Keine Spur südöstlich von Berlin: Die Polizei suchte in einem Waldstück in Kummersdorf bei Storkow vergeblich nach der vermissten 15-Jährigen.Bild: www.imago-images.de
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Instagram-Bild, Kritik an Polizei: 4 Aspekte im Fall Rebecca, die für Diskussionen sorgen
17.03.2019, 09:40
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Der Fall der seit fast vier Wochen verschwundenen Rebecca aus Berlin-Rudow bleibt rätselhaft. Deutschlandweit machen sich Menschen Sorgen um das vermisste Mädchen.
Die großangelegte Suche mit hunderten Polizisten brachte in den vergangenen Woche kein Ergebnis. Am Dienstag hat die Polizei ihre Suche wieder aufgenommen, in der Nähe des Suchgebiets der vergangenen Woche bei Storkow. Auch der nahe gelegene Wolziger See und sein Ufer sollten untersucht werden.
Die Ermittler stehen noch immer mit leeren Händen da, der Druck wächst.
Polizei und Staatsanwaltschaft gehen davon aus, dass Rebecca getötet wurde. Die 15-Jährige hielt sich zuletzt am 17. Februar in dem Haus auf, in dem ihre Schwester mit Mann und Kind lebt. Dort übernachtete Rebecca. Am Morgen des 18. Februar erschien sie nicht zum Schulunterricht. Die Ermittler nehmen an, dass sich der Schwager zuletzt allein mit Rebecca im Haus aufhielt und dass sie das Haus nicht lebend verließ. Der Verdächtige sitzt in Untersuchungshaft und schweigt zu den Vorwürfen.
Während das Schicksal von Rebecca noch immer ungeklärt ist, sorgen Neben-Aspekte des Falls für Diskussionen.
Erst das umstrittene "Kesy" brachte die Polizei auf die Spur des Schwagers
Zwei Autofahrten – von Berlin aus durch Brandenburg in Richtung Polen und wieder zurück – hatten den Schwager zum Hauptverdächtigen gemacht. Im Kofferraum des himbeerroten Renault Twingos wurden Spuren von Rebecca gefunden, nur der Schwager schien Zugriff auf das Auto gehabt zu haben.
Das Fahrzeug wurde am Vormittag des 18. Februar (dem Tag von Rebeccas Verschwinden) und am Abend des 19. Februar auf der Autobahn A12 von einem automatischen Kennzeichen-Erfassungssystem ("Kesy") registriert. Die A12 führt über Frankfurt (Oder) bis zur polnischen Grenze.
Wie funktioniert "Kesy"?
In Brandenburg nutzt die Polizei seit 2010 das automatische Kennzeichen-Erfassungssystem "Kesy". Laut der Polizei Brandenburg geht es dabei zum Beispiel um die Suche nach zur Fahndung ausgeschriebenen Fahrzeugen, weil sie gestohlen oder für Straftaten genutzt wurden. Kennzeichen anderer Fahrzeuge werden gelöscht. Die Daten können laut Polizei nach einem richterlichen Beschluss aber auch erneut ausgelesen und gesichtet werden. Dieses Vorgehen ist durch das Polizeigesetz Brandenburgs (§36a) gedeckt.
Neun Geräte sind den Angaben zufolge landesweit aufgestellt. Vom Äußeren sind sie für Laien nicht zu erkennen. Sie erfassen ähnlich den üblichen Blitzern per Kamera das Nummernschild, aber nicht die Frontscheibe des Fahrzeugs. Der Fahrer des Wagens ist damit nicht zu identifizieren.
Das Bundesverfassungsgericht hatte das umstrittene Vorgehen der Polizei in den Bundesländern Bayern, Hessen und Baden-Württemberg im Dezember 2018 zum Teil für verfassungswidrig erklärt. Das Recht auf die Selbstbestimmung über eigene Daten werde verletzt, schon die Erfassung der Kennzeichen an sich sei freiheitsbeeinträchtigend. Gegenstand der Klagen waren nur die Vorschriften in diesen drei Bundesländern, obwohl weitere Länder die Technik nutzen.
