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TV-Duell mit Olaf Scholz: Friedrich Merz spricht von Schicksalsschlägen

ARCHIV - 09.02.2025, Berlin: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD, l), steht neben Friedrich Merz, Unions Kanzlerkandidat und CDU Bundesvorsitzender, vor dem TV-Duell von ARD und ZDF. In 90 Minuten stellen  ...
Beim letzten TV-Duell vor der Bundestagswahl 2025 trafen nochmals Kanzler Olaf Scholz und CDU-Chef Friedrich Merz aufeinander. Bild: dpa-Pool / Michael Kappeler
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Merz stichelt gegen Scholz im TV-Duell: "Kanzlerschaft am Sonntag beendet"

20.02.2025, 10:59
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Schnittchen, Mini-Donuts und reichlich Kaffee sind auf einem Büfett hübsch zubereitet. Journalist:innen trudeln allmählich ein, suchen sich einen der begehrten Plätze, schnattern aufgeregt am Handy oder unterhalten sich – man kennt sich.

Eingeladen sind sie zum letzten Rededuell zwischen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Kanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU). Auch watson ist dabei. Der Gastgeber ist der Nachrichtensender Welt und die "Bild"-Zeitung.

Durch den Zweikampf führen "Bild"-Chefredakteurin Marion Horn und "Welt"-Chefredakteur Jan Philipp Burgard. Gemeinsam mit anderen Journalist:innen verfolgt watson das Gespräch live auf einem großen Bildschirm gleich neben dem Studio, in dem das Duell aufgezeichnet wird.

Scholz geht auf Angriff, Merz rollt die Augen

Merz und Scholz laufen gut gelaunt in das Aufnahmestudio. Der Kanzler wirkt klein neben dem 1,98 Meter großen CDU-Mann. Aber im Duell wirft er einen Schatten auf seinen Kontrahenten. Bissig, bestimmend und angriffslustig zeigt sich der sonst eher zurückhaltende SPD-Politiker. Ein Kollege fragt sich laut: "Warum erst jetzt?"

Kritiker:innen werfen Scholz vor, nicht richtig durchgegriffen zu haben beim Ampelchaos. Umso mehr will nun Merz das Land wieder auf Vordermann bringen. Die zwei Kernpunkte sind laut ihm: Migration und Wirtschaft. Im Duell verdeutlicht er, dass er nur eine Koalition unterschreiben werde, die eine Wende in diesen Feldern herbeiführe.

"Ihre Kanzlerschaft sollte am Sonntag beendet sein."
Friedrich Merz

Die Schuld an dem AfD-Auftrieb sehe er im Versagen der Ampel-Regierung. Laut Scholz kann man das nicht pauschalisieren. In ganz Europa sei ein Aufschwung rechter Parteien zu verzeichnen. Am Wahltag lege er seine Hoffnung in die Hände der Unentschlossenen, "die erst in der Wahlkabine entscheiden und doch Kreuze bei der SPD setzen."

"Ihre Kanzlerschaft sollte am Sonntag beendet sein", sagt Merz dazu entschlossen. Deutschland brauche eine Regierung, die für Zuversicht stehe und sich nicht permanent streite. Scholz bringt darauf die gemeinsame Abstimmung der CDU mit der AfD zur Sprache. "Die SPD muss stark werden, damit diese Zusammenarbeit in keiner Form stattfindet", meint der Noch-Kanzler.

Ein Angriff, den Merz sofort abwehrt: "Sie werfen hier einige Dinge durcheinander. Wir arbeiten nicht mit der AfD zusammen und haben es nie", betont er. Es werde keine Zusammenarbeit mit dieser Partei geben", stellt er klar. Scholz stellt jedoch das Vertrauen in die CDU infrage.

Der Austausch erinnert an ein altes Ehepaar, das sich darum streitet, wer den Müll rausbringen soll. Immer wieder wirft Merz seinem Gesprächspartner genervte Blicke zu, ab und an rollt er seine Augen.

Let's talk about love!

Scholz wird emotional: Habe "Glück in der Liebe"

Die Moderator:innen fragen nach einem prägenden Schicksalsschlag, worauf Scholz ausweichend meint, dass sein Leben sehr gelungen sei. Besonders was das Private betrifft: die Liebe. Dort habe er "viel Glück", sagt er mit einem breiten Lächeln. Aber was ihn umtreibt, sei der russische Angriffskrieg. Auch der Wahlkampf halte ihn nachts wach, sowie die neue US-Regierung mit Donald Trump.

Merz wird bei der Frage hingegen ungewohnt persönlich: Er erwähnt den Tod seiner Schwester und seines Bruders. Es seien Erlebnisse, die tiefe Spuren hinterlassen haben. Auf die Nachfrage, ob aber auch er Glück in der Liebe habe, antwortet er kurz und knapp: "Das würde ich so sagen".

