Wegen des Kaufes seiner Villa in Berlin könnte Christian Lindner Probleme bekommen.Bild: www.imago-images.de / Political-Moments
Deutschland
10.01.2023, 17:1203.07.2023, 10:26
Schon Ende Oktober gab es Wirbel um Christian Lindner und seine Nobelvilla. Jetzt macht der Kauf einer 1,65 Millionen Euro teuren Immobilie erneut Schlagzeilen, bei denen nicht nur der FDP-Chef und Finanzminister Probleme bekommen könnte.
Die Berliner Generalstaatsanwaltschaft prüft den Verdacht einer möglichen Vorteilsnahme durch Lindner in Verbindung mit einem Immobilienkredit. Bei dieser "Vorprüfung" gehe es auch um die Frage, ob Lindners Immunität als Bundestagsabgeordneter aufgehoben werden solle, teilte ein Sprecher der Behörde bereits am Montag mit.
Der Anlass der Prüfung: Lindner hatte im Frühjahr ein schriftliches Grußwort für die Karlsruher BBBank verfasst, bei der er auch einen Kredit für einen privaten Hauskauf aufgenommen hatte.
FDP-Vize Wolfgang Kubicki ist wütend.Bild: www.imago-images.de / F. Kern/Future Image
Lindners Parteifreund Wolfgang Kubicki sieht Rot und wendet sich mit einer wütenden Mitteilung an die Ermittlungsbehörde. Am liebsten würde er die ermittelnde Generalstaatsanwältin direkt entlassen.
Nachdem nun die Staatsanwaltschaft Berlin mitgeteilt hatte, dass sie die Aufnahme von Ermittlungen gegen Christian Lindner prüfe, stellt sich tatsächlich auch für Rechtswissenschaftler:innen die Frage: Durften die das?
Für Medienanwalt Christian Conrad verletzt eine solche Mitteilung ohne Anfangsverdacht die Persönlichkeitsrechte des Finanzministers. Conrad ist in der Rechtsvertretung im politischen Umfeld kein Unbekannter. Er vertrat etwa auch die AfD im Rechtsstreit mit dem Bundesverfassungsgericht.
Cornrad schreibt in einem Bericht im Online-Medium "Legal Tribune Online", es sei zu erwarten gewesen, dass auf so eine Mitteilung eine Empörungsmaschinerie startet. Und er meinte: "Wie so oft überdreht und vorverurteilend."
An den Wannsee grenzend: Der Stadtteil Nikolassee ist im rechten und oberen Bildteil zu sehen.Blickwinkel / imago images
Frühzeitige Berichterstattung im Zusammenhang mit staatsanwaltschaftlichen Vorgängen berge die Gefahr, "dass die Öffentlichkeit die bloße Einleitung eines Ermittlungsverfahrens mit dem Nachweis der Schuld gleichsetzt und deshalb im Fall einer späteren Einstellung des Ermittlungsverfahrens oder eines Freispruchs vom Schuldvorwurf etwas hängenbleibt".
Kubicki fordert Rücktritt von Justizsenatorin
Damit zitierte Conrad ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2012. Und er meint auch: "Diese Gefahr hat sich hier ausweislich der benannten Reaktionen bereits verwirklicht – und dies sogar ganz ohne Ermittlungsverfahren."
FDP-Vize Kubicki würde hier gern Köpfe rollen sehen.
Er schreibt: "Die Berliner Justizsenatorin sollte zurücktreten, mindestens aber die Generalstaatsanwältin entlassen." Berichte darüber, dass die Generalstaatsanwaltschaft die Aufhebung der Immunität von Lindner prüfe, seien eine "politische Charakterlosigkeit und eine erhebliche Persönlichkeitsrechtsverletzung". Diese müsse "personelle Konsequenzen nach sich ziehen".
Auf Grundlage eines Berichts des Spiegels vom Oktober hatte die Berliner Staatsanwaltschaft eigenen Angaben zufolge eine Vorprüfung eingeleitet. Ein Sprecher betonte, dass mit dieser Prüfung noch keine "Aussage über das Vorliegen eines Anfangsverdachts" getroffen werden könne. Die Vorprüfung liege bei der Generalstaatsanwaltschaft, weil diese seit Jahresbeginn die Zuständigkeit für die Bearbeitung von Korruptionsdelikten innehabe.
Die BBBank ist als Badische Beamten Bank in Karlsruhe gegründet worden und hat noch heute dort ihren Sitz.Bild: www.imago-images.de / michael gstettenbauer
Lindner teilte laut "Tagesspiegel" auf Anfrage dazu mit, eine Verbindung zwischen seiner Immobilienfinanzierung und dem Grußwort gebe es nicht. Der mögliche Vorwurf einer Vorteilsnahme ist dem FDP-Chef zufolge also nicht gegeben.
Die Vorteilsannahme ist laut Strafgesetzbuch ein Korruptionsdelikt. Strafbar ist danach, dass ein:e Amtsträger:in einen Vorteil für seine oder ihre Dienstausübung erhält. Das Videogrußwort könnte zumindest als Diensthandlung gesehen werden, denn solche Grußworte gehören tatsächlich zu den üblichen Tätigkeiten von Minister:innen. Diese dürfen aber eben keinen finanziellen Vorteil davon haben – also kein Geld oder andere monetären "Geschenke" bekommen.
Update: Staatsanwaltschaft ermittelt nicht
Nachtrag: Da "kein Anfangsverdacht strafbaren Verhaltens" vorhanden sei, hat die Abteilung für Korruptionsbekämpfung der Staatsanwaltschaft ihren Prüfvorgang offiziell beendet und geschlossen. Es wird nicht gegen Christian Lindner ermittelt. Alle Informationen hier.
(Mit Material der AFP)
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