Eine halbnackte Frau mitten auf den Straßen von Iran. Sie schlendert unbekümmert auf dem Fußweg entlang. Ihr lila Brusthalter, rosa-weißer Slip und die helle nackte Haut stechen aus einem Meer schwarzer Kleidung hervor. Mit verschlossenen Armen läuft sie selbstbewusst vor sich hin, ihr langes Haar weht offen im Wind.
Sie trotzt den verurteilenden Blicken, die auf ihr haften; wissend, dass sie sich gerade in Lebensgefahr begibt.
Es ist ein weiterer mutiger Akt des Widerstands in einem Land, wo das Nicht-Tragen eines Kopftuches schon tödlich ist. Während die Welt auf die USA, Ukraine und nach Israel blickt, geht die Frau-Leben-Freiheit-Bewegung im Iran weiter.
Laut Berichten handelt es sich um eine Studentin an der Elite-Universität in Teheran. Die Frau, die Ahoo Daryaei heißen soll, war zuvor auf dem Universitätsgelände von Mitgliedern der Basij, einer iranischen paramilitärischen Freiwilligengruppe, belästigt worden.
Das behauptet ein iranischer Studentenkanal "Amir Kabir Newsletter" auf Social Media. Demnach hätten Mitglieder der Truppe ihr Kopftuch und ihre Kleidung zerrissen.
Aus Protest habe sich die junge Frau daraufhin bis auf die Unterwäsche ausgezogen.
Minutenlang geht sie unbekleidet die Straßen entlang, bis eine Gruppe Männer sie umringt, in ein Auto packt und wegfährt. Die Menschenrechtsorganisation "Amnesty International" erklärte am Samstag, die Frau sei "gewaltsam festgenommen" worden, nachdem sie gegen die "missbräuchliche Durchsetzung" der Kleiderordnung an der Islamischen Azad-Universität in Teheran protestiert hatte.
Für den Vorfall hat der Pressesprecher der Universität eine simple Erklärung: Die Frau habe unter psychischen Problemen gelitten, wird er von CNN zitiert. Derzeit können die Umstände nicht unabhängig überprüft werden. Doch Menschenrechtsaktivistin und Journalistin Düzen Tekkal ist sich sicher, dass es sich um eine Lüge handelt.
"Die Schergen der islamischen Republik wollen uns Glauben machen, dass diese mutige Frau 'geistig verwirrt' wäre", schreibt sie auf Instagram. Doch wenn die Freiheit und Selbstbestimmung von Frauen das Regime so triggern, dann sei die islamische Republik eine Krankheit, führt sie aus. Laut ihr muss man den Fall verfolgen, "denn zur Wahrheit gehört, dass ihr Leben jetzt in Gefahr ist".
Mai Sato, die UN-Sonderberichterstatterin für die Islamische Republik Iran, sagt auf X, sie werde "diesen Vorfall genau beobachten, auch die Reaktion der Behörden".
Zur Erinnerung: Das Tragen eines Hidschabs (oder Kopftuchs) in der Öffentlichkeit ist für Frauen nach der strengen iranischen Auslegung des islamischen Rechts verpflichtend. Verstöße werden von der so genannten Sittenpolizei des Landes verfolgt. Iranische Frauen können selbst bei geringfügigen Verstößen hart bestraft werden.
Die 22-jähige Mahsa Amini wurde 2022 von der Sittenpolizei verhaftet, weil sie angeblich ihr Kopftuch nicht richtig trug. Nachdem sie im Gewahrsam verstarb, kam es in ganz Iran zu Protesten, die bis heute anhalten.
Nun wird auch diese junge Frau zu einer Ikone der Bewegung und weltweit für ihren Mut gefeiert.
"Ahoo, dein Name ist ein Symbol. Innerhalb von 24 Stunden hat die ganze Welt von deinem Mut und Akt des Widerstands erfahren", schreibt Tekkal auf Instagram. Nichts fürchte das Mullah-Regime mehr als seine eigene Zivilbevölkerung – allen voran die Frauen.