Hat Boris Johnson in der Partygate-Affäre gelogen?Bild: picture alliance / Photoshot
USA
Der britische Premier ist gewohnt, mit Dingen durchzukommen, die
andere längst den Kopf gekostet hätten. Doch die Affäre um
Lockdown-Partys haftet wie ein Kaugummi an Johnson. Wird ihm nun sein
schwieriges Verhältnis zur Wahrheit zum Verhängnis?
Der britische Premierminister Boris Johnson muss sich nun nämlich wegen mutmaßlicher Lügen im Zusammenhang mit der Partygate-Affäre
einer Untersuchung durch den zuständigen Ausschuss im Unterhaus
stellen. Ein entsprechender Antrag der Labour-Opposition wurde am
Donnerstag nach mehrstündiger Debatte von den Abgeordneten ohne
Abstimmung durchgewunken.
Die eigenen Parteikollegen fordern sogar seinen Rücktritt
Für Johnson ist das eine schmerzhafte Niederlage. Er hatte noch am
Morgen die Hoffnung geäußert, seine Fraktion werde eine Vertagung der
Entscheidung erzwingen. Doch dabei machten ihm offenbar die eigenen
Abgeordneten einen Strich durch die Rechnung. Einige seiner
Parteikollegen forderten sogar seinen Rücktritt. Selbst der
Erz-Brexiteer Steve Baker kündigte an, für die Untersuchung zu
stimmen, und rief Johnson auf, seinen Posten abzugeben. "Der
Premierminister sollte längst weg sein", sagte er.
Das wies Johnson, der am Donnerstag zu Besuch in Indien war, jedoch
umgehend zurück. "Ich glaube nicht, dass es das Richtige ist", sagte
er in einem Interview mit dem Nachrichtensender Sky News, in dem er
jedoch deutliche Nervosität spüren ließ.
Er habe nicht gemerkt, dass es sich um Feiern handelte
Johnson hatte nach Berichten über illegale Lockdown-Partys in der
Londoner Downing Street während der Pandemie im Parlament mehrfach
beteuert, die Regeln seien stets befolgt worden. Später stellte sich
heraus, dass der Premier selbst an mehreren der fraglichen
Zusammenkünfte teilgenommen hatte. Johnson stellt sich nun auf den Standpunkt, er habe
nicht gemerkt, dass es sich um Feiern handelte.
Das Parlament zu belügen gilt in Großbritannien für Mitglieder der
Regierung als Rücktrittsgrund. Sollte der Ausschuss befinden, dass
Johnson gelogen hat, wäre das für ihn äußert heikel. Bevor die
Untersuchung beginnt, soll aber erst noch das Ende der polizeilichen
Ermittlungen abgewartet werden.
Die Glaubwürdigkeit Johnsons bröckelt
In der öffentlichen Meinung scheint das Urteil über Johnsons
Aufrichtigkeit längst gefallen zu sein. Beinahe 80 Prozent der
britischen Wähler glauben, dass Johnson gelogen hat. Das geht aus
einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Yougov im Auftrag von
Times Radio hervor, die am Donnerstag veröffentlicht wurde. Demnach
schenken nur acht Prozent der Wähler dem konservativen Regierungschef
Glauben. Selbst unter Anhängern von Johnsons Tories ist demnach eine
deutliche Mehrheit (61 Prozent) davon überzeugt, dass er die
Unwahrheit gesagt hat.
(ast/dpa)
Als wäre der russische Angriffskrieg in der Ukraine nicht schon genug, eskaliert der Konflikt weiter. Nach russischen Angaben hat das Land am Donnerstagmorgen mit einer neu entwickelten Mittelstreckenrakete die ukrainische Großstadt Dnipro beschossen, eine "Hyperschall-Rakete". Sechs Sprengköpfe schlugen dort ein. Der russische Präsident Putin sagte, es seien keine Atomsprengköpfe gewesen.