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CSU: Nach Treffen mit DeSantis – Andreas Scheuer wehrt sich gegen massive Kritik

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Andreas Scheuer und andere Politiker:innen aus der CSU-Spitze haben sich mit Ron DeSantis getroffen – massive Kritik folgt postwendend.Bild: dpa / Christoph Soeder
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CSU: Nach Treffen mit DeSantis – Andreas Scheuer wehrt sich gegen massive Kritik

08.05.2023, 11:4608.05.2023, 11:49
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Nachdem sich der frühere Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) und andere CSU-Größen mit dem Gouverneur von Florida Ron DeSantis getroffen haben, hagelt es Kritik. Scheuer hatte am Freitag auf Twitter Fotos von einem Treffen mit dem republikanischen Gouverneur geteilt.

Darauf sind unter anderem der verteidigungspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Florian Hahn, und die Vize-Vorsitzende der Unions-Bundestagsfraktion, Dorothee Bär, zu sehen. Dazu schrieb Scheuer: "Die starken strategischen und außenpolitischen Einschätzungen des Gouverneurs heben die transatlantische Zusammenarbeit hervor." Die Delegation war zu Besuch in Florida.

Eine transatlantische Zusammenarbeit mit einem Republikaner, dessen Agenda bei vielen Politiker:innen in Deutschland für Entsetzen sorgt. DeSantis, dem nachgesagt wird, gegen Trump bei der Präsidentschaftswahl antreten zu wollen, ist ein rechtskonservativer Politiker. In seinem Bundesstaat sorgt er seit Amtsantritt dafür, dass das Leben für Minderheiten zum Spießrutenlauf wird. Organisationen sprechen bereits Reisewarnungen für Florida aus.

Dass sich Scheuer wohl mit DeSantis Politik identifizieren kann, sorgt für Empörung. Der CSU-Politiker muss sich deshalb harscher Kritik stellen – die er offenbar selbst nicht nachvollziehen kann.

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Kritik an DeSantis' Politik

Ron DeSantis, schreibt beispielsweise SPD-Politikerin Katja Mast, steht für neurechten Kulturkampf. Sie zählt Einschränkungen von Frauen- und Minderheitenrechten auf und fragt: "Hat die CSU hier ihr Vorbild gefunden?". Die Union umgarne Rechtsaußen, wirft die Sozialdemokratin vor.

In einem Interview mit dem Nachrichtenportal "t-online" reagiert Scheuer auf die Kritik. Er sagt: "Der Termin mit Ron DeSantis war ein echter Höhepunkt dieser Reise." Der CSU-Politiker teile die Analysen von DeSantis. "Das mag einige schockieren. Aber dazu stehe ich", sagt Scheuer mit Blick auf DeSantis Ansichten etwa zum Geschlechterwechsel. Scheuer fährt fort:

"Die Menschen, die ich treffe, haben ganz andere Sorgen als Klimahysterie oder Genderfragen."

Katja Mast allerdings ist mit ihrer Kritik nicht allein. Ähnlich hatte sich der Queer-Beauftragte der Bundesregierung, Sven Lehmann (Grüne), geäußert. "Wenn die Politik von DeSantis ein Vorbild für die CSU ist, dann gute Nacht", sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. "Der Rechtsaußen-Politiker führt in Florida einen Kulturkampf gegen Frauen und gegen Lesben, Schwule und transgeschlechtliche Menschen. Seine Gesetze sind eine akute Bedrohung für Minderheiten."

Max Lucks hingegen, ebenfalls Grünenpolitiker, gratuliert der CSU auf Twitter sarkastisch. Er schreibt: "Herzlichen Glückwunsch, zur Brüderschaft mit den Trumpisten, CSU! Wir werden unsere Demokratie gegen euch verteidigen."

Und nicht nur für das Gemeinmachen mit DeSantis' gesellschaftspolitischen "Analysen" hagelt es Kritik, sondern auch wegen dessen Klimaverständnis. Fridays-for-Future-Aktivistin Magdalena Hess hat DeSantis Umgang mit der Klimakrise in einem Thread aufgedröselt. Zusammengefasst:

  1. Er will keine linke Politik machen – Eindämmung der Klimakrise deshalb nicht möglich.
  2. Er ist davon überzeugt, nur fossile Energien sind gute Energien.
  3. Staatshilfen für die Klimafolgebekämpfung in Florida gibt es für Regionen, an denen DeSantis' Wahlhelfer:innen Interesse haben.

"Fakt ist", schreibt Hess, "wenn das ein klimapolitisches Leitbild ist, mit dem die CSU sich identifizieren kann, dann ist das eine wirklich große Gefahr und eine Absage an jegliche Klimawissenschaft."

Scheuer empfindet Kritik als unberechtigt

Scheuer hingegen fühlt sich von der Kritik augenscheinlich überrumpelt. Er schreibt auf Twitter von einer "linken Erregungskultur". Davon, dass es wichtig sei, "konservative Politik zu machen und darüber im Gespräch zu sein."

Aber auch wenn kontroverse Debatten und Kritik zur Demokratie gehörten, dürfe man in diesem konkreten Fall das Demokratieverständnis vieler Kritiker:innen hinterfragen. Denn was aus Scheuers Sicht nicht gehe: "Anderen vorschreiben zu wollen, mit wem man reden und sich treffen darf, nur weil einem das selber nicht passt."

Es sei realitätsfern zu glauben, meint Scheuer im Gespräch mit "t-online", dass er nun nach dem Gespräch DeSantis' Politik 1:1 übernehmen wolle. Aber: Er selbst mache Politik für normale Menschen, anders als die Ampel in Berlin. Scheuer erklärt: "Die Ampel kümmert sich zu wenig um die Leistungsträger, den Mittelstand, die Familienunternehmen und die arbeitende Bevölkerung." DeSantis spreche in diesem Zusammenhang eine klare Sprache und habe damit Erfolg.

Von dem Vorwurf, die CSU würde sich einem rechtsaußen Politiker andienen, will Scheuer nichts wissen. Empört erklärt er: "Wir haben uns zum Gespräch mit dem demokratisch gewählten Gouverneur des Bundesstaates Florida getroffen?" Insgesamt habe er DeSantis als offenen Menschen kennengelernt.

(Mit Material der dpa)

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