Proteste am Rande des Prozesses um den Feuertod des Asylbewerbers Oury Jalloh am 13.12.2012 vor dem Landgericht in MagdeburgBild: dpa-Zentralbild
Deutschland
Asylbewerber Jalloh verbrannte in seiner Zelle – jetzt gibt es neue Erkenntnisse
28.03.2018, 14:4528.03.2018, 14:46
Mehr «Deutschland»
Selbstmord oder Mord? Darüber streiten sich die Gerichte im Falle des tot aufgefunden Asylbewerbers Oury Jalloh seit über einem Jahrzehnt. Jetzt sorgt ein Gutachten für neue Erkenntnisse.
Oury Jalloh aus Sierra Leone starb im Januar 2005 bei einem Feuer
in einer Gewahrsamszelle des Polizeireviers in Dessau-Roßlau. Er wurde mit
gefesselten Händen auf einer Matratze in seiner verschlossenen Zelle aufgefunden.
Die
genauen Umstände, die zum Tod geführt haben, sind bis heute ungeklärt. So kurios war der Fall, dass ihm sogar der Tatort eine eigene Folge widmete.
Im ersten Verfahren 2008 wurden zwei Polizisten vor dem
Dessauer Landgericht freigesprochen. Vor dem Magdeburger Landgericht wurde in einem zweiten Prozess ein Polizist zu einer Geldstrafe verurteilt.
Der Gutachter und Toxikologe Gerold Kauert hat am Montag die Ermittlungen im
Fall des ungeklärten Feuer-Todes von Jalloh kritisiert. Und schließt eine Selbsstötung aus. Das sagte er
dem MDR.
Bei einer solchen Selbsttötung hätte der Körper Stresshormone
freisetzen müssen. Im Urin seien aber keine
Anzeichen einer tödlichen Stresswirkung gefunden worden:
„Er muss gestorben sein, bevor das Adrenalin dorthin gelangen konnte. Damit stehen auch die Aussagen von Zeugen in Frage, wonach Oury Jalloh noch nach Ausbruch des Feuers über die Gegensprechanlage mit der Leitstelle des Reviers kommuniziert haben soll.“
Gegen die Selbstmordthese spreche auch, dass Jalloh bereits vor dem Feuer
bewusstlos gewesen sei.
„Die toxikologischen Befunde haben aber keinen Nachweis der typischen giftigen Verbindungen wie Kohlenmonoxid, Blausäure u.a erbracht. Und auch keinen Nachweis von typischen Brandbeschleunigern wie z.B. Benzin.“
Jalloh müsse gestorben sein, noch bevor die Brandgase in
seinen Körper gelangen konnten, sagte Kauert. Damit stünden auch die Aussagen von Zeugen
infrage, wonach Oury Jalloh noch nach Ausbruch des Feuers über die
Gegensprechanlage mit der Leitstelle des Reviers kommuniziert haben soll.
„Und deshalb habe ich damals in der letzten Besprechung mit den Sachverständigen gesagt, er muss bewusstlos gewesen sein, hat aber natürlich noch geatmet. Und dann hat ihn jemand angezündet. Vermeintlich tot. Das ist auch bis heute meine Überzeugung.“