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Russland: Marode Schattenflotte von Wladimir Putin verschmutzt Meere mit Öl

Cargo Insurance Costs Soar A cargo ship is seen near Lisbon, Portugal, on October 12, 2024. Russian missile strikes on Ukrainian ports this week kill at least 10 people and damage three cargo ships, r ...
Russlands Schattenflotte ist auf den Meeren weltweit unterwegs. (Symbolbild)Bild: imago images / NurPhoto
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Putin investiert in Schattenflotte: Schrott-Tanker vergiften Meere mit Öl

17.10.2024, 16:26
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Ölteppiche, marode Tanker und Undercover-Aktionen: Wladimir Putins Schattenflotte liefert Öl aus Russland inkognito an seine Abnehmer. Der russische Machthaber hat Milliarden in alte Schiffe investiert, um internationale Sanktionen zu umgehen.

Nicht nur, dass russisches Öl so über Umwege auf den Weltmarkt gelangt und die Sanktionen wenig effektiv sind. Eine aktuell veröffentlichte Recherche zeigt auch, dass die sogenannten Schattenflotten eine ernsthafte Gefahr für die Umwelt sowie für andere Schiffe darstellen.

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"Schattenflotte" von Wladimir Putin: Bilder zeigen massive Ölspur

Im März dieses Jahres entdeckten britische Küstenwächter rund 100 Kilometer vor der schottischen Küste etwas Ungewöhnliches: Ein dunkler Ölteppich zog sich 23 Kilometer weit in den Nordatlantik. Eine interne Analyse der Küstenwache, die "Politico" vorlag, vermutete die Quelle des Öls in dem Tanker mit dem Namen Innova. Ganz so innovativ, wie der Name es vermuten lassen könnte, ist er aber nicht.

Das Schiff, etwa so groß wie der Eiffelturm, transportierte zu diesem Zeitpunkt etwa 160 Millionen Liter sanktioniertes Öl aus Russland nach Indien. Satellitenbilder vom 12. März – sechs Tage nach ihrer Abfahrt aus dem russischen Hafen Murmansk – zeigen eine lange schwarze Spur auf der Wasseroberfläche.

Trotz der Entdeckung unternahm die Küstenwache laut "Politico" keine weiteren Untersuchungen. Der Tanker bleibt bis heute – über zwei Jahre nach Beginn des Ukraine-Konflikts – im Einsatz und unterstützt indirekt die russische Kriegskasse.

Die Innova ist nur eines von vielen Schiffen der sogenannten "Schattenflotte". Diese besteht aus alten, oft schlecht gewarteten Tankern, die trotz westlicher Sanktionen weiterhin Öl transportieren.

Laut einer gemeinsamen Recherche von "Politico" und der Non-Profit-Journalismus-Organisation SourceMateria wurden seit 2021 mindestens neun Fälle von Ölverschmutzungen durch diese Schiffe festgestellt. Grundlage der Analyse waren Satellitenbilder der NGO SkyTruth sowie Daten von Lloyd's List und der Rohstoffplattform Kpler.

Die schwedische Außenministerin Maria Malmer Stenergard bezeichnete die Schiffe gegenüber "Politico" als "erhebliche Gefahr für die Meeresumwelt".

Russland umgeht mit den Geister-Tankern westliche Sanktionen

Seit die westlichen Länder 2022 russische Sanktionen gegen Öl verhängten, versuchte Russland, die Exportverluste zu kompensieren. Über 600 Schiffe gehören mittlerweile zu seiner Schattenflotte.

Diese agieren zunehmend unreguliert und häufig ohne Versicherung. Dies birgt erhebliche Risiken: Sollte es zu einem Leck oder einer schwerwiegenderen Verschmutzung kommen, sind die betroffenen Staaten kaum in der Lage, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen.

"Der Ölteppich und die Gefahr von Verschmutzungen sind entsetzlich", sagte Isaac Levi, Experte für die Schattenflotte beim Center for Research on Energy and Clean Air (CREA) zu "Politico". "Neben dem Umweltschaden, von dem ein Teil irreversibel ist, tragen die Küstenstaaten die Kosten der Säuberung". Er fügte hinzu: "Es ist eine tickende Zeitbombe."

Ursprünglich sollten die Sanktionen die russischen Einnahmen aus Ölverkäufen senken. Doch Russland fand kreative Möglichkeiten, die Sanktionen zu umgehen. Durch Umdeklarierung des Rohöls und den Einsatz der Schattenflotte, deren Eigentümer oft durch Briefkastenfirmen verschleiert werden, werden die Maßnahmen unterlaufen.

Bis zu 80 Prozent des russischen Rohöls werde heute von Schiffen transportiert, die außerhalb westlicher Kontrolle operieren.

Tanker sind nicht versichert und gefährlich

Diese unregulierten Tanker stellen auch ein Sicherheitsproblem dar. Laut Lloyd's List sind diese Schiffe, die meist älter als 15 Jahre sind und keine Versicherung haben, als "hochriskant" eingestuft. Technische Probleme könnten ihre Steuerung und Seetauglichkeit beeinträchtigen.

ARCHIV - 29.10.2021, Russland, Prigorodnoye: Der Tanker Sun Arrows entlädt seiner Ladung mit verflüssigtem Erdgas aus dem Sachalin-2-Projekt im Hafen von Prigorodnoye. Die Lieferungen von russischem F ...
Der Tanker Sun Arrows im Hafen von Prigorodnoye (Symbolbild).Bild: AP / Uncredited

Zudem stellen die Tanker eine potenzielle Bedrohung für wichtige Handelsrouten dar, wie die Durchfahrten durch das Rote Meer und den Panamakanal. Jeder Unfall könnte die internationalen Handelsströme laut der Recherche erheblich beeinträchtigen.

Ein Vorfall im Juli verdeutlichte die Risiken: Ein russischer Tanker der Schattenflotte kollidierte in malaysischen Gewässern mit einem anderen Schiff, beide fingen Feuer.

Putins Schattenflotte ist eine weltweit unterschätzte Bedrohung

Die Routen der Schattenflotte zeigen, dass die Schiffe weltweit unterwegs sind: von der US-Westküste über das Mittelmeer bis hin zur chinesischen Küste. Diese weite Verbreitung zeigt laut "Politico", wie groß die Herausforderung ist, gegen diese unregulierten Transporte vorzugehen. Besonders akut ist das Problem demnach in Europa, da viele dieser Schiffe nach Verlassen russischer Häfen durch EU-Gewässer fahren.

Die mangelnde Untersuchung solcher Fälle führt zu Frustration, auch auf politischer Ebene. Ein EU-Diplomat, der anonym bleiben wollte, kritisierte bei "Politico": "Küstenländer wie Italien und das Vereinigte Königreich haben die Verantwortung, verstärkt gegen Schiffe vorzugehen, die in Verbindung mit Russland stehen."

Die Erkenntnisse über die Schattenflotte haben die Forderungen nach strikteren Maßnahmen lauter werden lassen. "Die Verstöße sind offensichtlich empörend", so der EU-Diplomat. Schweden, das Vereinigte Königreich und Italien unterstützen die Forderung, Schiffe wie die Innova und die Aruna Gulcay, die ebenfalls in einem ähnlichen Vorfall verwickelt war, in das nächste Sanktionspaket der EU aufzunehmen.

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