Chemnitz kommt nicht zur Ruhe. Nach den Krawallen von Montag ist am Samstag wieder demonstriert worden. Die Polizei war dieses Mal mit einem Großaufgebot vor Ort. Mehr als 8000 Menschen sind auf die Straße gegangen.
Am Nachmittag hatte die Kundgebung von "Pro Chemnitz" stattgefunden. Das Bündnis hatte sich am späten Nachmittag der Demonstration von AfD und Pegida angeschlossen. Die hatten zu einem "Trauermarsch" aufgerufen. Mit dabei war auch der Thüringer AfD-Chef Björn Höcke.
Bereits am Vormittag hatte ein Bündnis aus Vereinen, Gewerkschaften und Parteien zur Gegendemonstration unter dem Motto „Herz statt Hetze“ aufgerufen.
Der Marsch der AfD wurde von der Polizei gegen 19 Uhr beendet. Mehrere Journalisten und ein SPD-Abgeordneter berichteten am Abend von Angriffen. Auch unserer Reporter wurde von rechten Demonstrationsteilnehmern attackiert. Die Polizei ermittelt.
Die Ereignisse am Samstag zum Nachlesen im watson-Ticker:
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21:19
"Polizei war mal wieder überfordert"
Reporter Jan-Henrik Wiebe schildert seine Beobachtungen, kurz bevor er von Teilnehmern des AfD-"Trauermarsches" angegriffen wird:
Vorhin wurde ich von Neonazis, ja, so muss man sie nennen, angegriffen. Mikro ist weg, mir geht’s zum Glück gut. Polizei war mal wieder überfordert. Wasserwerfer war zeitweise eingekesselt. #Chemnitz#c0109pic.twitter.com/pl7pqIzy5T
"Von Nazis überfallen" – SPD-Abgeordneter berichtet von Übergriffen
Auch der SPD-Bundestagsabgeordnete Sören Bartol berichtet von Angriffen:
Ich bin entsetzt. Meine Gruppe aus Marburg wurde gerade auf dem Weg zum Bus von Nazis überfallen. Alle SPD Fahnen zerstört und einige wurden sogar körperlich angegriffen. #chemnitz#spd#marburg
Die Versammlung "Frieden wahren - Demokratie verteidigen" am Johannisplatz ist jetzt beendet. Damit sind alle großen Versammlungen des heutigen Tages in #Chemnitz#c0109 zu Ende.
Bereits zuvor hat die Polizei aber gewarnt, sie werde vor Ort bleiben. "An die aber, die Gewalt suchen: wir sind weiterhin mit starken Kräften im Stadtgebiet präsent und erneuern unsere Aufforderung: Bleibt friedlich!", twitterte sie.
20:46
Polizei ermittelt wegen Attacke auf unseren Reporter
Wie die Kollegen von t-online berichten, ermittelt die Polizei nun wegen des Angriffs auf Reporter Jan-Henrik Wiebe, der für t-online und watson aus Chemnitz berichtet. Wiebe ist von rechten Demonstranten der AfD-Kundgebung angegriffen worden. Die Polizei hatte am Karl-Marx-Denkmal die Kontrolle über die Situation verloren. Rechte durchbrachen die errichtete Polizeisperre und umringten einen Wasserwerfer. Dort ereignete sich die Attacke.
20:22
Reporter attackiert
Die Kollegen von BuzzFeedNews haben die Attacke auf unseren Reporter gefilmt. Auch der BuzzFeed-Reporterin wurde die Kamera aus der Hand geschlagen. All das geschah direkt neben einem Wasserwerfer der Polizei:
Unser Reporter Jan-Henrik Wiebe meldet telefonisch, dass ein Wasserwerfer der Polizei völlig umringt ist von gewaltbereiten Teilnehmern des AfD-Umzugs. "Nationale Sozialisten skandieren 'frei, sozial, national'", beschreibt Wiebe. Die Lage sei völlig unübersichtlich, die Polizei ziehe weitere Kräfte nach. Wiebe wurde auch attackiert, das Mikrofon wurde ihm weggeschlagen.
Da die Versammlungszeit der Demonstration abgelaufen ist, soll die Versammlung beendet werden:
Die Versammlungszeit der Demonstration AfD ist bereits überschritten, eine Umgehung der Bahnhofstraße/Zschopauer Straße ist aus gefahrenabwehrrechtlichen Gründen nicht möglich. Der Versammlungsleiter wurde angesprochen, seine Demo zu beenden. #Chemnitz#c0109
Teilnehmer des rechtspopulistischen Demonstrationszuges tragen große Schilder mit Fotos von angeblichen Opfern von Flüchtlingen vor sich her.
19:08
Anspannung steigt
Demoteilnehmer der AfD-Kundgebung sind offenbar unterwegs in Richtung der Gegenkundgebung mit Egotronic. Die Polizei hat die Kette darum verstärkt, die Anspannung ist deutlich zu spüren, sagt unser Reporter.
