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"The Apprentice": Donald Trumps höllische Erziehung zum Schlechten

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Sebastian Stan verkörpert in "The Apprentice" Donald Trump.Bild: imago images / landmark media
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"The Apprentice": Donald Trumps höllische Erziehung zum Schlechten

Schauspieler Sebastian Stan und Regisseur Ali Abbasi redeten in Zürich zum Kinostart von "The Apprentice" über die Jahre, in denen Donald Trump sich am amerikanischen Traum überfressen hatte.
19.10.2024, 15:43
Simone Meier / watson.ch
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Sebastian Stan ist furchtlos und klar in seiner Haltung gegenüber Donald Trump: "Sein Drang nach Macht und Kontrolle sitzt derart tief, dass er jedes andere Bedürfnis in ihm übertönt. Niemand darf mehr Macht haben als er. Und wenn einer sagt, er sei der "Leader of the free world", dann müssen wir dies unbedingt hinterfragen."

Sebastian Stan spielt Donald Trump – im vielleicht gerade wichtigsten Film der Welt, in "The Apprentice: The Trump Story", dessen Kinostart Trump vor den Wahlen zu verbieten versuchte. Seit wenigen Tagen läuft er trotzdem in den amerikanischen Kinos, allerdings mit limitierten Werbemöglichkeiten, TV-Spots dürfen nicht ausgestrahlt werden.

Der Film zeigt, wie "ein Mann mit Ehrgeiz und Familiengefühl", so Stan, gefährlich wird, lange bevor er in die Politik geht. Und natürlich ist "The Apprentice", benannt nach Trumps eigener Casting-Show, wie alles, wo Trump draufsteht, höllisch unterhaltsam.

Hier siehst du den Trailer zu "The Apprentice":

Der Grund für Trumps Erziehung zum Schlechten heißt Roy Cohn, ein Mann, der genauso sehr in der amerikanischen Polit- und Populärkultur verankert ist wie Trump selbst. Der homosexuelle jüdische Anwalt half in den 50er-Jahren Senator Joseph McCarthy, Kommunisten zu verfolgen. Später beriet er inoffiziell Nixon und Reagan.

1986 starb er an den Folgen von Aids. Im mehrstündigen Aids-Theaterstück "Angels in America" (1991) von Tony Kushner spielt er eine zentrale Rolle als Schwuler, der sich selbst und seine Krankheit verleugnet, in der gleichnamigen HBO-Miniserie von 2003 wird er von Al Pacino verkörpert. Man nannte ihn den "Teufel".

Jeremy Strong spielt Roy Cohn in "The Apprentice" mit flacher Stimme und toten Augen, also eigentlich genau gleich wie seinen anderen New Yorker namens Roy, den Milliardärssohn Kendall Roy in "Succession". Er ist erneut grandios, ist Hedonist, Zyniker, Opportunist und Manipulator der Sonderklasse.

Cohn ist der Mentor, dem Donald zu Beginn der 70er-Jahre seine Seele verkauft und von dem er sich formen lässt; der Coach, der ihm das Mantra des megalomanen Egozentrikers beibringt, die Grundlagen der trumpschen Lügen-Rhetorik.

"The Apprentice" läuft seit Donnerstag auch in deutschen Kinos.
"Die Apprentice" läuft seit Donnerstag auch in Deutschland im Kino.bild: dcm

"Angriff, Angriff, Angriff", "Gestehe nichts, streite alles ab" und "Egal, was geschieht, beanspruche den Sieg für dich und gib niemals eine Niederlage zu", sind Cohns Regeln. Man könnte auch sagen: Attackiere und lüge immer. Sein Auszubildender lernt schnell und gründlich, die Türme, die er in New York (gedreht wurde in Toronto) baut, sind Symbole seines neuen Selbstbewusstseins, die letzten Komplexe lassen sich mit Haartransplantation und Fettabsaugung bewältigen.

