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Demo gegen Paragraph 219a in Berlin fordert: Weg mit dem "Werbeverbot" für Abtreibungen

Frauenrechte sind Menschenrechte, stellt diese Demonstrantin in Berlin klar.
Frauenrechte sind Menschenrechte, stellt diese Demonstrantin in Berlin klar.Bild: watson/getty images
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Weg mit dem Informationsverbot für Abtreibungen – fordert diese Demo in Berlin

26.01.2019, 16:5726.01.2019, 17:34
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"Es ist absolut absurd, dass wir hier auf der Straße stehen, im Jahr 2019", ruft Annalena Baerbock von einer kleinen Bühne vor der Volksbühne in Berlin-Mitte. Die Grünen-Vorsitzende demonstriert mit Hunderten anderen gegen den Paragraphen 219a im Strafgesetzbuch. Den Paragraphen, der seit Monaten nicht nur für Proteste, sondern auch für einen Streit in der Regierungskoalition sorgt.

Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock.
Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock.Bild: felix huesmann/watson

Der Paragraph stellt die "Werbung" für Schwangerschaftsabbrüche unter Strafe. "Werbung" deshalb in Anführungszeichen, weil damit nicht in erster Linie TV-Spots oder Werbeplakate gemeint sind, sondern auch die Information von Frauenärztinnen und -ärzten darüber, dass sie Abtreibungen durchführen. Kritiker des Paragraphen sprechen deshalb stattdessen von einem Informationsverbot, das Frauen wichtige Infos vorenthält.

Öffentliche Aufmerksamkeit hat der Paragraph vor allem dadurch bekommen, dass die Frauenärztin Kristina Hänel dafür angeklagt und verurteilt wurde, dass sie auf ihrer Website über Schwangerschaftsabbrüche informiert hat. Seitdem spaltet das Thema die Koalition in Berlin: Die CDU will am "Werbeverbot" festhalten, Teile der Union sind traditionell komplett gegen Abtreibungen. Die SPD will den Paragraphen eigentlich abschaffen – aber auch den Koalitionsfrieden wahren.

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Bild: felix huesmann/watson

Letztendlich einigte sich die Koalition auf einen Kompromiss. Die Bundesärztekammer und die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung sollen Schwangere künftig mit Infos versorgen. Doch auch weiterhin soll die Information von Ärztinnen und Ärzten über von ihnen durchgeführte Abtreibungen strafbar bleiben. Für die Demonstranten, die am Samstagmittag in Berlin und rund 30 anderen deutschen Städten gegen den Paragraphen auf die Straße gehen, ist dieser Kompromiss deshalb wertlos.

In Berlin waren es wenige Hundert, die auf die Straße gegangen sind. Bundesweit gab es Proteste in rund 30 Städten.
In Berlin waren es wenige Hundert, die auf die Straße gegangen sind. Bundesweit gab es Proteste in rund 30 Städten.Bild: felix huesmann/watson

Eigentlich gibt es eine Mehrheit gegen Paragraph 219a

Um zu erklären, warum sie es so absurd findet, für dieses Anliegen auf der Straße zu stehen, zitiert Annalena Baerbock ein Plakat, das eine ältere Dame auf einer Demonstration in Polen hochgehalten habe. Darauf habe gestanden:

"I can't believe, that I still have to fight this fucking shit!"
Auf deutsch: "Ich kann nicht glauben, dass ich immer noch gegen diesen verdammten Scheiß kämpfen muss."
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Bild: felix huesmann/watson

Abtreibung, das ist die klare Message der Berliner Kundgebung, sei Frauen- und Menschenrecht. "Es ist doch absurd, dass wir in einer Zeit wie heute dafür kämpfen müssen, dass wir keinen Rollback beim Feminismus und bei den Frauenrechten haben", ruft Baerbock weiter.

Die "Absurdität" der Proteste wird auch bei einem Blick auf die politischen Mehrheiten in der Debatte um den Paragraphen 219a deutlich: Die SPD will ihn (eigentlich) abschaffen. Die Grünen wollen das, die Linke und auch die FDP. Vertreterinnen all dieser Parteien sprechen am diesem Samstag auf der Berliner Kundgebung. Einzig CDU und AfD stellen sich gegen die Abschaffung des ungeliebten Paragraphen. 

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Bild: felix huesmann/watson

Das Problem ist größer, als der Paragraph

Auf der Kundgebung sprechen sich jedoch nicht nur Politikerinnen gegen das "Werbeverbot aus", sondern auch Aktivistinnen, Medizinstudentinnen und Ärztinnen. Darunter auch Alicia Baier, von den "Medical Students For Choice". Sie beginnt ihre Rede damit, die Genfer Deklaration des Weltärztebundes vorzulesen. Die Deklaration ist Teil der Berufsordnung aller Ärzte in Deutschland. 

Darin heißt es:

"Als Mitglied der ärztlichen Professiongelobe ich feierlich, mein Leben in den Dienst der Menschlichkeit zu stellen.
Die Gesundheit und das Wohlergehen meiner Patientin oder meines Patienten werden mein oberstes Anliegen sein. Ich werde die Autonomie und die Würde meiner Patientin oder meines Patienten respektieren."
Alicia Baier von den "Medical Students For Choice".
Alicia Baier von den "Medical Students For Choice".Bild: felix huesmann/watson

"Wie aber sollen wir einhalten können, was wir hier versprechen", fragt die Ärztin.

"Wie sollen wir unsere Patientinnen vernünftig zu Schwangerschaftsabbrüchen aufklären, ohne von christlichen FundamentalistInnen angezeigt zu werden?"

Tatsächlich haben es sich selbsternannte christliche "Lebensschützer" zur Aufgabe gemacht, Ärztinnen wie Kristina Hänel anzuzeigen. Über einen dieser Anzeige-freudigen Abtreibungsgegner hatte das Portal BuzzFeed News intensiv berichtet. Das Werbeverbot hindere sie daran, Patientinnen überhaupt mitzuteilen, dass sie ihre Ansprechpartnerinnen sind, sagt Alicia Baier.

"My pussy, my choice."
"My pussy, my choice."Bild: felix huesmann/watson

Baiers Kritik zielt nicht nur auf den Paragraphen 219a: Schon im Studium werde keine gute Ausbildung zum Thema Schwangerschaftsabbruch garantiert. Die "Auswüchse der Anti-Choice-Bewegung" reichten bis in die Universitäten hinein. 

An der Berliner Uniklinik Charité etwa sind Schwangerschaftsabbrüche kein Teil des Medizinstudiums. Studierende, die trotzdem lernen wollen, wie eine Abtreibung funktioniert, üben den chirurgischen Eingriff in freiwilligen Arbeitsgruppen. Das Übungs-Objekt: Papayas. Organisiert werden diese Workshops von Alice Baiers Gruppe "Medical Students For Choice"

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Für Alicia Baier ist diese Frucht ein Symbol für einen gesellschaftlichen Missstand. Bild: iStockphoto/getty images

Sie findet: Schwangerschaftsabbrüche gehören für angehende Frauenärzte genauso auf den Lehrplan, wie Ultraschallbilder oder Kaiserschnitte. Stattdessen sei die Papaya in Deutschland zu einem Symbol "für den Kampf um einen sicheren Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen geworden". Das klingt in der Tat nach einem absurden Zustand.

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