Deutschland
Rechtsextremismus

Erneuter rassistischer Angriff in Chemnitz – 6 Verdächtige in Untersuchungshaft

Deutschland

Erneuter rassistischer Angriff in Chemnitz – 6 Verdächtige in Untersuchungshaft

15.09.2018, 17:2615.09.2018, 17:45
Mehr «Deutschland»

Nach einer Demonstration der rechten Organisation "Pro Chemnitz" am Freitagabend haben nach Angaben der Polizei Chemnitz 15 Personen eine Gruppe aus Deutschen, Iranern und Pakistanern in Chemnitz angegriffen. Gegen sechs Tatverdächtige wurde Haftbefehl erlassen. Die Angreifer hatten vorher offenbar an der Demonstration teilgenommen.

Das ist nach Angaben der Polizei passiert:

  • Gegen 21:15 kam die Gruppe aus 15 Männern auf der Chemnitzer Schlossteichinsel an, wie die Polizei Chemnitz mitteilt.
  • Dort sei die Gruppe zunächst auf eine etwa zehnköpfige Geburtstagsfeier getroffen und habe Ausweise von den Feiernden verlangt. Die Feiernden hätten sich bedroht gefühlt, die Insel verlassen und die Polizei gerufen.
  • Zeugen berichten laut Polizeiangaben, dass sich die Gruppe als "Bürgerwehr" bezeichnet habe.
  • Die 15-köpfige Gruppe habe daraufhin eine Gruppe aus sieben Deutschen, Iranern und Pakistanern eingekreist. Dabei sollen "fremdenfeindliche Äußerungen" gefallen sein.
  • Ein 26-jähriger Iraner wurde demnach von der Gruppe verletzt. Er habe Platzwunde am Kopf erlitten, sagte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft.

Augenzeugen hatten auf Twitter bereits am Freitagabend von einem Angriff durch "Nazis" berichtet. Die Polizei schrieb zunächst lediglich von einer "Auseinandersetzung zwischen mehreren Personen".

Hier fand der Angriff statt:

Bild

Fünf Tatverdächtige könnten schon nächste Woche verurteilt werden

Die Polizei konnte 25 Personen kurz später auf der Schlossteichinsel festsetzen. Neun Personen wurden anschließend freigelassen, gegen sechs Personen wurde jedoch bereits ein Haftbefehl erlassen. Gegen fünf davon soll bereits in der kommenden Woche ein beschleunigtes Gerichtsverfahren stattfinden. Nach Auskunft der Staatsanwaltschaft wird den Männern Landfriedensbruch vorgeworfen. Dies beinhalte auch Körperverletzung.

Die Chemnitzer Oberstaatsanwältin Ingrid Burghart teilte watson auf Anfrage mit, dass davon ausgegangen werde, dass die 15 Tatverdächtigen zuvor an der Demonstration von "Pro Chemnitz" teilgenommen haben. Ob die Tatverdächtigen der rechtsextremen Szene zuzuordnen sind, konnte die Oberstaatsanwältin zunächst nicht bestätigen.

Schon während der Demo waren 18 Straftaten angezeigt worden. Ein Demonstrant habe einen Hakenkreuz-Anhänger getragen, ein anderer soll den Hitlergruß gezeigt haben, wie die Polizei Chemnitz mitteilte. Bei anderen Teilnehmern der Kundgebung wurden demnach Quarzhandschuhe gefunden.

14.09.2018, Sachsen, Chemnitz: Teilnehmer einer Demonstration der rechtspopulistischen Bewegung Pro Chemnitz ziehen durch die Stadt. Foto: ---/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Vor dem Angriff am Abend fand eine rechte Demonstration in Chemnitz statt.Bild: dpa

Bereits am Mittwoch wurde ein Tunesier in Chemnitz angegriffen

Bereits am Mittwoch hatte es in Chemnitz einen erneuten offenbar rassistisch motivierten Angriff auf einen 41-jährigen Tunesier gegeben. Zeugen zufolge sollen vier Männer auf den am Boden liegenden Mann eingeschlagen und ihn verletzt haben, wie die Polizei Chemnitz am Freitag mitteilte. Zudem sollen sie "fremdenfeindliche Äußerungen" von sich gegeben haben.

Anschließend seien die mutmaßlichen Täter, von denen zunächst nur vage Personenbeschreibungen vorlagen, rasch vom Tatort verschwunden. Das Staatsschutzdezernat der Kriminalpolizei nahm Ermittlungen wegen des Verdachts der gefährlichen Körperverletzung auf. Unklar war zunächst, was dem Angriff vorausgegangen war.

Zudem prüfen die Ermittler mögliche Zusammenhänge mit einer gefährlichen Körperverletzung vom 1. September, bei der ein 20-jähriger Afghane von vier Vermummten geschlagen und verletzt wurde. Am selben Abend fand in Chemnitz eine Großveranstaltung von AfD, Pegida, der rechtspopulistischen Bewegung Pro Chemnitz und weiteren rechten Gruppierungen mit tausenden Teilnehmern statt.

(fh/afp/dpa)

Video: watson/Felix Huesmann, Lia Haubner