RTL hatte den Vater mit einer merkwürdigen Aussage zitiert. Sein Schwiegersohn habe ihm gegenüber offenbart, warum er in diesen Tagen in Polen gewesen sei und was er dort gemacht habe: "Die ganze Nummer hängt mit einer anderen Sache zusammen, die ich aber nicht sagen darf." Eine Aussage, die stutzig machte.
Mehrfach forderte der Vater den 27-Jährigen daraufhin auf, sein Schweigen in der U-Haft zu brechen, damit die Suche nach Rebecca in eine andere Richtung gehe.
Im RTL-Interview appellierte er an seinen Schwiegersohn: "Rede einfach! Klär das, damit die ganze Suche in die andere Richtung geht, und zwar in die richtige."
Am Sonntagabend wurde dann bekannt, dass der Vater von Rebecca mittlerweile behauptet haben soll, die Autofahrten des Schwiegersohns hätten etwas mit Drogengeschäften in Polen zu tun gehabt. Der Verdächtige habe daher, aus Angst vor Strafverfolgung wegen eines Drogendelikts, gegenüber der Polizei nichts gesagt. Die Familie Rebeccas glaubt nach wie vor an die Unschuld des Schwagers und steht hinter ihm. (bild.de)
Warum wird mit einem Instagram-Foto nach Rebecca gesucht?
Das Bild der Vermissten, das die Öffentlichkeit kennt, zeigt Rebecca mit Schmollmund und großen Augen. Das offensichtlich digital bearbeitete Bild stammt von Rebeccas Instagram-Account.
Warum sucht die Polizei nicht mit einem Bild nach Rebecca, das sie realitätsgetreuer zeigt? Das hat mehrere Gründe.
Grundsätzlich entscheidet die Familie, welches Bild zur Fahndung nach einer vermissten Person bereitgestellt wird. Das erklärte eine Sprecherin des Berliner Landeskriminalamtes gegenüber der "Welt". (welt.de)
Rebeccas Vater sagte dem TV-Sender N-TV, dass die Familie so gut wie keine Fotos von Rebecca habe, die nicht digital bearbeitet seien.
Der Medienpsychologe Jo Groebel sprach gegenüber der "Welt" von einer "Ikonisierung". Für die Fahndung sei das Foto zwar nicht perfekt, doch habe es zu einer besonderen Aufmerksamkeit für den Fall geführt. (welt.de)
Kritik am Umgang der Polizei mit dem Verdächtigen
Die Brandenburger Polizei kritisierte den Fahndungsaufruf der Berliner Polizei und der Staatsanwaltschaft nach Rebeccas Schwager. Dadurch sei auch das Kennzeichen-Erkennungssystem auf der A 12 öffentlich geworden. Straftäter wüssten nun, wie sie sich zu verhalten haben und könnten die Systeme umfahren. (morgenpost.de)
Strafverteidiger kritisieren allgemein das Vorgehen der Polizei, den Schwager als Tatverdächtigen zu präsentieren. Die Unschuldsvermutung werde so ausgehebelt, hieß es. Ein faires Strafverfahren, wenn es dazu kommen sollte, sei so nicht mehr garantiert.
Stefan Conen, der Strafverteidiger des Schwagers von Rebecca, hatte im RBB-Inforadio im Speziellen kritisiert, dass der beschuldigte Schwager schon als Täter dargestellt werde, obwohl in jedem Ermittlungsverfahren die Unschuldsvermutung gelte: "Und nicht nur im Ermittlungsverfahren, sondern bis zum Abschluss eines Verfahrens." Dass immer wieder belastende Informationen aus den Ermittlungen der Kriminalpolizei bekannt würden, sei "irreparabel, das gefährdet ein faires Strafverfahren".
Conen betonte: "Wenn es nicht zu einem solchen kommt, wird dieser Beschuldigte, der als unschuldig zu gelten hat, sein Leben lang von den Behörden mit dem Kainsmal eines Verdachts bedacht – und wird dieses auch nicht mehr abstreifen können."