Politik
WM 2022

WM 2022: Israelischer Reporter vor laufenden Kameras in Katar bedroht

Tunisia v Australia - FIFA World Cup, WM, Weltmeisterschaft, Fussball 2022 - Group D - Al Janoub Stadium Tunisia fans hold up a Free Palestine banner during the FIFA World Cup Group D match at the Al  ...
Antisemitismus bei der WM in Katar: Ein palästinensisches Team spielt gar nicht – dennoch sind Palästina-Flaggen im Stadion zu sehen. Israelische Reporter:innen wurden vor Stadien bedroht.Bild: IMAGO / PA Images
WM 2022

WM 2022: Israelische Reporter antisemitisch angefeindet und bedroht – das steckt dahinter

03.12.2022, 15:29
Mehr «Politik»

Die Fußball-WM in Katar steht aus vielerlei Gründen in der Kritik – und das nicht erst seit Beginn des Events. Doch im Verlauf des Turniers kam ein weiteres Thema hinzu: Antisemitismus. Mehrere antisemitische Vorfälle sind im Umfeld der Fußballweltmeisterschaft dokumentiert.

Israelische Sportjournalist:innen berichten von zahlreichen Anfeindungen bei der Fußball-WM in Katar. "Wir spüren Hass, sind von Feindseligkeit umgeben und nicht erwünscht", schrieben zwei Reporter der israelischen Zeitung "Jediot Achronot". Sie konkretisieren ihre Erfahrungen: "Auf den Straßen folgten uns Palästinenser, Iraner, Katarer, Marokkaner, Jordanier, Syrier, Ägypter und Libanesen, die uns hasserfüllt anstarrten."

"Israelhass und Antisemitismus sind in Katar Staatsdoktrin."
Aktivist und Berater Leonard Kaminski

Andere israelische Journalist:innen schilderten auf sozialen Medien ähnliche Erfahrungen. In einem Video ist etwa zu sehen, wie Moav Vardi vom Kan-Sender von einem wütenden Fan angeschrien wird, der sagt: "Es gibt kein Israel, sondern Palästina."

Das ist im Sinne der international anerkannten Definition der "International Holocaust Remembrance Alliance" (IHRA) antisemitisch. Konkret sei das israelbezogener Antisemitismus. "Da die Existenz des Staates Israel geleugnet wird", sagt Jörg Rensmann von der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Nordrhein-Westfalen (RIAS NRW) gegenüber watson. Damit werde, "das Recht des jüdischen Volkes auf Selbstbestimmung aberkannt."

Fußballfans bedrängen israelische Journalisten: "Wo kommst du her?"

Wie sehr Moav Vardi bedrängt und eingeschüchtert wird, zeigt sich in einer anderen Situation nach einem Spiel des Teams aus dem Iran. Umringt von Fans der iranischen Mannschaft versucht er Stimmen und Stimmungen einzufangen und wird selbst befragt. Nämlich: Woher der Journalist komme, will eine Person wissen.

Sichtlich unsicher, sagt er, er sei deutscher Staatsbürger. Vermutlich aus Sorge, sonst körperlicher Gewalt ausgesetzt zu sein.

Emirat Katar finanziert antisemitische Terrororganisation Hamas mit

Der Aktivist und Berater in Antisemitismus-Fragen Leonard Kaminski ist darüber nicht überrascht. Im Gespräch mit watson sagt er: "Bei allem Ekel, den man verspürt, wenn man sieht, wie als Israelis erkennbare Journalisten während der WM in Katar behandelt werden: Wundern darf das nicht."

Denn: "Israelhass und Antisemitismus sind in Katar Staatsdoktrin." Das Emirat finanziere die antisemitische Terrororganisation Hamas, für die die Vernichtung des einzigen jüdischen Staates Existenzgrundlage sei. Kaminski führt aus: "Der staatliche TV-Sender Al Jazeera ist eine antisemitische Propagandamaschine. Da liegt es auf der Hand, dass jüdische Israelis dort nicht willkommen sind."

Der Aktivist beschäftigt sich in mehreren Bereichen mit antisemitischen Vorfällen, auch im Fußball. Er meint, dass das Problem sogar noch weitreichender sei. Kaminski sagt dazu:

"Viele der mit der Kamera dokumentierten Fälle der Existenzleugnung Israels, der verbalen Entmenschlichung von Israelis und anderer Boshaftigkeiten gegenüber den israelischen Journalisten gehen nicht von Kataris, sondern ausländischen Besuchern aus."

Dass Katar Ausrichter der diesjährigen Fußball-Weltmeisterschaft der Männer ist, ist also auch unter diesem Aspekt problematisch.

Kaminski sagt dazu:

"Vielleicht wähnen sie sich im israelfeindlichen, antisemitischen Katar so sicher, dass sie ihrem Hass freien Lauf lassen können. Wahrscheinlicher ist, dass sie sich als WM-Gäste genauso verhalten, wie sonst auch. Denn Hass auf Israel und auf Jüdinnen und Juden ist zwar nicht überall Staatsdoktrin, aber doch weltweit normal."

Die Beziehungen Israels zu den arabischen Nachbarstaaten und zu den Golfstaaten wie Katar habe sich teilweise verbessert. Doch das bedeute nicht, dass dies auch für die Bevölkerung gilt.

Der israelische Journalist Ohad Chemo vom Sender Channel 12 erklärt es so: Israel habe in den vergangenen Jahren zwar Vereinbarungen mit vier arabischen Staaten – den Vereinigten Arabischen Emiraten, Bahrain, Marokko und dem Sudan – geschlossen. Von vielen Menschen auf der Straße werde dies jedoch nicht unterstützt, "und vielen von ihnen gefällt unsere Anwesenheit hier nicht".

Iranische Fans: Ein positives Beispiel unter vielen negativen Vorfällen

Sie werde offenbar als Anzeichen einer Normalisierung der Beziehungen gedeutet, die man ablehne. Chemo wurde unter anderem von einem offenbar iranischen Fan aggressiv angegangen.

Ein positiveres Video hatte zuletzt einen israelischen TV-Reporter gezeigt, der von feiernden iranischen Fans umringt war. Auch israelische Fans berichteten von einer freundlichen Aufnahme in Katar.

Trotz der schwierigen politischen Beziehungen zwischen Katar und Israel sind auch Tausende israelische Fußball-Fans zur WM in das Emirat gereist. Vor einer Woche war der erste direkte Charterflug von Israel in das Emirat gestartet. Israel und Katar unterhalten keine diplomatischen Beziehungen.

Dem israelischen Außenministerium zufolge sollen mit einer Vereinbarung während der WM jedoch konsularische Dienstleistungen auch für Israelis ermöglicht werden. Israel hatte 1996 eine Handelsvertretung in Katar eröffnet, die später von dem Emirat aber wieder geschlossen wurde.

(Mit Material von dpa)

SPD: Jusos wollen Brombeer-Koalition in Thüringen platzen lassen

Die Parteichefs von CDU, SPD und BSW in Thüringen haben sich am vergangenen Freitag auf einen Koalitionsvertrag geeinigt. Nachdem Sahra Wagenknecht ihre Zustimmung für die sogenannte Brombeer-Koalition gegeben hatte, muss jetzt nur noch die SPD-Basis zustimmen.

Zur Story