Russland habe eine erste Serie an Poseidon-Torpedos produziert, berichteten russische Staatsmedien diese Woche und bezogen sich dabei auf eine dem russischen Militär nahestehende Quelle. Die Unterwasserwaffen, die radioaktive, Tsunami-ähnliche Wellen erzeugen sollen, würden bald zum U-Boot Belgorod geschickt werden. Belgorod ist das weltweit größte U-Boot und der erste Träger nuklearer Unterwasser-Torpedos.
Auf diesem seien Abschusstests mit Poseidon-Attrappen abgeschlossen worden, berichtete die staatliche russische Nachrichtenagentur "TASS" bereits letzte Woche. Ziel der Tests sei gewesen, "den Betrieb des Poseidon-Startsystems zu überprüfen". Das sei gelungen. Man habe dafür Poseidon-Attrappen in verschiedenen Tiefen ausgesetzt.
Das U-Boot wurde der Marine bereits im vergangenen Juli für experimentelle Einsätze der Nordflotte übergeben. Noch im Bau befindet sich das U-Boot Chabarowsk, welches schlussendlich als feste Trägerplattform für die Poseidon-Waffen fungieren soll.
Nach den Wurftests hieß es diese Woche, dass damit auch die Tests der wichtigsten Waffenkomponenten der Poseidon-Waffe abgeschlossen seien. Dabei sei auch die Kernkrafteinheit, welche den Torpedo mit einer eigenen Energiequelle versorge, geprüft worden.
An den nuklearen Torpedos wird in Russland schon seit Jahren getüftelt. Erste Bilder der Poseidon-Waffe wurden bereits 2015 geleakt, offiziell bestätigt wurde der Bau der Waffe allerdings erst drei Jahre später durch Kreml-Chef Putin.
In seiner Ankündigungsrede 2018 betonte Putin, dass keine Waffe existiere, welche den nuklearen Torpedo stoppen oder zerstören könne:
Die Waffe wurde vor allem für Angriffe auf Flugzeugträger und Landanlagen konzipiert. Nach russischen Angaben kann der unbemannte Torpedo auf bis zu 1000 Meter abtauchen und Tausende Kilometer mit einer Geschwindigkeit von 200 km/h zurücklegen. Diese Aussage wird allerdings von diversen Expertinnen und Experten angezweifelt.
Die Nuklearsprengköpfe können eine Sprengkraft von bis zu 100 Megatonnen erreichen. Zum Vergleich: Die Atombombe, welche von den USA über Hiroshima abgeworfen wurde, hatte eine Sprengkraft zwischen 12 und 16 Kilotonnen.
Die Sprengkraft des Poseidon-Torpedos könnte den Ozean und die Küsten eines Kontinents über Jahrzehnte hinweg verstrahlen und unbewohnbar machen. "The Insider" betitelte Poseidon nach Putins Ankündigung als eine der unmenschlichsten und furchterregendsten Atomwaffen, die jemals entwickelt worden seien.
Atom-Experte Stephen Schwartz erklärte dem Magazin damals, dass Atomwaffen nur dann signifikante Mengen an radioaktivem Atomstaub erzeugen würden, wenn sie in, nahe oder unter der Erde gezündet würden. Denn bei diesen Arten von Atomexplosionen würde Erde oder Wasser aufgesaugt, mit den Trümmern der Bombe kontaminiert und dann in die Atmosphäre geschleudert werden. Dadurch könne der tödliche, radioaktive Atomstaub über Tausende von Kilometern verstreut werden, so Schwartz weiter. Wird die Poseidon-Waffe nicht in zu tiefem Wasser gezündet, kann sie genau diesen Effekt erreichen. Zudem ist sie auch in der Lage, eine Tsunami-Welle auszulösen.
Genau damit wurde im russischen Fernsehen bereits letztes Jahr geprahlt:
Die große Frage, die sich nun stellt: Wann wären die Poseidon-Torpedos bereit für einen Einsatz?
Moskau lässt schon seit Jahren immer wieder Informationen zum Entwicklungsstand von Poseidon durchsickern. Das Projekt lebe hauptsächlich von aller Unsicherheit und Spekulation, sagt Ina Holst-Pedersen Kvam, Forscherin an der Norwegischen Marine-Akademie zu "The Barents Observer". Die Poseidon sei hauptsächlich eine psychologische Waffe. Um aber ein Urteil über den tatsächlichen Entwicklungsstand der Waffe zu fällen, sei es noch zu früh, so die Forscherin.
Dass die Tests mit U-Boot Belogrod nur mit Poseidon-Attrappen durchgeführt worden seien, sei aus russischer Sicht schon sinnvoll gewesen, findet Holst-Pedersen Kvam. Auch wenn die technischen Fähigkeiten der Belgorod schon genügend ausgereift gewesen wären, hätten die russischen Streitkräfte die verfügbaren Prototypen möglicherweise noch aufbewahren wollen.
Ein Test mit scharfer Munition werde dann wahrscheinlich zu einem Zeitpunkt stattfinden, an dem die potenzielle Abschreckungswirkung am dringendsten benötigt werde. Ohne solche Tests sei es aber nicht möglich, das volle Schadenspotenzial des Nuklear-Torpedos zu beurteilen.
Die Poseidon-Waffe dürfte so bald aber noch nicht einsatzfähig sein. Erste Lieferungen seien frühestens für 2027 geplant. Daran zweifelt Holst-Pedersen Kvam allerdings und dürfte Putin mit ihrer Einschätzung verärgern: