In Moskau trafen sich der US-Moderator Tucker Carlson und der russische Präsident Wladimir Putin zum Interview.Bild: REUTERS / SPUTNIK
Russland
Gespannt blickte die Welt in der Nacht von Donnerstag auf Freitag nach Moskau. Zwei Tage lang hatte der umstrittene US-Moderator Tucker Carlson sein Interview mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin angepriesen. Dafür ist er extra nach Moskau gereist.
Wie erwartet, gibt es in dem Gespräch kaum kritische Nachfragen vonseiten des Moderators. Stattdessen beginnt das zweistündige Interview mit einer halben Stunde Geschichtsunterricht mit dem Kreml-Machthaber. Von Prinz Rjurik über Jaroslaw den Weisen, Hitler und Stalin: Putins Begründungen für den Einmarsch in die Ukraine liegen teils weit in der Vergangenheit.
Und Tucker hört zu, hinterfragt die Behauptungen kaum. Ein Setting, in dem sich der russische Präsident sichtbar wohlfühlt. Ob das Gespräch tatsächlich als Interview bezeichnet werden kann, ist wohl fraglich.
Russland und der Ukraine-Krieg: Putin bietet Gespräche mit dem Westen an
Zu Beginn des am Donnerstagabend (Ortszeit) veröffentlichten Gesprächs ist es jedoch Putin, der Carlson fragt, ob es eine echte Unterhaltung werden soll. Kurz darauf beginnt er den Geschichts-Monolog.
Der umstrittene US-Moderator Tucker Carlson beim Interview mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin.Bild: Reuters / SPUTNIK
Dann äußert er sich auch zum Krieg in der Ukraine, ohne diesen als Krieg zu benennen. Im Gespräch bezeichnet Putin eine Niederlage seines Landes in diesem Zusammenhang als "unmöglich". Das Interview mit Carlson nutzt Putin diesbezüglich für eine Botschaft an die USA: Die US-Regierung solle aufhören, der Ukraine Waffen zu liefern. Schließlich habe sie schon genug innenpolitische Probleme. "Wäre es nicht besser, mit Russland zu verhandeln?", sagt Putin in Richtung Washington.
Putin macht im Gespräch ein Angebot: Die Zeit für Gespräche sei gekommen, weil der Westen erkennen müsse, dass der Konflikt für ihn militärisch nicht zu gewinnen sei. Dass die Verhandlungsbereitschaft Moskaus in diesem Konflikt bisher eher einer einseitigen Forderung glich, war in dem Interview allerdings nicht Thema.
Auf Nachfrage Tucker Carlsons schließt Putin auch einen russischen Angriff auf Polen oder Lettland aus. "Warum sollten wir das tun? Wir haben einfach kein Interesse." Zudem widerspreche es dem "gesunden Menschenverstand", sich in einen globalen Krieg einzumischen. Man erinnere sich daran, dass Putin auch lange davon sprach, die Ukraine nicht angreifen zu wollen.
Wer Nord Stream gesprengt habe, fragt Carlson Putin. "Sicherlich ihr", sagt der Kreml-Machthaber und meint damit die USA. Beweise gibt es keine, dafür teilt er gegen Deutschland aus. Er verstehe nicht, warum die Bundesregierung deshalb nicht handle. Sein Urteil: "Das sind höchst inkompetente Leute." Auch hier hielt sich der Moderator mit den kritischen Nachfragen zurück.
Im Jahr 2022 wurden Anschläge auf die Nord-Stream-Pipelines verübt.Bild: Swedish Coast Guard/AP / Uncredited
Das unkritische Auftreten Carlsons war wohl ein Grund, warum der US-Moderator für ein öffentlichkeitswirksames Gespräch wie dieses ausgewählt worden war. Er selbst hatte behauptet, kein anderer westlicher Journalist habe versucht, mit Putin zu sprechen. Das widerlegen mehrere Journalist:innen. Und selbst der Kreml widerspricht.
Kreml-Sprecher Dimitri Peskow stellte im Vorfeld klar, dass es zahlreiche Interviewanfragen gebe. Doch nur Tucker Carlson wurde angenommen, Interviews mit westlichen Medien gab es schon lange keine mehr. Da stellt sich die Frage nach dem Warum.
Vonseiten des Kremls heißt es, dass der ehemalige Fox-News-Moderator einen anderen "Zugang" habe und nicht einseitig und voreingenommen berichte. Damit ist wohl gemeint, dass Carlson eher russlandfreundlich berichtet und in der Vergangenheit des Öfteren Kreml-Behauptungen übernommen hat. Zudem gilt er als Vertrauter des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump, der sich bei den Präsidentschaftswahlen in diesem Jahr einen Sieg erhofft.
Das alles sind mögliche Vorteile für Putin, die er bei kritischen Journalist:innen wohl nicht gesehen hat.
Russland: Wladimir Putin führt den Moderator Tucker Carlson im Interview vor
Am Abend vor der Publikation nannte die frühere US-Außenministerin Hillary Clinton Tucker Carlson einen "nützlichen Idioten". Es gebe für den russischen Präsidenten keinen Grund, nicht mit dem Moderator zu sprechen, da kein ernsthaftes Interview zu erwarten sei.
Wladimir Putin führt den Moderator Tucker Carlson im Interview vor.Bild: Pool Sputnik Kremlin/AP / Gavriil Grigorov
Der Russland-Experte Janis Kluge von der Stiftung Wissenschaft und Politik fällt ein ebenso hartes Urteil nach Ausstrahlung des Interviews. Er schreibt auf X, dass Putin zwar seine Chance nicht genutzt habe, US-amerikanisches Publikum zu beeinflussen. Doch der Kreml-Machthaber habe den Russ:innen Carlson als "naiven Amerikaner" vorgeführt.
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Carlson gilt in den USA als rechter Agitator. Immer wieder hat er Falschmeldungen und Verschwörungserzählungen verbreitet, auch in seiner Abendsendung auf Fox News. Vergangenes Jahr wurde er bei dem Sender entlassen. Seitdem vermarktet er sich und seine Inhalte selbst auf einer Homepage und auf X.
Tucker Carlson hat mit dem Putin-Interview aber nach langer Zeit zumindest einen Erfolg eingefahren: Immerhin konnte er weltweit Schlagzeilen machen. Und Putin konnte sich bestens in Szene setzen. Und das zum perfekten Zeitpunkt. Denn im März stehen die Wahlen in Russland an. Auch sendete er eine Botschaft nach Washington D.C., wo sich die Republikaner gerade weiteren Ukraine-Hilfen querstellen.
Seit 1998 ist Melania Trump die Frau an Donald Trumps Seite. Die beiden lernten sich in einem New Yorker Club kennen, an einem Freitagabend während der Fashion Week, sieben Jahre später heirateten sie. "Ich war von seinem Charme und seiner Gelassenheit fasziniert", schreibt das slowenisch-amerikanische Ex-Model in ihrer Biografie "Melania" über ihren 24 Jahre älteren Mann.