Hat Stan sich schwergetan mit dem Abtauchen in Trump? Es habe ihm den letzten Nerv geraubt, seine "innere Trump-Kritik auszuschalten", sagt er, und dann hätten ihm auch noch alle gesagt, dass er keine Chance habe, Trump jemals zu gleichen.

Nach mehreren missratenen Versuchen mit Gesichtsprothesen hat er das Team geholt, das ihn für die Hulu-Serie "Pam & Tommy" in Tommy Lee verwandelte, sie schafften es schließlich – und Sebastian Stan vollbringt ein kleines Wunder, spielt zugleich dreist und dezent, ist nie Clown, nie Karikatur und trotzdem immer ganz Trump.

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Maria Bakalova spielt Ivana Trump.Bild: imago images / landmark media

Der Schauspieler stammt aus Rumänien, seine Mutter war Pianistin und taufte ihn nach Johann Sebastian Bach. 1990, im Zuge der rumänischen Revolution, wanderte sie mit Sebastian nach Wien aus, vier Jahre später nach Amerika. Von Hollywood angefixt wurde er mit "Jurassic Park" und "Mrs. Doubtfire".

Als er am Samstagmorgen im Kino Frame eine Stunde lang vor Publikum spricht, erhebt sich eine junge Frau und sagt: "Ich bin auch vom Balkan, es ist so schön, dass es einer von uns geschafft hat."

Überhaupt ist sein Publikum sehr jung, es kennt Stan als Winter Soldier von Marvel, aus "Gossip Girl" und aus "I, Tonya". Es liebt ihn und er liebt zurück, ein bescheidener Mensch, der so über seine Rollen redet, als wären sie immer winzig klein und nicht der Rede wert, lieber spricht er über seine Verehrung für Tom Cruise, Meryl Streep und Nicole Kidman.

Der Regisseur von "The Apprentice", Ali Abbasi, ist ein Iraner, der seit vielen Jahren in Dänemark lebt. Ihre un-amerikanische Herkunft bewahrt Stan und Abbasi vor zu viel Furcht, Respekt und Sentimentalität gegenüber Mythen made in the USA. Besonders den "American Dream" haben sie gefressen, die große Saga, dass man es vom Tellerwäscher zum Millionär bringen könne, er ist für sie nichts als ein Blendwerk mit einer enormen Zerstörungskraft.

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Na, verspürt hier jemand "Succession"-Vibes?Bild: imago images / landmark media

Trauen sie sich etwa zu, mit ihrem Film die amerikanischen Präsidentschaftswahlen beeinflussen zu können? "Nein", sagt Abbasi am Samstagnachmittag im Hotel Baur au Lac neben Sebastian Stan, die beiden haben eine Ladung Luxemburgerli vor sich, "wir erzählen den Leuten nichts, was sie nicht schon wissen."

Er hält es – nicht ganz ernsthaft – durchaus für möglich, dass Trump seinen Film mögen könnte. Er sagt:

"Wir haben ganz aufrichtig versucht, den Mann zu verstehen. Ich finde, er sollte dankbar sein, dass eine Gruppe von hochangesehenen Schauspielern und, na ja, ich bin auch nicht ganz schlecht, ihm sechs Jahre ihres Lebens und viel Geld gewidmet haben. Wir hätten auch etwas Besseres tun können! Wenn wir ihn hätten vernichten wollen, wäre das fast zu einfach gewesen, er liefert ja derart viel Munition. Stattdessen sollte er uns einen Liebesbrief schreiben! "

Und weiter: "Wir haben so viel recherchiert, waren unvoreingenommen, fragten uns bei jedem Drehbuchelement, wie wir das historisch, juristisch, moralisch und so weiter verantworten können. Allein die Vergewaltigungsszene haben wir zweihundertmal diskutiert! Wenn Sie einen solchen Film über mich machen würden, ich würde ihn lieben."

Die Vergewaltigungsszene also. 1990 sagte Ivana Trump während des Scheidungsprozesses unter Eid, ihr Mann habe sie vergewaltigt. Später schwächte sie, von den Anwälten ihres Ex-Mannes gedrängt, ihr Statement ab.

