Der russische Oppositionspolitiker Alexej Nawalny musste vergangene Woche in einer Strafkolonie sein Leben lassen. Als einer der bekanntesten Kreml-Kritiker galt er schon lange dem Tode geweiht. Bei den wenigen Videoaufnahmen, die von dem Mann an die Öffentlichkeit gerieten, wirkte er zuletzt abgemagert und blass. Sein Anwalt sowie Nawalnys Familie und Anhänger:innen kritisierten die grausamen Haftbedingungen scharf.
Am 16. Februar gab der Bundesstrafvollzugsdienst für den Bezirk Jamal-Nenzen dann den Tod von Nawalny in der Kolonie bekannt. Nur drei Tage nach Bekanntwerden des Todes unterzeichnete der Kreml-Machthaber ein Dokument, das mehreren Akteuren des russischen Strafvollzugsdienstes neue Titel verleiht.
Für Personen, die den Kritiker von Präsident Wladimir Putin unterstützen, ist klar: Der russische Machthaber steckt hinter dem Tod Nawalnys. Nicht nur die Witwe des Verstorbenen, auch die EU sowie die Nato machen den Kreml – konkret Putin – für den Tod verantwortlich. Sie glauben die Version Russlands, wonach ernsthafte Wiederbelebungsmaßnahmen stattgefunden hätten, nicht.
Putin selbst hüllt sich in Schweigen, Trauerveranstaltungen wurden in Russland teilweise verhindert, es gab über hundert Festnahmen. Einige Putin-Propagandist:innen machen jedoch Andeutungen in Richtung einer Beteiligung des Westens.
Nach Bekanntwerden des Todes setze der Kreml-Machthaber seine Unterschrift für die Bewilligung neuer Titel für mehrere Akteure des russischen Strafvollzugsdienstes. Am 19. Februar unterzeichnete er das Dekret, wonach etwa Valery Boyarinew einen Sonderrang erhielt. Boyarinew ist der erste stellvertretende Leiter des Bundesstrafvollzugsdienstes und wurde demnach Generaloberst, wie das russische Exilmedium "Meduza" berichtet.
Drei Tage nach dem offiziellen Tod Nawalnys.
Brisant: Bojarinew gab in der Vergangenheit persönlich den Befehl, die Rechte von Alexej Nawalny einzuschränken, wie "istories.media" und "Meduza" berichten. Demnach wurde bei einer Gerichtsanhörung im Juli 2023 bekannt, dass Bojarinew an das IK-6 in der Region, wo der Politiker damals festgehalten wurde, einen Befehl erteilte: die Geldmenge zu begrenzen, mit der Nawalny in der Haft Lebensmittel kaufen konnte.
Valery Boyarinew ist seit Juli 2022 der erste stellvertretende Leiter des Bundesstrafvollzugsdienstes. Zuvor war er seit 2015 stellvertretender Leiter des Bundesstrafvollzugsdienstes und leitete bis dahin die FSIN-Abteilung für die Organisation der Aktivitäten von Gefängnissen und Untersuchungshaftanstalten in Russland.
Der zeitliche Zusammenhang zwischen dem Tod Nawalnys und dem neuen Sonderrang ist auffällig. Dass es tatsächlich eine Korrelation gibt, ist nicht bestätigt und lässt sich aktuell nicht unabhängig überprüfen.
Durch denselben Erlass Putins erhielten laut der Veröffentlichung des Dekrets auf der Webseite der Regierung der Russischen Föderation auch andere Vertreter der Führung des Strafvollzugsdienstes neue Titel:
Sowohl Nawalnys Familie, als auch die EU und die Nato fordern eine rasche Aufklärung über die Todesumstände Alexej Nawalnys. Noch wurde Nawalnys Leiche nicht freigegeben. Offiziell, um sie zu untersuchen. "Die Ermittler haben den Anwälten und der Mutter von Alexej gesagt, dass sie die Leiche nicht herausgeben", schrieb Nawalnys Sprecherin Kira Jarmysch am Montag auf X (vormals Twitter). Als Grund seien "chemische Untersuchungen" genannt worden, die am Toten vorgenommen werden sollen.