Ukraine schützt sich mit Müll aus dem Meer vor russischen Drohnen
An der bretonischen Küste türmten sich bis vor Kurzem ausgediente Fischernetze – bisher ein Müllproblem, jetzt eine Waffe gegen russische Drohnen.
Die französische Hilfsorganisation Kernic Solidarités aus der Bretagne hat 280 Kilometer der gebrauchten Fischernetze an die Ukraine geschickt. Dort werden sie an der Front eingesetzt, um Soldat:innen und Zivilist:innen vor russischen Drohnenangriffen zu schützen.
"Über die letzten zwei Jahre hat sich der Krieg verändert. Früher dachten wir nicht einmal an Drohnen – jetzt ist es ein Drohnenkrieg", sagt Christian Abaziou, der bei Kernic Solidarités für die Logistik zuständig ist, gegenüber dem "Guardian".
Frankreich liefert robuste Netze in die Ukraine
Die robusten Netze, ursprünglich für den Fang von Seeteufeln im tiefen Atlantik hergestellt, sind stabil genug, um auch Drohnen zu stoppen. "Die Ukrainer haben uns gesagt, sie brauchen keine alten, nutzlosen Netze. Unsere bestehen aus Pferdehaar – sie sind stark genug, um die Propeller zu verfangen", erklärt Abaziou.
Zunächst hätten Ärzt:innen die Netze genutzt, um medizinische Lager zu sichern. "Heute werden sie auf Straßen, Brücken und an den Eingängen von Krankenhäusern gespannt", erklärt Abaziou weiter. "Es ist erstaunlich, dass etwas so Einfaches so gut funktioniert."
Auch der Vereinspräsident Gérard Le Duff, Enkel eines bretonischen Fischers, ist stolz auf die Initiative und sagt dem "Guardian": "Der ukrainische Botschafter kam in die Bretagne und hat uns persönlich gedankt. Wir haben hier mehr als genug alte Netze – wenn sie in der Ukraine Leben retten können, geben wir sie gerne her."
Hilfsprojekt für Ukraine hat keine finanziellen Mittel mehr
Kernic Solidarités war ursprünglich gegründet worden, um Kleidung, Nahrung und Medizin für ukrainische Gemeinden zu organisieren. Jetzt helfen die Fischer:innen aus der Bretagne auf ihre eigene Weise im Krieg mit – mit dem, was sie am besten kennen: ihren Netzen. "Die Fischergemeinden waren sofort dabei", sagt Le Duff.
Auch aus Dänemark und Schweden kommen mittlerweile tonnenweise alte Netze in die Ukraine. Trotz des Erfolgs steht das Hilfsprojekt vor finanziellen Grenzen. "Wir haben derzeit kein Budget mehr, um weitere Transporte zu organisieren", sagt Abaziou. "Aber wenn die Ukrainer die Netze selbst abholen, helfen wir beim Verladen."
Eine Sprecherin der 93. Mechanisierten Brigade der Ukraine erklärt, dass die Netze inzwischen in der gesamten Donbass-Region eingesetzt werden – besonders dort, wo russische Truppen stark vertreten sind. Doch sie warnt: "Netze sind keine Wunderwaffe. Sie sind nur ein Teil des Schutzes gegen Drohnen."
Für die Fischer:innen an der bretonischen Küste ist trotzdem klar, dass ihre Hilfe gebraucht wird. "Die Ukrainer waren tief bewegt, als sie hörten, dass Menschen vom anderen Ende Europas ihre Netze schicken, um Leben zu retten", sagt Abaziou.
