Die russische Rakete ist vor dem Gebäude in der ostukrainischen Stadt Kramatorsk eingeschlagen – allerdings stand es offenbar leer.Bild: AP / Evgeniy Maloletka
Russland
Der Stachel nach dem ukrainischen Angriff bei Makijiwka sitzt bei den Russen tief. So tief, dass sie in der Nacht auf Sonntag einen tödlichen Vergeltungsschlag ausgeübt haben. Zumindest behaupten sie das.
"600 tote ukrainische Soldaten"
Über 600 Ukrainer seien bei einem massiven Raketenangriff Russlands in der Ostukraine gestorben, lässt das russische Verteidigungsministerium am Sonntag verlauten. Im Visier hätten zwei provisorische Stützpunkte in Kramatorsk gestanden, welche zuvor vom russischen Geheimdienst entdeckt worden seien.
"Infolge eines massiven Raketenangriffs auf diese provisorischen Stützpunkte der ukrainischen Armee wurden mehr als 600 ukrainische Soldaten vernichtet."
Konkret sollen sich 700 Soldaten in Schlafsaal Nummer 28 und 600 Soldaten in Schlafsaal Nummer 47 aufgehalten haben. Fast die Hälfte all dieser Soldaten soll beim Angriff auf die zwei Gebäude getötet worden sein.
Dabei soll es sich um einen Vergeltungsschlag gehandelt haben, so das russische Verteidigungsministerium. Ein Vergeltungsschlag für den ukrainischen Angriff in der Neujahrsnacht.
Vergeltung für Makijiwka
In der Nacht auf den 1. Januar beschoss die Ukraine ein Gebäude in der besetzten Stadt Makijiwka. Dabei sollen laut ukrainischen Angaben etwa 400 russische Soldaten gestorben sein. Russland selbst bezifferte die Toten auf 89. Die Angaben können noch immer nicht unabhängig geprüft werden. Dennoch: Russlands Angaben sind zwar um ein Vielfaches kleiner, es handelt sich aber noch immer um einen der größten Verluste in einem einzigen Kriegsereignis seit Beginn des Angriffskrieges.
Wie vernichtend dieser ukrainische Schlag war, zeigen Bilder des Gebäudes:
Das Gebäude, in dem sich die russischen Soldaten aufgehalten haben, wurde dem Erdboden gleichgemacht.Bild: AP / Uncredited
Nun hat Russland sich dafür gerächt. Zumindest behaupten sie das. Denn: Ähnliche Bilder, die den Erfolg ihres Angriffes belegen würden, sucht man vergebens.
Intakte Gebäude
Viel eher findet man Bilder, die Russlands Lügen entlarven. Denn die von Russland genannten Gebäude in Kramatorsk gibt es durchaus. Doch das Problem aus Russlands Sicht: Sie stehen noch immer.
Es ist aber nicht so, als hätten sie es nicht versucht. Wie der italienische Journalist Daniele Raineri auf Twitter schreibt, weise ein Krater im Boden auf einen russischen Angriff hin. Dieser befinde sich neben Schlafsaal Nummer 28, habe aber keines der umliegenden Gebäude berührt.
Ein ähnliches Bild bietet sich bei Schlafsaal Nummer 47. Vor dem Gebäude befindet sich ein großer Krater. Abgesehen von zerborstenen Fenstern ist das Gebäude aber weitestgehend unbeschädigt geblieben.
Hinweise darauf, dass sich in den Gebäuden überhaupt ukrainische Soldaten aufgehalten haben sollen, gibt es übrigens keine.
"Ein normaler Tag"
Dass sich der Angriff Russlands nicht wie behauptet abgespielt haben kann, verdeutlichen auch Aussagen der Bewohner Kramatorsks. Ihre Häuser hätten in der Nacht gewackelt, berichten sie gegenüber "Reuters". In der Nähe der Ostfront sei dies aber nichts Außergewöhnliches.
Im Gegenteil. Für sie ist der Krieg erschreckend normaler Alltag geworden:
"Es gab eine Explosion und dann noch eine weitere. Die Fenster zitterten ... Wirklich, mehr gibt es nicht zu sagen. Ein ganz normaler Tag."
Kramatorsks Bürgermeister Oleksandr Honcharenko bestätigt, dass seine Stadt beschossen worden sei. Dabei seien zwei Bildungseinrichtungen und acht Wohnhäuser und Garagen beschädigt worden, gestorben sei dabei aber niemand.
Auch ein Sprecher der ukrainischen Streitkräfte dementiert laut "Al Jazeera" den russischen Vergeltungsschlag. Für die russische Behauptung hat er nur ein müdes Lächeln übrig: "Diese Informationen sind etwa so wahr, wie diejenigen, wonach alle unsere HIMARS zerstört worden seien."
(saw/watson.ch)
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