Zwischen den Jugendorganisationen und den Mutterparteien knirscht es aktuell gewaltig, zumindest auf Regierungsseite. Bei der Grünen Jugend verabschieden sich reihenweise Mitglieder und bei den Jusos wird heftig gegen den Regierungskurs gewettert. Nur bei den Jungen Liberalen (Julis), da schien es lange Zeit etwas still. Hin und wieder gab es Kritik, aber selten direkt an die FDP gerichtet.
Doch da schwelt was. Wie sich beim aktuellen Bundeskongress des Jugendverbands nochmal zeigt. Wobei schwelen hier etwas kurz gegriffen ist. Allmählich lodert es. Denn es gibt gleich eine ganze Reihe verbaler Schüsse. Doch nicht nur die Mutterpartei wird kritisiert, sondern auch Bundeskanzler Olaf Scholz.
Inmitten der Debatte um den künftigen Kurs der Ampel-Koalition hat die Jugendorganisation der FDP baldige Reformen in mehreren Politikbereichen gefordert – oder andernfalls einen Ausstieg aus der Bundesregierung. Womit die Julis gleich aufgreifen, was die FDP ohnehin umtreibt. Nicht einmal Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) schließt das mehr aus, berichtete unter anderem der "Bayerische Rundfunk".
"Entweder macht diese Regierung einen Politikwechsel möglich – oder wir machen Platz für einen Regierungswechsel", erklärte die Vorsitzende der Jungen Liberalen, Franziska Brandmann, beim Bundeskongress der Organisation in Hildesheim.
In den Themengebieten Haushalt, Wirtschaft, Außenpolitik und Rente müsse es Kursänderungen geben, forderte Brandmann. Sie betonte: "Dieses Land braucht jetzt einen Richtungswechsel." Es gehe dabei nicht um die FDP und nicht um die Frage, ob sich die Ampel-Koalition auflöse oder nicht. "Es geht um die Reformen, die unser Land jetzt so dringend benötigt."
Auch das sieht der Parteivorsitzende der FDP ähnlich. Steuerreformen drückte er zum Beispiel durch, etwa für den Abbau der "kalten Progression", also dem Effekt, dass eine Lohnerhöhung durch die Inflation komplett aufgefressen wird, Begünstigte aber dennoch in eine höhere Steuerklasse rutschen, oder in anderen Worten: mehr Lohn, aber weniger Geld in der Tasche als vorher.
Doch das genügt der Juli-Vorsitzenden offensichtlich nicht. "Wenn wir uns ehrlich machen, ist unsere Partei in Wahrheit die gleiche wie 2017. Dort, wo sie das nicht mehr ist, hat sie sich zurückentwickelt", sagt Franziska Brandmann zu watson. "Wo waren wir bei Jung- und Erstwählern 2017 und wo sind wir jetzt? Wo waren wir beim Leitbildprozess und wo sind wir jetzt? Wie modern war unsere Partei 2017 und wie modern ist sie jetzt?"
Und anschließend gibt es noch eine Kampfansage: "Die Wahrheit ist: Mit Eintreten in die Bundesregierung haben die Freien Demokraten ihre Parteientwicklung eingestellt. Dabei waren wir Julis zu lange still. Das ändert sich jetzt."
(Mit Material der afp)