Aktionäre loswerden oder einfach abhauen – Wie bereiten Unternehmen den Brexit vor?
23.01.2019, 08:1823.01.2019, 09:36
Mehr «Wirtschaft»
Der Chef der Staubsaugermarke Dyson war einer der prominenten Befürworter des Brexit. Jetzt da der Austritt aus der EU aber immer näher rückt und droht, ziemlich chaotisch zu laufen, zieht die Firma um nach Singapur. Easyjet und Ryanair versuchen derweil britische Aktionäre loszuwerden. Wenn die Fluggesellschaften mehrheitlich Eignern aus der EU gehören, können sie ungehindert auf Strecken innerhalb der EU fliegen.
Für Unternehmen bedroht der Brexit das Geschäft. Viele strukturieren deshalb also um. Wie Firmen sich auf den Brexit vorbereiten:
Dyson
Die vor allem für ihre beutellosen Staubsauger bekannte Firma Dyson verlagert ihr Hauptquartier von Großbritannien nach Singapur. Der Grund sei die zunehmende Bedeutung Asiens für das Dyson-Geschäft, erklärte das Unternehmen am Dienstag wenige Wochen vor Ablauf der Brexit-Frist. In Asien befänden sich inzwischen eine wachsende Mehrheit der Dyson-Kunden und alle Produktionsstandorte, hieß es.
James DysonBild: imago stock&people
Firmengründer James Dyson war seinerzeit einer der prominenten Befürworter des Austritts Großbritanniens aus der Europäischen Union. Dyson arbeitet gerade an einem Elektroauto, das ebenfalls in Singapur gebaut werden soll. Die britischen Standorte würden aber "auch in Zukunft das Kernzentrum der kreativen und ingenieurwissenschaftlichen Leistungen von Dyson sein".
Easyjet
Der britische Billigflieger Easyjet treibt seine
Vorbereitungen für den bevorstehenden Brexit voran. Ziel ist es, den
paneuropäischen Flugbetrieb für den Fall eines ungeregelten Austritt
Großbritanniens aus der EU zu sichern. Das Unternehmen versucht, einen Teil seiner Aktionäre aus
Großbritannien und anderen Ländern außerhalb des Europäischen
Wirtschaftsraums loszuwerden.
Easyjet-Chef Johan Lundgren will damit sicherstellen, dass die
Fluggesellschaft spätestens am 29. März mehrheitlich Eignern aus dem
EU-Wirtschaftsraum gehört. Dies gilt als Voraussetzung dafür, dass
eine Airline auf Strecken innerhalb der EU fliegen darf.
Bild: imago stock&people
"Die EU und Großbritannien haben versprochen zu gewährleisten, dass
Flüge zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU auch im Falle
eines Brexits ohne Abkommen weiterhin stattfinden", teilte Easyjet am
Dienstag bei der Vorlage der Quartalszahlen in Luton mit. Geliefert
haben Brüssel und London trotz aller informellen Versprechen aber
bislang nicht und über das Geschäftsmodell in ganz Europa ist damit
noch nichts gesagt.
Zum Jahresende 2018 befand sich die Airline nach eigenen Angaben zu
49 Prozent in der Hand von Anteilseignern aus dem europäischen
Wirtschaftsraum (EWR) – ohne Großbritannien. Damit lag die Quote
immerhin 2 Prozentpunkte höher als Ende September. Um die Quote über
die notwendigen 50 Prozent zu treiben, denkt Easyjet öffentlich darüber nach
den Nicht-EU-Aktionären die Stimmrechte für die Hauptversammlung zu entziehen
oder sie zu zwingen, ihre Anteile an europäische Eigner zu verkaufen
Ryanair
Ryanair hatte bereits vor Wochen angekündigt, die Stimmrechte seiner
britischen Aktionäre für den Fall eines ungeregelten Brexits zu
beschränken. Von weiteren Zwangsmaßnahmen wollen die Iren bislang
aber absehen. Mitte Oktober befand sich Ryanair zu 46 Prozent in der
Hand von EU-Aktionären – ohne die Briten.
Bild: imago stock&people
Condor und Tuifly
Das Problem der Eigentümerstruktur betrifft aber nicht nur britische
und irische Fluggesellschaften. Auch die Mutterkonzerne der deutschen
Ferienflieger Condor und Tuifly müssen notgedrungen an Lösungen
basteln. So gehört Condor zur Airline Group des britischen
Reiseveranstalters Thomas Cook (Neckermann), der wiederum
mehrheitlich britischen Aktionären gehört. Tuifly ist eine Tochter
des Reisekonzerns Tui aus Hannover, der zu einem Viertel dem Russen
Alexej Mordaschow und zu einem großen Teil britischen Aktionären
gehört.
Bild: imago stock&people
Bei einem Brexit könnten die EU-Fluglizenzen beider Ferienflieger in
Gefahr geraten. Ihre Mutterkonzerne haben daher wiederholt
versichert, sich für einen ungeregelten Brexit zu wappnen. "Wenn man
nicht weiß, was passieren wird, bereitet man sich auf alles vor",
hatte Tui-Chef Fritz Joussen gesagt. Zu Details hielten sich beide
Unternehmen jedoch bedeckt. Sie hoffen wie viele in der Branche, dass
ihr Flugbetrieb nach dem 29. März mehr oder weniger unverändert
weitergeht. Eine rechtliche Grundlage dafür steht aber weiterhin aus.
British Airways, Iberia, Vueling und Aer Lingus
Die Unsicherheit betrifft auch die International Airlines Group
(IAG), zu der Fluggesellschaften wie British Airways, die spanischen
Airlines Iberia und Vueling und die irische Aer Lingus gehören. Die
neue Grenze zwischen EU und Großbritannien verläuft voraussichtlich
mitten durch den IAG-Konzern, der zudem eine sehr internationale
Eigentümerstruktur hat: IAG gehört zu 21 Prozent der arabischen
Fluggesellschaft Qatar Airways, weitere große Anteile befinden sich
im Besitz von Anlegern aus Großbritannien und den USA.
Bild: imago stock&people
Sollten Iberia und Vueling nach einem ungeregelten Brexit nicht mehr
fliegen dürfen, würde dies einen großen Teil des innerspanischen
Flugverkehrs lahmlegen. Der EU zufolge muss IAG bis 29. März
nachweisen, dass sich Iberia und Vueling im Eigentum von
EU-Investoren befinden. IAG vertritt die Auffassung, dass die
Airlines diese Vorschrift erfüllen - etwa durch die Registrierung von
Iberia und Vueling in Spanien und die Bündelung der Stimmrechte bei
dort angesiedelten Dachgesellschaften. Am Ende könnte die spanische
Luftfahrtbehörde entscheiden müssen, ob das ausreicht.