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Waffen-Strategie im Ukraine-Krieg: Russland setzt auf neue Drohnen

dpatopbilder - 27.06.2025, Ukraine, Kiew: Besucher betrachten beschädigte russische Drohnen während der Internationalen Konferenz zur Ausweitung der Sanktionen gegen Russland. Foto: Efrem Lukatsky/AP/ ...
Ukraine, Kiew: Beschädigte russische Drohnen wurden bei einer Konferenz ausgestellt.Bild: AP / Efrem Lukatsky
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Ukraine: Russland fährt neue Waffen-Strategie bei Drohnen-Angriffen

Russland fliegt die schwersten Luftangriffe seit Beginn des Kriegs. Gleichzeitig setzt Moskau auf eine neue Angriffsstrategie mit weiterentwickelten Drohnen und Täuschkörpern – und bringt damit die ukrainische Luftabwehr an ihre Grenzen.
16.07.2025, 11:5216.07.2025, 11:52
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Die Ukraine steht im Krieg gegen Russland zunehmend unter Druck. Zwar gibt es neue Hoffnung auf weitere Unterstützung durch die USA und europäische Partner, doch die Lage bleibt dramatisch. Die derzeitigen russischen Luftangriffe sind die massivsten und schwersten seit Kriegsbeginn.

Geländegewinne durch Russland im Osten der Ukraine bereiten Kiew Sorgen. Diese sind zwar marginal, oft nur wenige Meter, doch erfolgen sie beständig.

Zudem ist die Luftverteidigung überfordert. Auch in Städten wie Kiew im Westen der Ukraine schlagen Raketen und Drohnen teilweise durch. Das liegt an einer veränderten aggressiven Strategie Russlands.

Christian Freuding, Generalmajor und Vertrauter von Verteidigungsminister Boris Pistorius, erklärt das neue Vorgehen des russischen Militärs. Es ist ein gefährlicher Mix aus Angriffsstrategien und neuer Technik, die diese so gefährlich macht.

Strategie Russlands: Neue Waffen-Technologie belastet Luftabwehr

Beim NDR-Podcast "Streitkräfte und Strategien" erklärt Freuding, dass die russischen Luftstreitkräfte dazugelernt und Produktionsmöglichkeiten ausgebaut hätten. Dies betrifft etwa die einfach konstruierten Shahed-Drohnen, die ursprünglich aus dem Iran importiert worden waren.

Visitors look at a damaged Iranian-made drone, Shahed, during the International Conference on Expanding Sanctions Against Russia in Kyiv, Ukraine, Friday, June 27, 2025. (AP Photo/Efrem Lukatsky)
Die Shahed-Drohne aus dem Iran ist einfach konstruiert und günstig herzustellen.Bild: AP / Efrem Lukatsky

Nun werden sie in besseren Versionen auch in Russland massenhaft produziert. Freuding erklärt:

"Inzwischen sind die Drohnen, die ehemals iranischen Shahed-Drohnen, durch die Russen weiterentwickelt worden: Sie sind in der Lage, viel mehr Sprengkraft mit sich zu führen, haben eine höhere Reichweite und größere Manövrierfähigkeit. Zudem sind sie schwerer abzulenken und zu stören."

Die technische Weiterentwicklung führe darüber hinaus dazu, dass Drohnen nicht mehr einzeln, sondern in koordinierten Schwärmen angreifen. Oft fliegen Hunderte Drohnen gleichzeitig in Schwärmen zum Angriff.

Russische Täuschkörperdrohnen belasten ukrainische Luftabwehr

Dies ermöglicht die Anwendung einer neuen Strategie: "Die russischen Streitkräfte entwickeln auch ihre Angriffstaktiken weiter. Zusätzlich zu mit Sprengstoff beladenen Drohnen werden nun vermehrt Täuschkörperdrohnen eingesetzt, um die ukrainische Luftverteidigung zu überlasten und abzulenken", erklärt Freuding.

Täuschkörperdrohnen sind unbewaffnete Fluggeräte, die gezielt eingesetzt werden, um die gegnerische Luftabwehr zu täuschen, abzulenken oder zum Verfeuern ihrer begrenzten Abwehrraketen zu zwingen.

Hinzu kommt eine veränderte Angriffsschneise. Drohnen greifen flacher an als noch vor einigen Monaten.

Ukraine: Drohnen-Angriffe lassen Angst der Menschen wachsen

Fatal für Kiew. Diese Schwärme aus bewaffneten und unbewaffneten Drohnen belasten die ukrainische Luftverteidigung mittlerweile schwer. "Die Ukraine hat in den vergangenen Monaten stark auf mobile Luftverteidigungssysteme gesetzt, doch diese Systeme können unter den neuen Bedingungen nicht mehr in gleicher Weise wirken", mahnt Freuding an.

Das schlage sich auch auf die Psyche der Zivilbevölkerung nieder. Denn Explosionen sind nun häufiger und deutlich näher am Stadtzentrum zu hören.

"Viele suchen bei Alarm sofort Schutzräume auf und bleiben dort über Stunden. Besonders Familien bringen ihre Kinder während der Ferien vermehrt aus den Städten, etwa aus Kiew, in sicherere Regionen", sagt Freuding. Er stellt klar: "Der Luftraum der Ukraine muss wieder sicherer werden."

Waffen und Unterstützung für die Ukraine: Hoffnung in Kiew wächst

Angesichts der massiven russischen Luftangriffe werden internationale Waffenlieferungen weiter ausgeweitet. Die USA haben ein milliardenschweres Hilfspaket angekündigt, begleitet von dem Plan, Patriot-Luftabwehrsysteme über Nato-Partner wie Deutschland und andere EU-Staaten nach Kiew zu schicken.

US-Präsident Trump kündigte jüngst an, dass erste Luftabwehrraketen bereits aus Deutschland unterwegs seien, finanziert von europäischen Partnern. Parallel dazu wollen Nato-Länder – darunter Deutschland, Dänemark, die Niederlande und Norwegen – selbst Patriot-Batterien kaufen und unmittelbar an die Ukraine weiterreichen. Schweden hat ebenso seine Beteiligung an dieser neuen Waffeninitiative signalisiert.

Auf dem Londoner Ukraine-Gipfel Anfang Juli einigten sich führende EU-Staaten zudem auf die verstärkte Beschaffung von Luftabwehrschilden – einschließlich kleinerer Systeme wie IRIS‑T – und auf die vertiefte Produktion eigener Raketen im Inland. Ein Hoffnungsschimmer für die Ukrainer:innen.

Ukraine: So funktionieren die "Wilden Hornissen" – effektive Waffe gegen Putins Drohnen
Sie fliegen leise, sind schnell – und tödlich für russische Drohnen: Die Ukraine setzt im Abwehrkampf gegen Putins Shahed-Schwärme auf eine neue Waffe. "Wilde Hornissen" heißt das System. Entwickelt wurde es nicht von einem Rüstungskonzern, sondern von einem Start-up.
Russland setzt seinen Luftkrieg gegen die Ukraine unvermindert fort – mit der größten Angriffswelle seit Kriegsbeginn. Hunderte Kamikaze-Drohnen vom Typ Shahed, dazu Marschflugkörper und ballistische Raketen: Fast jede Nacht steigen Schwärme auf, die ukrainische Städte und Infrastruktur ins Visier nehmen. Besonders im Fokus stehen Energieanlagen, Industriezentren und zunehmend auch Ziele tief im Landesinneren.
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