte?

Auf jeden Fall. Das wird noch viel zu selten gemacht. Ich gehe auch gemeinsam mit Organisationen an unterschiedliche Bildungseinrichtungen. Viele Schulen haben vor ein paar Jahren noch gesagt: Wir wollen keine parteipolitischen Inhalte an Schulen haben. Das halte ich für fatal.

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