Streit ist in der Ampel-Koalition nichts Neues. In den vergangenen Tagen ist der Graben zwischen SPD, Grünen und FDP allerdings immer größer geworden. In Berlin geht bereits das Gerücht um, die Koalition würde nicht mehr lange halten.
Das entscheidende Thema dabei ist die Wirtschaft. An sich sind sich die Parteien einig: Die Konjunktur muss angekurbelt werden. Uneinig sind sie sich bei der Umsetzung.
So schlug zunächst Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) vor anderthalb Wochen seinen "Deutschlandfonds" vor. Am vergangenen Freitag kam dann ein Papier von Finanzminister Christian Lindner (FDP) mit anderen Ideen an die Öffentlichkeit. Laut "Süddeutscher Zeitung" gehe man in der FDP davon aus, dass die Grünen das Dokument den Medien steckten. Die Grünen streiten das ab.
Es ist also kein Ende des Ampel-Brodelns in Sicht. Die wichtigsten Fragen und Antworten zur Regierungskrise liefert watson hier im Überblick.
Diese Woche könnte entscheidend für die Ampel-Koalition werden. Am Montag und am Dienstag wollen sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Habeck und Lindner gleich mehrfach zu dritt treffen, um nach Wegen aus der Krise zu suchen.
Der wichtigste Tag wird dabei wohl der Mittwoch. Nach der US-Wahl trifft sich der sogenannte Koalitionsausschuss. Dem gehören auch die Partei- und Fraktionsvorsitzenden an. Spätestens dann müsste sich die Ampel auf einen gemeinsamen Kurs einigen. Ansonsten droht ein Aus der Koalition und damit auch Neuwahlen.
Doch automatische Neuwahlen sieht die Verfassung nicht vor. Sieht sich die Koalition als nicht mehr regierungsfähig an, könnte Scholz die sogenannte Vertrauensfrage stellen.
Das Grundgesetz sieht vor, dass der Kanzler durch die Vertrauensfrage überprüfen kann, ob er noch die nötige Unterstützung der Abgeordneten hat.
Falls die Mehrheit im Parlament dem Kanzler das Vertrauen entzieht, kann Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier auf Vorschlag des Kanzlers den Bundestag innerhalb von 21 Tagen auflösen. Danach gibt es eine Frist von 60 Tagen für eine Neuwahl.
Über den genauen Termin einer möglichen Neuwahl gibt es verschiedene Gerüchte. Eine Möglichkeit wäre etwa der 2. März 2025. An diesem Tag findet ebenfalls die Bürgerschaftswahl in Hamburg statt. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt befeuerte die Gerüchte und sagte der "Augsburger Allgemeinen", dass er sich diesen Termin vorstellen könne.
Eine zweite Möglichkeit wäre der 9. März, wie unter anderem "DW" berichtet. Dieser Termin könnte vor allem für die SPD von Vorteil sein. Denn sie gilt als Favorit für die Wahl in Hamburg, eine Woche vorher. Eine gewonnene Wahl könnte der Partei noch einmal Auftrieb für die Bundestagswahl geben.
Voraussetzung für beide Termine wäre, dass die Vertrauensfrage im Dezember im Bundestag abgestimmt wird. Eine Möglichkeit dafür wäre etwa die letzte Sitzungswoche vor den Weihnachtstagen.
Eine Alternative zu Neuwahlen wäre, dass ein Koalitionspartner die Ampel verlässt und es zu einer sogenannten Minderheitsregierung kommt. Solche Regierungen müssten sich für jedes Gesetzesvorhaben zunächst mühsam eine Mehrheit im Parlament sichern. Eine Vermutung von Politik-Beobachtern ist, dass die FDP Mitte des Monats aus der Ampel aussteigen könnte. Denn am 12. November gibt es eine Verhandlung des Bundesverfassungsgerichts zum Solidaritätszuschlag. Diese könnte das Haushaltsloch und damit auch die Probleme der Ampel weiter verschärfen.
SPD-Vorsitzende Saskia Esken etwa wäre offen für eine Minderheitsregierung mit den Grünen. Sie sagte bei einer Pressekonferenz, ihre Partei sei gut auf eine solche Situation vorbereitet. Der Noch-Grünen-Vorsitzende Omid Nouripour hingegen äußerte sich bei einer Pressekonferenz verhaltener: "Wir wollen den Bruch nicht, wir gehen auch davon aus, dass andere vertragstreu sind und wir die Arbeit, die wir miteinander machen, zu Ende bringen."
Habecks Idee des "Deutschlandfonds" besteht hauptsächlich aus einer sogenannten Investitionsprämie von zehn Prozent. Diese gilt für alle Unternehmen – egal ob es sich dabei um umweltfreundliche Technologien handelt oder nicht. Investiert ein Unternehmen etwa 100.000 Euro, zahlt der Staat eine Prämie von 10.000 Euro. Wie das finanziert werden würde, lässt Habeck offen.
Lindner hingegen formulierte in seinem 18-seitigen Papier klassische FDP-Positionen. Unter anderem sollen alle neuen Regulierungen gestoppt werden. Neue Gesetze sollten entfallen oder zumindest so ausgestaltet werden, dass dadurch kein zusätzlicher bürokratischer Aufwand anfällt. Weitere Forderungen sind etwa die Abschaffung des Solidaritätszuschlags, die Verschiebung der Fristen aus dem Heizungsgesetz um fünf Jahre und eine weitere Senkung der Staatsausgaben.
(Mit Material von dpa)