Aktuell sieht es so aus, als würden bei der Präsidentschaftswahl 2024 erneut Joe Biden (Demokraten, links) und Donald Trump (Republikaner) gegeneinander antreten.Bild: AP
USA
Die Angst vor einem Wahlsieg von Donald Trump wächst.
Philipp Löpfe / watson.ch
Beim altehrwürdigen "Economist" sind bereits erste Anzeichen von Panik auszumachen. Joe Biden und die Demokraten seien im Begriff, in eine fatale Wahlniederlage zu schlafwandeln, warnt das Magazin in seiner jüngsten Ausgabe und nennt dafür Gründe:
- Persönliche Eitelkeit: "Sein (Bidens) Sinn für die Pflicht ist beschmutzt durch Eitelkeit", so der "Economist". "(…) Er ist überzeugt, dass das Land ihn braucht, weil er Trump schon einmal besiegt hat."
- Feigheit der Parteioberen: "Die Führer der Demokraten sind feige und selbstzufrieden geworden", hält der "Economist" fest. "Wie viele ängstliche Republikaner im Kongress [gegenüber Trump] haben sie keine Lust, Biden vor seiner eigenen Torheit zu schützen."
- Bidens Umfragewerte sind derzeit unterirdisch. Vor allem die Tatsache, dass Trump in den alles entscheidenden Swing States – Arizona, Nevada, Georgia, Wisconsin, Pennsylvania und Michigan – in Führung liegt, ist besorgniserregend.
Ferner bemängelt der "Economist", die Demokraten hätten keinen Plan B. Derzeit treten nur chancenlose Kandidaten gegen den Präsidenten an. Selbst ein Rücktritt Bidens wäre keine Lösung mehr. Er würde den Weg freimachen für Kamala Harris. Damit kämen die Demokraten vom Regen in die Traufe. Die Vize-Präsidentin ist noch unpopulärer als ihr Boss und hat sich vor vier Jahren als lausige Wahlkämpferin erwiesen.
Bidens Schwächen sind mittlerweile sattsam bekannt. Er ist zu alt und wirkt greisenhaft. Es ist ihm bisher nicht gelungen, die chaotische Situation an der Grenze zu Mexiko in den Griff zu bekommen. Seine Wirtschaftspolitik, die Bidenomics, ist noch nicht ins Bewusstsein der Menschen gedrungen. Johnny Sixpack, also Otto-Normalbürger:innen, starrt immer noch auf die Preise von Eiern und Benzin und findet diese zu hoch.
Derweil macht es den Eindruck, als würde Trump einmal mehr seinem Ruf als "Teflon-Präsident" gerecht werden. Obwohl nicht weniger als vier Strafprozesse mit insgesamt 91 Anklagepunkten gegen den Ex-Präsidenten hängig sind, schaden ihm diese bisher nicht. Im Gegenteil: In Umfragen legt er gerade deswegen sogar zu und steht als Präsidentschaftskandidat der Republikaner de facto fest.
Trumps Rhetorik wird immer aggressiver.Bild: AP / Andrew Harnik
Auch Trumps zunehmend faschistische Rhetorik hinterlässt keine negativen Spuren. Seine Anhänger finden es großartig, wenn er seine Gegner als "Ungeziefer" beschimpft, den Einwanderern unterstellt, sie würden "das Blut des Landes verunreinigen", und damit prahlt, bei einem Wahlsieg werde er "Diktator für einen Tag". Die unabhängigen Wählerinnen und Wähler nehmen diese Ausfälle mit einem Achselzucken zur Kenntnis und legen sie mit einem "Trump ist halt so" ad acta.
Ist somit das Jahr 2024, kaum hat es begonnen, bereits auf bestem Weg, zu einem Annus horribilis zu werden, wie die verstorbene britische Queen Elizabeth II. sich ausgedrückt hätte? Befinden sich die USA unausweichlich auf einem Pfad in ein autoritäres System, und wird deswegen die liberale Weltordnung zusammenkrachen? Können Putin, Xi und die iranischen Ayatollahs bereits den Champagner kalt stellen?
So weit ist es zum Glück noch nicht. Es gibt auch gute Gründe, weshalb Biden die Kurve noch kriegen kann. Hier sind ein paar davon:
- Nationale Umfragen haben zu diesem Zeitpunkt praktisch keinen Aussagewert. Für die Mehrheit der Amerikanerinnen sind die Wahlen noch kein Thema und im Wahlkampf wird ihnen erneut das Chaos der Trump-Jahre vor Augen geführt werden.
- Wahlen werden durch Ereignisse entschieden, und bis zu den Präsidentschaftswahlen dauert es noch rund zehn Monate, politisch gesehen eine Ewigkeit. Vergessen wir nicht, 2020 schien Trump einem ungefährdeten Sieg entgegenzusteuern – dann kam Covid.
- Auch Teflon-Trump ist nicht unangreifbar. Sollte zumindest einer der vier Strafprozesse noch vor den Wahlen über die Bühne gehen – und dafür spricht vieles –, dann könnte die Stimmung bei den unabhängigen Wählern kippen. Zu offensichtlich sind die Verbrechen des Ex-Präsidenten.
- Die Abtreibungsfrage wird nebst der Angst um die Demokratie ein zentrales Thema des Wahlkampfes werden. Auf diesem Gebiet haben Trump und die Republikaner sehr schlechte Karten, vor allem bei den Frauen.
- Irgendwann wird es auch Johnny Sixpack dämmern, dass die Bidenomics tatsächlich eine gute Sache sind. Derzeit steigen die Löhne – vor allem die niedrigsten – stärker als die Inflation, und Benzin und Eier werden ebenfalls billiger. Auch im Dezember sind 216.000 neue Jobs geschaffen worden, weit mehr, als die Ökonom:innen erwartet haben.
- Die Wählerschaft ist eine andere als bei Trumps Sieg 2016. Viele alte Wähler, die tendenziell konservativ wählen, sind verstorben. Viele junge Wählerinnen, die eher progressiv eingestellt sind, können erstmals zur Urne schreiten. Davon sollten Biden und die Demokraten profitieren.
Ja, die Lage ist ernst, die Gefahr, dass die "Mutter aller Demokratien" sich Schritt für Schritt in ein christlich-nationalistisches Monster verwandelt, ist real. Doch vergessen wir nicht: Die USA stehen nicht zum ersten Mal am Rande eines Abgrundes. Sie haben einen äußerst blutigen Bürgerkrieg überstanden, den Ku-Klux-Klan überwunden, der faschistischen Versuchung in den Dreißigerjahren widerstanden, den absurden Anti-Kommunismus der McCarthy-Ära besiegt und das Chaos der Vietnamjahre überlebt.
Stets haben in Krisen die "better angels", wie sich Präsident Abraham Lincoln einst ausgedrückt hatte, die Oberhand behalten. Die Chancen, dass sich auch diesmal die besseren Engel durchsetzen werden, sind durchaus intakt.
Die militärische Zusammenarbeit zwischen Russland und dem abgeschotteten Nordkorea hat sich offenbar intensiviert. Erst am 4. November besuchte Nordkoreas Außenministerin Choe Son Hui Moskau. Dabei traf sie sich mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow und unterstrich die Zusammenarbeit.