Erst im November hatten die USA die Midterm-Wahlen hinter sich gebracht, schon redet die Welt wieder von den nächsten Präsidentschaftswahlen. Am 5. November 2024 ist es zwar erst so weit – doch es stellt sich bereits jetzt die Frage: Wer wird für die Republikaner antreten?
Vor diesem Hintergrund sind in den Vereinigten Staaten kürzlich mehrere Umfragen veröffentlicht worden.
Wie steht es um Ex-Präsident Donald Trump? Was bedeuten die Umfrageergebnisse und was hat Kanye West damit zu tun? Watson hat die wichtigsten Fragen und Antworten zusammengefasst.
In der jüngsten Vergangenheit hat es mehrere Umfragen gegeben. Eine davon ist gerade erst am Dienstag erschienen, über sie berichtete "The Guardian". Darin hatten "USA Today" und die Suffolk University die Teilnehmenden zu möglichen republikanischen Präsidentschaftskandidaten für die Wahl im Jahr 2024 befragt. Hier liegt der derzeitige Gouverneur von Florida, Ron DeSantis, mit satten 23 Punkten vor dem Ex-Präsidenten Donald Trump. In der Umfrage wurden republikanische und den Republikanern nahestehende Wähler befragt.
Außerdem hatte das "Wall Street Journal" am Mittwoch eine Umfrage veröffentlicht, die DeSantis in einem hypothetischen Vorwahlkampf einen 14-Punkte-Vorsprung (52 Prozent zu 38 Prozent) zu Trump bescheinigt. Bei einer Umfrage des Nachrichtensenders CNN gaben wohl 62 Prozent der Republikaner an, dass sie 2024 einen anderen Kandidaten als Trump wollen.
"The Guardian" berichtete außerdem, dass das Medium Einsicht in vertrauliche Nachrichten gehabt habe. Darin soll ein altgedienter Trump-Insider geschrieben haben: "Er IST in Schwierigkeiten."
Doch das ist nur die eine Seite. Andere Meinungsforschungen sehen Trump noch immer vorn. Etwa bei dem Institut "Morning Consult". Hier liegt Trump mit 18 Prozentpunkten vor DeSantis (49 zu 31 Prozent).
Ron DeSantis ist der Gouverneur des US-Bundesstaates Florida – und Anhänger von Trumps MAGA-Bewegung. Trump ist sozusagen sein Mentor. Mittlerweile ist er allerdings ähnlich beliebt, wie sein politisches Vorbild.
In einem früheren Gespräch mit watson beschrieb der US-Experte Thomas Greven DeSantis als einen geschickten Kulturkämpfer. Wie Trump selbst verstehe auch der Mann aus Florida, wie er Krisen populistisch nutzen könne. Sein Vorteil gegenüber Trump: Er ist jünger und er hat weniger Scheiße am Schuh.
Genauer gesagt: In seinem Lebenslauf findet sich kein Skandal.
Er war erstklassiger Baseballspieler, hat an den Elite-Universitäten Harvard und Yale studiert und wurde, nachdem er als Offizier bei der US-Navy gedient hat, sogar mit einem Bronze-Star ausgezeichnet. Aus Sicht von Greven ist DeSantis nicht nur ein potenzieller Nachfolger von Trump – sondern auch viel gefährlicher als das Original.
Greven sagte dazu:
Als Gouverneur von Florida ist DeSantis vor allem mit einigen fragwürdigen politischen Entscheidungen aufgefallen: Beispielsweise stammt das Don’t-Say-Gay-Gesetz von ihm. Dadurch ist es verboten, im Unterricht Diskussionen über sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität zu führen. Er hat außerdem ein Abtreibungsverbot für Florida eingeführt. Das Gesetz ist so streng, dass es nicht einmal bei Vergewaltigungen oder Inzest eine Ausnahme macht.
Gerade sorgt er mit einer Kampagne gegen Corona-Impfstoffe für Aufruhr.
Florida werde, so schreibt es DeSantis auf Twitter, das medizinische Establishment zur Rechenschaft ziehen.
