Die Ampel-Koalition folgt ihrem Versprechen "Mehr Fortschritt wagen" und stellt am Mittwoch ein erstes Paket von Reformen zur Migration vor. Allerdings ist es mehr ein Päckchen, viel drinnen ist noch nicht.
Chancen-Aufenthaltsrecht soll es heißen. Klingt hoffnungsvoll für alle, die endlich in Deutschland ankommen wollen. Für Menschen, die in nicht enden wollenden Papierschlachten mit Ämtern feststecken. Die dabei Zeit und Nerven verlieren, die sie in den Aufbau eines neuen Lebens in einem neuen Land investieren könnten. Menschen, die vor Krieg, Gewalt und Folter flüchten und sich endlich in Sicherheit wägen möchten.
Das kräftezehrende Warten: Gehöre ich dazu oder nicht?
Bin ich sicher oder muss ich ausreisen?
Es soll verkürzt werden.
Langzeitgeduldete, die seit mindestens fünf Jahren in Deutschland leben, erhalten demnach eine Chance auf ein Aufenthaltsrecht. Aber wer jetzt denkt, er hat es geschafft, irrt sich. Diese "Chance" ist auf zwölf Monate beschränkt. Innerhalb dieser Zeit muss der Migrant beziehungsweise die Migrantin die nötigen Voraussetzungen für das Bleiberecht erfüllen. Unter anderem die Sicherung des Lebensunterhaltes und einen Nachweis zur Identität vorweisen.
Das Warten hat also doch kein Ende.
Gegenüber "Zeit Online" verschafft sich Terre-des-Hommes-Vorstand Joshua Hofert Luft. "Der von der Ampel-Regierung angekündigte Paradigmenwechsel in der Flucht- und Migrationspolitik ist noch nicht in Sicht." Mehrere Hilfsorganisationen teilen seinen Frust und stufen das Chancen-Aufenthaltsrecht als wenig chancenreich ein.
Inwiefern schließt die Reform Minderjährige ein? Was geschieht mit jenen, die auch nach der Frist keine Geburtsurkunde, keinen Pass oder sonstigen Nachweis vorweisen können? Gerade für geflüchtete Menschen ist die Identitätsklärung oftmals sehr schwierig. Wo bleibt die im Koalitionsvertrag versprochene Regelung zum Familien- und Geschwisternachzug? Auch die erhofften Lockerungen der Ausbildungs- und Arbeitsverbote für die, die eben lange warten müssen.
Immerhin soll der Zugang zu Integrations- und Sprachkursen für Asylbewerber erleichtert werden. Das war längst überfällig, schließlich übermitteln solche Kurse nicht nur wichtige Inhalte, sondern sind auch Orte des Austausches.
Das erste Paket für Migrationsreformen bläst frischen Wind in die Einwanderungspolitik. Die Richtung ist gut, doch wie bei allen neuen Wegen, ist der Pfad noch schmal und ausbaufähig. Aber die Ampel-Koalition hat schon ein zweites Paket für dieses Jahr angekündigt. Normalerweise ist folgende Floskel im Journalismus zu meiden, aber hier passt sie: Es bleibt abzuwarten.