Die USA befinden sich im Wahlkampf. Im November kommt es zum Duell zwischen Donald Trump und Kamala Harris, die gerade von den Demokraten als neue und jüngere Präsidentschaftskandidatin grünes Licht erhalten hat.
Die Wahlkampf-Teams beider Seiten wollen mit besonders kreativen Einfällen auf Social Media hervorstechen – nicht immer mit Erfolg. Vor allem der Content des Trump-Teams lassen User:innen oft erstaunt mit der Frage zurück, ob das alles noch ernst gemeint sein kann. Seiner loyalen Basis aber gefällt es oft.
Wie auch jetzt, als Trump sich entschied, einen Livestream mit dem kontroversen Social-Media-Star Adin Ross zu machen. Das Zusammentreffen wurde laut US-Medien auf der Livestreaming-Plattform Kick gehostet und hatte bis zu 580.000 Zuschauer:innen.
Trumps Gastgeber ist ein junger, weißer Mann mit Dreitagebart und einem frechen Grinsen. Eigentlich genau der Richtige für den ehemaligen Präsidenten, um die junge männliche Wählerschaft zu erreichen.
Adin Ross ist bei der männlichen Gen Z beliebt, aber kein unbeschriebenes Blatt.
Ross provoziert als Streamer gern und oft. Auf dem Höhepunkt seiner Popularität auf dem Livestream-Service Twitch hatte er mehr als sieben Millionen Follower:innen. Er gab unter anderem dem Influencer Andrew Tate eine Bühne, der derzeit in Rumänien wegen Vergewaltigung und Menschenhandel angeklagt ist.
Der bekannte Streamer wurde zudem wiederholt wegen rassistischer Verunglimpfungen von Twitch verbannt. Vergangenes Jahr flog er dann endgültig von der Plattform, nachdem er einen Chat-Stream angeboten hatte, in dem User:innen rassistische und antisemitische Inhalte äußerten.
Ross wechselte schließlich zu Kick, wo er seine Strategie fortsetzte und etwa den bekannten White Supremacist Nick Fuentes einlud. White Supremacy sind rassistische Ideologien, die auf der Annahme beruhen, dass Weiße mit europäischen Vorfahren anderen Menschen prinzipiell überlegen seien.
Mit solch einer Person geht Trump also live – und es wird bizarr.
"Heute wird der wichtigste Stream sein, den ich je gemacht habe", beginnt Ross die Liveübertragung. "Alle dachten, das wäre ein Fake", fügt er hinzu.
Dass kein kritisches und inhaltsvolles Interview folgt, wird schnell klar. Ross, der eine "Make America Great Again"-Mütze trägt, zeigt sich von Beginn an parteiisch. Ungefiltert kann sich Trump über alles und jeden auslassen, ohne kritische Einordnung.
Beide verstehen sich blendend. Trump lobt seinerseits Ross als einen "herausragenden" jungen Mann. Sein jüngster Sohn, Barron Trump, sei ein "großer Fan" von Ross.
An einer Stelle des Gesprächs überreicht Ross Trump eine sündhaft teure Rolex-Uhr. Kurz danach bringt der junge Streamer Fani Willis, die Staatsanwältin im US-Bundesstaat Georgia, zur Sprache. Sie hatte die Anklage gegen Trump wegen angeblicher Wahlbeeinflussung während der Präsidentschaftswahlen 2020 eingereicht.
"Ich habe einen Freund, der derzeit sehr unfair behandelt wird. Er ist ein Rapper namens Young Thug", sagt Ross während des Livestreams und bezieht sich auf das Gerichtsverfahren gegen den Rapper, an dem auch Willis beteiligt ist. "Ich habe mich gefragt, ob es einen Weg gibt, wie wir sicherstellen können, dass er fair behandelt wird?"
Zur Erinnerung: Trump hat offenbar ein großes Herz für Rapper, die Waffen lieben und dafür Gesetze brechen.
Am Ende seiner Amtszeit als US-Präsident im Jahr 2021 begnadigte Trump etwa den Rapper Lil Wayne, nachdem er sich des illegalen Waffenbesitzes schuldig bekannt hatte.
Trump aber antwortet auf das Anliegen von Ross lediglich: "Er muss fair behandelt werden".
Als sich der Videoausschnitt auf Social Media verbreitet, fragen sich viele User:innen, ob Ross versuchte, Trump zu bestechen, oder ob die Annahme eines so teuren Geschenks eine Art Verstoß gegen die Wahlkampffinanzierung darstelle.
Doch die Rolex-Uhr war erst der Anfang.
Am Ende der Liveübertragung überreicht Ross dem 78-Jährigen ein weiteres Geschenk: einen Tesla Cybertruck mit einer speziellen Verpackung. Das Fahrzeug ist in ein Bild von Trump eingewickelt, auf dem er seine Faust in die Höhe hält: das mittlerweile berühmte Foto des versuchten Mordanschlags auf Trump bei einer Veranstaltung in Pennsylvania.
Trump und Ross springen in das Auto und probieren das Soundsystem aus, während beide über den Tesla-CEO Elon Musk schwärmen. Dieser hat sich mittlerweile als ein ausgesprochener Trump-Anhänger entpuppt, Trump bezeichnet ihn im Stream als "Genie".
Trump und Ross lauschen den Klängen des bekannten Songs "California Dreamin'" von den Mamas and Papas und "God Only Knows" von den Beach Boys sowie Lieder von Elvis Presley und Michael Jackson, die Trump nach eigenen Angaben gut kannte.
Zum Abschluss tanzen die beiden in der Einfahrt zu "YMCA" von den Village People – einem Top-Song bei Trumps Kundgebungen. "Das ist der beste Song", sagt Trump.