Olaf Scholz, German Chancellor of the Social Democratic Party (SPD), left, and Friedrich Merz, right, leader of the Christian Democratic Union (CDU), are pictured in tv studio ahead of a debate in Ber ...
Kanzler Olaf Scholz trifft sich zum letzten TV-Duell mit Friedrich Merz.Bild: Pool Reuters / Fabrizio Bensch

Es geht weiter mit der "Paartherapie" zwischen Scholz und Merz. Man will wissen, was der Gegenüber jeweils besser kann als man selbst.

Scholz: Merz könne gut Fahrrad fahren.

Merz: Scholz sei gut im Rudern.

Okay, zurück zu wichtigen Themen: das Bürgergeld.

TV-Duell Merz und Scholz: Der ewige Streit um das Bürgergeld

Es wird ein kurzer Clip eingeblendet: Darin zu sehen ist Frank R., der von 560 Euro Bürgergeld lebt. "Das ist kein wirkliches Leben, aber warum sollte ich irgendeinen Job machen, um nur arbeiten zu gehen?", meint er.

Darauf entbrennt ein Streit zwischen Scholz und Merz, der deutlich zeigt: Dieses Thema könnte zu Problemen bei einer möglichen Koalition zwischen Union und SPD führen. Schon beim Begriff "Bürgergeld" scheiden sich die Geister.

"Der Begriff gibt ein falsches Gefühl, es wird als bedienungsloses Grundeinkommen empfunden", meint Merz. Das zeigt laut ihm deutlich der Fall Frank. Scholz versteht den Einwand nicht. Man habe den Namen gemeinsam beschlossen. Worauf Merz betont, dass dies nicht wahr sei. Der "Name ist irreführend", wiederholt er. Die Union habe mit der Namensgebung nichts zu tun gehabt.

Auch beim Thema Wirtschaftskrise gibt es wenig Übereinstimmung.

Wann waren Merz und Scholz das letzte Mal selbst im Supermarkt?

Es geht um die hohen Lebensmittelpreise. Scholz und Merz seien selbst das letzte mal im Supermarkt im Dezember 2024 gewesen. Schließlich hält der Wahlkampf sie auf Trab. Während der Kanzler noch mit Bargeld bezahlt, geht es bei Merz modern per Handy.

Der CDU-Chef kritisiert die grüne Energiewende, die von vorne bis hinten nicht funktioniere. "Unter meiner Führung wird in diesem Land nichts mehr stillgelegt", behauptet er. Scholz verspricht hingegen, die Mehrwertsteuer auf Lebensmittel zu senken. Ein Versprechen, das sein Kontrahent nicht gibt. Er bleibt bei einem vorsichtigen "ich möchte sie nicht erhöhen".

Aber die direkten Steuern für Unternehmen in Deutschland wolle Merz senken. Scholz wirft ihm darauf vor, den Reichen Steuergeschenke zu machen. Das CDU-Programm sei so teuer, das kann doch kein Mensch seriös finden, stichelt er.

Erst beim Thema Migration finden beide einen gemeinsamen Nenner: Abschiebungen.

Migration: Scholz und Merz sind sich bei Abschiebungen einig

Scholz und Merz sind beide der Ansicht, dass Straftäter abgeschoben werden müssen. Der CDU-Chef stellt klar, dass die Migrationspolitik so nicht weitergehen könne. Der Kanzler meint: Wer eine Straftat begangen hat, müsse auch abgeschoben werden.

Also gibt es doch einen versöhnlichen Punkt, bei dem sich beide einig sind. Doch am Ende hakt Scholz trotzdem nochmal bei Merz nach: "Sie lassen sich nicht von der AfD zum Kanzler wählen?"

Sichtlich genervt schließt Merz das aus, "die Partei steht gegen alles, was meine Partei in Deutschland aufgebaut hat", sagt er über die in Teilen als rechtsextremistisch eingestufte AfD. Würde er also die SPD ins Boot holen? Schließlich hat er zu Beginn Scholz' Ruderkünste gelobt.

Merz würde sich ins Boot mit Scholz wagen auch ohne Rettungsweste, schließlich könne er gut schwimmen.

Terrororganisation Hamas lässt Geiseln frei: Sorge um gefährliches Refeeding-Syndrom

Vor genau 500 Tagen entfachte die radikal-islamistische Terrororganisation Hamas mit ihren Anschlägen auf Israel den Gaza-Krieg, Hunderte Menschen wurden dabei entführt. Seit dem 19. Januar herrscht eine vorübergehende Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas, einige der Geiseln wurden mittlerweile freigelassen.

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