Sebastian Stan, Maria Bakalova and Jeremy Strong attends The Apprentice - Headline Gala during the BFI London Film Festival, at the Southbank Centre, Royal Festival Hall in London, England. UK. Tuesda ...
Sebastian Stan, Maria Bakalova und Jeremy Strong bei der Filmpremiere in London.Bild: imago images / famous

"Wir sagten nicht, hey, wir drehen jetzt eine Vergewaltigung", meint Abbasi, "wir sagten uns, da ist ein Bruch zwischen zweien passiert, die sich einst sehr geliebt haben, eine Tragödie, die in einer Machtdemonstration, einem sexuellen Übergriff mündet. Wir wollten gar keine spektakuläre Szene drehen, aber eine emotional glaubhafte. In einer ersten Fassung hatten wir so sehr auf die juristischen Bedenken des Produzenten (der Schwiegersohn eines Trump-Unterstützers, der sich gerade im familiären Widerstand befand) gehört, dass die Szene tot war. Aber dem Kinopublikum ist es egal, welche Kämpfe du mit den Produzenten ausgefochten hast."

So sehr, wie Abbasi seinen Trump einer allzu einfachen Deutung entziehen will, so unterschiedlich sind die Beurteilungen des Films.

Die einen sehen in "The Apprentice" die große Vermenschlichung von Donald Trump. Und obwohl gerade deshalb ein paar Leute aus dem Trump-Umfeld den Film angeblich mögen, klingt das harmloser, als es gemeint ist.

"Mensch zu sein, heißt, Fehler zu haben. Wir vermenschlichen Trump, indem wir seine Fehler und Verletzungen zeigen. Und wie diese seine Entscheidungen beeinflussen", sagt Sebastian Stan, "danach fragt man sich instinktiv: Kann ich dieser Person vertrauen? Aktuell erleben wir Trump doch nur in seiner extremsten Version und wir wissen gar nicht, welche Entwicklung dem zugrunde liegt."

Die anderen sehen im Film die schaurige Genese eines Monsters. Zum Schluss sitzt man mit Eiskristallen in den Adern vor der Leinwand. Was den Film wiederum mit Abbasis letztem Werk "Holy Spider" über einen iranischen Prostituierten-Mörder, der vom Volk gefeiert wird, kurzschließt.

"Natürlich macht es dramaturgisch und sicher auch moralisch gesehen Sinn, 'The Apprentice' als Monster-Story, als Frankenstein-Geschichte zu bezeichnen", sagt Abbasi, "aber für mich ist Trump der Inbegriff des amerikanischen Charakters." Er führt aus:

"Bei 'Holy Spider' habe ich immer gesagt: Das ist kein Film über einen Serienmörder, das ist ein Film über eine Serienmörder-Gesellschaft. In beiden Filmen geht es mir um Gesellschaften und Systeme, die derartige Individuen ermöglichen. Angenommen, Trump wäre ein Immobilienunternehmer in Deutschland, der ein paar schicke Gebäude in München baut und eine Frau aus Osteuropa hätte und sich auch noch für Politik interessiert, dann würde er mit seinen Ambitionen schnell an eine gläserne Decke stoßen. Im Sozialdarwinismus des amerikanischen Systems gibt es diese Decke nicht, da gibt es nur die zunehmende Vergrößerung."

Zu den amerikanischen Vergrößerungen gehört auch die Vergrößerung von Furcht. Eigentlich wollte Abbasi in diesen Tagen unterwegs sein, an Orten und bei Menschen, die seine Meinung normalerweise nicht teilen, "im Trump-Land".

Er hatte sich das interessant vorgestellt. "Doch nach dem ersten Attentat auf Trump am 13. Juli sagte ich mir, okay, wenn sie jetzt schon versuchen, ihren eigenen Präsidentschaftskandidaten umzubringen, dann kommt einer, der aussieht wie ich, da eh nicht lebend raus."

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