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Markus Söder beim Gillamoos-Montag: CSU-Chef hetzt gegen Robert Habeck

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Markus Söder, der Schöpfer von Worten wie "Tofu-Terror". Bild: imago images / Wolfgang Maria Weber
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Markus Söder beim Gillamoos: Viel Fleisch, viel Ego, wenig Inhalt

So wirklich in die Trickkiste hat Markus Söder am Montag nicht gegriffen. Dennoch sollte seine Rede beim Gillamoos als Warnsignal interpretiert werden.
08.09.2025, 14:4908.09.2025, 15:14
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Für die meisten Menschen, die abseits von bayerischen Trachten und Maßkrügen aufgewachsen sind, wirkt der Gillamoos-Montag, als würde man in einem Bierzelt auf der Wiesn eine Webcam aufstellen. Gewissermaßen ist das politische Frühschoppen auch genau das: Angetrunkene Menschen reden sich über Politik in Rage, dazu erklingt Blasmusik und schallendes Gelächter, das nach abgestandenem Bier riecht.

Nüchtern betrachtet ist das Ganze also nur ein durchschnittliches Volksfest mit Rednerpult. Aber wer könnte es zu einer einzigartigen bayerischen Gaudi machen, wenn nicht Markus Söder? Verzeihung, Doktor Markus Söder, die Zeit nimmt man sich hier im Festzelt.

Bayern feiert Gillamoos – und Markus Söder

Und obwohl man vom bayerischen Ministerpräsidenten in puncto Stammtischrhetorik schon so einiges gewohnt ist und ihn die meiste Zeit einfach Markus Söder sein lässt, übertrifft sich der CSU-Chef am Montag selbst. Markus Söder scheint nicht mehr nur ein bisschen größenwahnsinnig zu sein, sondern bedient sich derart im populistischen Wörterbuch, dass es Angst macht.

Damit wirklich jede:r mitbekommt, wer in diesem kuriosen Bundesland im Süden das Sagen hat, bekommt der Ministerpräsident schon für den Tritt ans Pult eine ganz besondere musikalische Untermalung. Während seine Vorredner (Achtung, hier gilt nicht Söders Genderverbot, sondern die traurige Realität) in alter Bierzelt-Manier zu Schlager- und Schunkelklassikern einlaufen, bleibt die Blaskapelle für Söder still.

Stattdessen: Blasmusik aus Boxen. Denn Söders Themesong ist am Montag kein Geringerer als "The Imperial March", bekannt aus der "Star Wars"-Reihe. Ihr wisst schon, das musikalische Beiwerk für den Bösewicht Darth Vader ("Döpdöpdöp döp dede döp dede").

Doch der bekennende "Star Wars"-Fan bleibt cool, tritt mit einem zufriedenen Grinsen ans Pult. Ein Moment, der im feministischen Handbuch als Musterbeispiel für den Eintrag "männliche Hybris" genutzt werden sollte.

Diesem Text hier könnte man an der Stelle vorwerfen, dass man sich zu sehr auf die Person Söder und zu wenig auf dessen Rede konzentrieren würde. Das Problem ist jedoch, dass darin – Überraschung – nichts Neues oder gar Stichhaltiges zu finden war.

Hier dennoch ein kurzer Abriss: Markus Söder hasst die Grünen. Markus Söder liebt Bayern. Markus Söder hasst Gendern. Markus Söder liebt Fleisch. Noch Fragen?

Markus Söder irritiert mit Statement zu Bayern

Hin und wieder streut der CSU-Chef Aussagen ein, die bei Konservativen und Bayernliebhaber:innen für betrunkene Jubelschreie sorgen, tatsächlich aber ohne faktische Basis dastehen. Bayern etwa könne sich komplett autark ernähren, meint Söder. Will der CSU-Chef also einen auf Trump machen und keine Güter mehr importieren? Oder geht es um den Austausch innerhalb der Bundesrepublik? Wie auch immer es gemeint ist: Es stimmt nicht.

Zwar nutzt Bayern etwa die Hälfte seiner Fläche für landwirtschaftliche Zwecke und laut offiziellen Zahlen des bayerischen Staatsministeriums könnte mit den Erträgen tatsächlich die eigene Bevölkerung ernährt werden. Allerdings müsste diese sich dafür wieder an Ernährungsweisen von vor 1000 Jahren gewöhnen.

Mehr pflanzliche Produkte müssten her und saisonaler fokussiert müsste man wieder leben. Aber Markus, hast du dich nicht gerade heute dazu bekannt, dass du nur ab und zu "Brokkoli und Körner" isst, zu einem exzessiven Fleischkonsum stehst und Schluss machen willst mit dem "Tofu-Terror"?

Wie rückwärtsgewandt und inhaltslos die Aussagen von Markus Söder sind, beweist er schließlich auch in einem altbekannten Bash gegen seinen "Freund" Robert Habeck. "Jetzt isser ja weg", erklärt der CSU-Politiker treffend.

Abgestandenes Bier: Söder kramt Habeck-Vorwürfe wieder vor

Aber Söder kann nicht anders und muss dem Grünen-Politiker einen ganzen Absatz seiner Rede widmen. "Geh und komm bitte nie mehr in die Politik zurück", hetzt er gegen den Ex-Wirtschaftsminister, der ja tatsächlich schon gegangen ist und Ende August seinen politischen Rückzug erklärt hatte.

Ist aber auch blöd für jemanden wie Söder, wenn der politische Erzfeind sich ehrlich macht, Fehler eingesteht und Konsequenzen zieht. Noch dazu, wenn man in Bezug auf den aktuellen Koalitionspartner von der Schwesterpartei einen Maulkorb aufgesetzt bekommen hat. Und ansonsten gibt es da ja leider keine andere Partei, der man problematische politische Ansichten vorwerfen könnte. Oder?

Auch dass Söder selbst im Gegensatz zu Habeck außerhalb von Bayern noch nie politische Verantwortung übernommen hat, verschweigt er gekonnt. Wobei Bayern in seinen Augen sowieso das bessere Deutschland ist. "Gott schütze Bayern und den Rest machen wir dann schon selbst", sinniert er, bevor zum Abschluss seiner Rede erneut imperiale "Star Wars"-Fantasien zum Leben erweckt werden. Noch mehr Brechreiz löst nur der Satz "Politik muss auch Heimat und Identität bieten" aus.

Im Festzelt freut man sich natürlich über diese Hau-Drauf-Mentalität des Landesvaters. Anerkennend wird sich da auf die Schulter geklopft, bevor man gemeinsam erst die bayerische, dann die deutsche Hymne anstimmt. Und natürlich sind Veranstaltungen wie Gillamoos oder der politische Aschermittwoch Orte, an denen es auch einmal derber zugehen darf.

Doch außerhalb der Orte, die ihre Identität an Blasmusik und Weißwürste knüpfen, sollte die Rede von Markus Söder als Warnsignal verstanden werden. Denn die Kombination der Worte Identität, Heimat und Imperialismus sind definitiv keine gute Kombi.

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