Zunächst einmal ist es gefährlich, zu glauben, Trumps Politik würde an Rückhalt verlieren. Das ist keineswegs der Fall. Tatsächlich gilt der Konkurrent Ron DeSantis als einer der Verfechter von Trumps Politik.
Medien titelten mit dem Zitat des Direktors des Suffolk University Politcal Research Centers, David Paleologos. Der sagte "USA Today" folgendes: "Republikaner und konservative Unabhängige wollen zunehmend Trumpismus ohne Trump."
Trumps Politik, aber bitte kein Trump mehr.
Aber warum?
Der Grund könnte bei Trumps vielen Skandalen zu finden sein. Und darin, dass er dadurch Rückhalt in der moderateren Bevölkerung verliert, die er zuvor mit verschiedenen Wahlversprechen für sich gewinnen konnte.
Ein Beispiel: Für ein Abendessen mit Kanye West hagelte es mächtig Kritik. Der Rapper, der sich inzwischen Ye nennt, hatte kürzlich in einer Talkshow gesagt: "Ich mag Hitler". Er fordert Juden auf, "loszulassen" und Hitler zu vergeben. Antisemitismus ist für den Rapper langsam zum Markenzeichen geworden.
"Die Republikanische Partei zahlt nun an der Wahlurne den Preis dafür, dass sie bislang alle Gelegenheiten verpasst hat, sich von Trump entschlossen zu distanzieren", hatte der Politikwissenschaftler Thomas Greven in einem Gespräch mit watson erklärt. Die Republikaner hätten früher Trumps Eskapaden hingenommen – aber Wahlniederlagen? Die könne die Partei dauerhaft nicht verkraften.
Genau die zeichneten sich aber immer mehr ab. Zuletzt vor allem bei den Midterms.
Greven meinte zwar, dass Trump noch immer großen Rückhalt an der Basis habe – doch auch dieser schrumpfe. Der Grund: Ron DeSantis. Ähnliche Politik – keine Skandale. Bisher hat sich DeSantis jedoch noch nicht als Präsidentschaftskandidat beworben.
Trump verliert also an Rückhalt. Und der bekannteste Konkurrent ist schon an ihm vorbeigezogen. Das heißt aber noch lange nicht, dass der Ex-Präsident deshalb nicht doch wieder zum republikanischen Kandidaten werden könnte.
Aber warum?
Da wäre zum einen der Faktor Zeit: Wer sich Wahlumfragen seit längerer Zeit anschaut, wird feststellen, dass sich der Wind schnell drehen kann.
Ein Beispiel sind die Werte bei der sogenannten Dienstagsfrage. Wen würden Amerikaner:innen wählen, wenn heute Dienstag, der 8. November 2022, wäre? Die Ergebnisse lassen sich in einem Zeitstrahl darstellen. Es fällt auf: Die Zustimmungswerte zu verschiedenen Parteien können verdammt sprunghaft sein. Das Gleiche gilt für die Zustimmungswerte der Kandidaten. Äußere Umstände, Skandale, eine unliebsame Rede und vieles mehr können die Zustimmungswerte auch innerhalb einer Partei schnell beeinflussen.
Und die Präsidentenwahl in den USA ist erst im November 2024. Die Vorauswahl der Republikaner beginnt im Januar 2024.
Doch es gibt noch einen Faktor in der Gleichung Trump versus DeSantis: die Anzahl der Konkurrenten.
Das große Bewerber:innenfeld könnte Trump eine Hilfe sein. Neben DeSantis und dem Ex-Präsidenten haben viele andere Top-Politiker:innen Lust auf das Amt des oder der Präsident:in.
Sie alle haben längst nicht die Beliebtheitswerte von Trump oder DeSantis. Doch kann sich die innerparteiliche Opposition nicht einigen, könnten Anti-Trump-Stimmen gesplittet werden. Und der Ex-Präsident kann weiter auf seine Fans zählen. Solange seine Anhänger weiter für ihn stimmen, könnte ihm das am Ende doch die Kandidatur einbringen.