Waffenlieferungen sind ein leidiges Thema mit Frustrationspotenzial. Sowohl Waffenlieferungen an die Ukraine als auch an Israel bestimmten in den vergangenen Monaten und Jahren zahlreiche Diskussionen in der deutschen Politik. Einigkeit gab es nur bedingt.
In Bezug auf Israel stellte Bundeskanzler Olaf Scholz erst am vergangenen Donnerstag klar: "Wir haben Entscheidungen getroffen in der Regierung, die sicherstellen, dass es demnächst weitere Lieferungen geben wird." Mit dieser Aussage reagierte er deutlich auf den Vorwurf von CDU-Chef Friedrich Merz, dass die Ampelregierung seit Monaten Exportgenehmigungen für Waffenlieferungen nach Israel verzögert.
"Wir haben Waffen geliefert, und wir werden Waffen liefern", bekräftigte Scholz während der Gedenkdebatte zum Jahrestag des Hamas-Angriffs auf Israel am 7. Oktober 2023. Merz hatte der Bundesregierung vorgeworfen, seit Januar 2024 Kriegswaffenexport nach Israel systematisch zu blockieren.
Offizielle Zahlen des Bundeswirtschaftsministeriums aus dem September 2024 legen nahe, dass die Kritik von Merz nicht völlig ohne Fundament ist. Offenbar stecken die Grünen hinter der Blockade.
Wie aus den Daten des Ministeriums hervorgeht, lieferte Deutschland zwischen Januar und Juni 2024 keine "Kriegswaffen" nach Israel. Stattdessen wurden nur Einzelteile und Technologien geliefert, und das in drastisch verminderter Stückzahl.
Da stellt sich die Frage: warum diese Zurückhaltung in Sachen Waffenexporte?
Laut einem Bericht der "Bild"-Zeitung könnten Wirtschaftsminister Robert Habeck und Außenministerin Annalena Baerbock der Grund dafür sein. Sie sollen eine schriftliche Bestätigung aus Israel gefordert haben.
Beide Grünen-Politiker:innen hätten sich demnach im Bundessicherheitsrat gegen die Genehmigung neuer Kriegswaffen ausgesprochen. Zumindest, solange Israel nicht schriftlich zusichere, die Waffen ausschließlich im Einklang mit dem humanitären Völkerrecht einzusetzen.
Diese Informationen stammen aus Kreisen der Regierungsparteien, wie die "Bild" berichtet.
Doch warum beharrte man auf eine solche schriftliche Versicherung? Schließlich könnte die israelische Regierung unter Benjamin Netanjahu im Fall eines Völkermords im Gazastreifen auch einfach lügen.
Das Zögern von Habeck und Baerbock könnte dem Bericht zufolge rechtliche Gründe haben.
Beide Politiker:innen unterscheiden in ihren Aussagen seit Monaten zwischen zwei Arten von Waffen: zwischen jenen, die der Selbstverteidigung Israels dienen auf der einen Seite und schwerem Kriegsgerät auf der anderen. Letztere könnten theoretisch für völkerrechtswidrige Aktionen eingesetzt werden.
Baerbock erklärte im September im Podcast "Lage der Nation", dass Deutschland alles tue, um Israels Selbstverteidigung zu unterstützen. Gleichzeitig betonte sie, dass keine Waffenlieferungen nach dem 7. Oktober 2023 erfolgt seien, die in Gaza eingesetzt werden könnten oder gegen das humanitäre Völkerrecht verstoßen würden.
Ähnlich äußerte sich Habeck bei einem Bürgerdialog im September: Er plädierte für eine Unterscheidung zwischen Systemen zur Existenzverteidigung – wie Luftabwehr oder maritimen Systemen – und Waffen, die im Gazastreifen zum Einsatz kommen könnten.
Die Forderung nach einer schriftlichen Zusicherung könnte auch im Kontext internationaler Kritik an Deutschlands Waffenexporten gesehen werden. Im April 2024 hatte Nicaragua Deutschland vor den Internationalen Gerichtshof in Den Haag gebracht.
Der Vorwurf: mit Waffenlieferungen an Israel einen Völkermord zu unterstützen.
Zwar wies die Bundesregierung dies zurück und betonte, nur ein Bruchteil der Lieferungen seien Kriegswaffen gewesen. Doch auch Menschenrechtsorganisationen hatten im Juni 2024 eine Klage in Berlin eingereicht. Diese wurden vom Gericht abgewiesen – unter anderem mit der Begründung, dass Deutschland zu diesem Zeitpunkt keine Waffen mehr an Israel geliefert habe.
Eine schriftliche Zusicherung aus Israel ist nun offenbar da. Und könnte der Bundesregierung jetzt als Absicherung dienen, falls es zu weiteren Klagen kommt. Es bleibt unklar, ob diese Strategie tatsächlich vor Gericht Bestand haben wird.
Die Kommunikation der Bundesregierung in Bezug auf die Waffenlieferungen steht unter scharfer Kritik. Max Mutschler vom Bonn International Center for Conflict Studies erklärte gegenüber der "Deutschen Welle": "Jeder kann die Dinge so interpretieren, wie er oder sie möchte."
Die Bundesregierung sende widersprüchliche Signale: Auf der einen Seite gebe es keine Kriegswaffenlieferungen, auf der anderen Seite wird die Unterstützung Israels in den Vordergrund gestellt. "Das ist wirklich schlechte Informationspolitik", findet Mutschler.
Zu den genauen Entscheidungsprozessen im Bundessicherheitsrat schweigt die Regierung allerdings. Ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums erklärte auf Anfrage der "Bild", man gebe grundsätzlich keine Auskunft zu Entscheidungen und Abstimmungen des Tarifs.
Er betonte, dass alle Wege genutzt würden, um Israels Selbstverteidigung im Rahmen des Völkerrechts zu stärken.
Ob die schriftliche Zusicherung letztlich den erhofften rechtlichen Schutz bietet, bleibt abzuwarten. Klar ist jedoch, dass die Diskussionen um die Waffenexporte in den nächsten Monaten nicht an Brisanz verlieren werden.