Wer hat sie nicht? Die Angst, von der Rente im Alter kaum über die Runden zu kommen. Nicht umsonst brodelt es aktuell in der Diskussion um die Rentenreform.
Das Rentenpaket II soll noch in diesem Jahr verabschiedet werden. Das Ziel: das Rentenniveau langfristig zu stabilisieren. Ob dies der Fall ist und wie das zu bewerkstelligen ist, darüber ist man sich allerdings nicht einig.
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hat vor einem Ärmer-Werden künftiger Rentner:innen im Fall eines Scheiterns der geplanten Ampel-Rentenreform gewarnt. "Wenn wir jetzt nichts machen, werden künftige Rentner ärmer im Verhältnis zur arbeitenden Bevölkerung", sagte Heil anlässlich einer Bundestagsanhörung in Berlin. Dies wolle die Ampel verhindern.
Allerdings gibt es auch schwere Kritik an dem Reform-Plan von Heil und Finanzminister Christian Lindner (FDP). Die Beiträge und Steuerzuschüsse würden aus Sicht der Kritiker:innen zu stark steigen. Die Ampel mache eine Politik gegen junge Leute.
Jens Teutrine, FDP-Sozialpolitiker und Chef der Jungen Gruppe der FDP-Bundestagsfraktion, nennt das Rentenpaket "ungerecht und kurzsichtig". Und auch die FDP-Politikerin Ria Schröder äußert auf Anfrage von watson Kritik.
Das Hauptziel des Vorhabens ist eine Verlängerung der Festlegung des Rentenniveaus auf 48 Prozent. Das Rentenniveau zeigt an, wie hoch die Standardrente im Verhältnis zum Durchschnittseinkommen ist.
Während die SPD und die Grünen ihre ablehnende Haltung zur Nutzung von Rentenbeiträgen für den Kapitalmarkt beibehalten, drängt die FDP auf eine Reform mit klarer Aktienorientierung. Auch eine Expertenanhörung Anfang der Woche konnte die verhärteten Fronten nicht aufbrechen.
Insbesondere die jüngeren Abgeordneten der FDP drängen auf eine stärkere Einbeziehung des Kapitalmarkts zur Stabilisierung der Rente. Sie fordern, dass ein Teil der Rentenbeiträge in Aktien investiert wird, um langfristig die Renten zu sichern. Jens Teutrine betonte im Gespräch mit dem "RND" die Vorteile dieses Ansatzes:
Teutrine betonte weiter, dass die FDP keine Blockadepolitik betreibe, sondern ein "besseres Gesetz hin zu einer echten Aktienrente" anstrebe. Für ihn sei das Risiko in Zeiten des demografischen Wandels nicht das Sparen durch Aktien, sondern die Verweigerung, den Kapitalmarkt zu nutzen.
Er stellt klar: Das Rentenpaket sei "teuer, ungerecht und kurzsichtig". Wer 47 Jahre und älter ist, profitiere von der Reform – wer 46 oder jünger ist, werde benachteiligt.
Auch die junge Bundestagsabgeordnete der FDP, Ria Schröder, vertritt diese Meinung: "Wenn mit dem Rentenpaket alle unter 26 Jahren verlieren, weil die höheren Beiträge ihre zusätzlichen Rentenansprüche übersteigen, dann müssen wir jungen Abgeordneten unser Veto einlegen", sagt sie auf Anfrage von watson. Es brauche dringend Nachbesserungen, "damit das Rentensystem nachhaltig generationengerecht reformiert wird".
Eine Obergrenze für die Rentenbeiträge ist in dem Rentenpaket zwar vorgesehen, wird jedoch voraussichtlich nicht eingehalten werden können. Die Folge: steigende Beiträge zur Finanzierung. Die Leidtragenden dürften dann Menschen aus der jüngeren Generation sein.
Geplant ist, dass die Erträge aus dem sogenannten Generationenkapital diese Belastungen abfedern sollen. Ursprünglich hatte die Bundesregierung vorgesehen, jährlich 12 Milliarden Euro aus Bundesmitteln am Aktienmarkt zu investieren, finanziert durch Schulden. Doch die Deutsche Rentenversicherung sieht darin nur eine "geringfügige Entlastung".
Die aktuelle Diskussion droht, die Verhandlungen weiter zu erschweren. "Wir wollen nicht, dass Rentenbeiträge der Versicherten an den Aktienmarkt gehen", heißt es etwa aus Kreisen der SPD-Fraktion.
In der Expertenanhörung zu Beginn der Woche äußerten sich verschiedene Fachleute skeptisch zu den Plänen der Regierung. Der Wirtschaftswissenschaftler Axel Börsch-Supan warnte, dass die langfristige Sicherung des Rentenniveaus auf 48 Prozent kaum finanzierbar sei.
Auch der Bundesrechnungshof meldete Bedenken an und verwies auf die "enormen Kosten", die durch die Sicherung des aktuellen Niveaus entstehen würden.
Wann das neue Rentenpaket tatsächlich beschlossen wird, ist weiterhin unklar. Innerhalb der SPD-Bundestagsfraktion geht man jedoch davon aus, dass eine Entscheidung in dieser Woche nicht mehr möglich ist.