Aktuell angespannte Situation am Rande der Demo-Strecke. Rechte Gruppen versuchen Richtung Gegendemo vorzurücken, erste kleine Auseinandersetzungen, Polizei riegelt ab #c0109#Chemnitzpic.twitter.com/7wRWR9Yr9M
Der Zusammenprall von Linken und Neonazis ereignete sich in einer Seitenstraße. Flaschen und Stühle flogen hin und her, beide Seiten schienen auch bereit, weiter aufeinander loszugehen, als Polizisten erschienen und dazwischen gingen. Das berichtet unser Reporter vor Ort.
"Unsere Einsatzkräfte werden teilweise gezwungen, unmittelbaren Zwang einzusetzen", schreibt die Polizei auf Twitter.
Die Polizei hat nur wenig im Griff, trotz Großaufgebot, Wasserwerfern und Pferden. Sie kann Linksautonome und rechtsextreme Hools nicht auseinanderhalten. Kaum Beamte in den Seitenstraßen. #Chemnitz#c0109
Über 8000 Demonstranten. Erste Schätzungen zu Teilnehmerzahlen
Nach Angaben des MDR gibt es erste Schätzungen der Stadt Chemnitz zur Teilnahmezahl an den heutigen Demonstrationen. An den Kundgebungen von AfD und "Pro Chemnitz" sollen 6.000 Menschen beteiligt gewesen sein, an der "Herz statt Hetze"-Demo rund 2.500 Menschen.
18:10
AfD- und Pegida-Demo kann starten
Mehrere tausend Menschen beteiligen sich Schätzungen zufolge daran, der größere Anteil von ihnen stammt von "Pro Chemnitz". In einer Seitenstraße hat die Polizei Wasserwerfer und Räumpanzer aufgefahren.
"Wir sind das Volk", wird in der Menschengruppe des Schweigemarschs skandiert. "Ja, das sind wir", kommt die Antwort über Lautsprecher. Erkennbar ist das Bemühen, dass die Veranstaltung den angestrebten ruhigen Charakter behält. "Wir lange sollen wir noch warten?", ist von Teilnehmern zu hören. Unmut dort wächst, berichtet unser Reporter Jan-Henrik Wiebe vor Ort.
18:09
Reiterstaffel der Polizei im Einsatz
Linke Demonstranten haben wohl versucht, zu einer Gruppe der rechten Demonstranten durchzubrechen. Die Reiterstaffel der Polizei hat dies verhindert:
Während es um Blockaden auf der Strecke Verwirrung gibt, ist die von der AfD organisierte Demonstration noch nicht gestartet. Es gibt offenbar noch Details zu den Ordnern zu klären.
Die "Freie Presse" berichtet von Blockaden durch Gegendemonstranten auf der AfD/Pegida/Pro Chemnitz-Demo-Route. Die Blockierer würden augenscheinlich eingekesselt, AfD-Demonstranten von Gegendemonstranten getrennt.
Polizeireiter sollen die Demonstrationszüge auseinander halten:
Eine unserer vielen Aufgaben heute ist die Trennung der unterschiedlichen Demonstrationen, um allen ihr Recht auf Versammlungsfreiheit zu gewährleisten. Dafür sind auch Polizeireiter im Einsatz. #c0109pic.twitter.com/Ku7hYB1349
#Chemnitz - 17.32: AFD/Pro Chemnitz/Pegida stellt sich langsam auf. Ganz vorne läuft die Polit-Prominenz von der AfD, darunter auch Bernd Höcke.#c0109pic.twitter.com/vwXwwqkUzW
Nach Informationen des MDR ist Ein Kamerateam des Senders angegriffen worden. "Nach Angaben eines Reporters hatten die Journalisten bei Anwohnern geklingelt und gefragt, ob sie eine der Demonstrationen in Chemnitz von deren Balkon aus filmen dürften. Sie wurden in die Wohnung gelassen, anschließend aber von einem der Bewohner angegriffen. Den Angaben zufolge wurde eine Kamera beschädigt und ein Journalist die Treppe heruntergestoßen. Dem Bewohner der Wohnung zufolge war der Journalist gestolpert."
Die Journalistin Pascale Müller von buzzfeed hat mit André Berthold vom MDR gesprochen:
Die "Pro Chemnitz"-Demo hat sich aufgelöst. Gleich beginnt der "Trauermarsch" der AfD. Ein Vertreter des rechtspopulistischen Bündnisses "Pro Chemnitz" kündigt an, dass man die eigene Demonstration wegen Unstimmigkeiten mit der Polizei über die vorgesehene Route auflöse und sich direkt der AfD-Demonstration anschließen wolle.
Pro Chemnitz beendet Versammlung vorzeitig, Menschen setzen sich in Bewegung Richtung AfD-Büro. #C0109pic.twitter.com/remQHZtJrE
Laut "Freie Presse" soll mit einer Blockade die Demonstration von AfD, Pegida und Pro Chemnitz an der Bahnhofstraße aufgehalten werden.
16:55
Demonstranten blockieren Demostrecke
Es ist noch eine sehr kleine Blockade, aber das Kommunikationsteam der Polizei redet bereits mit den Demonstranten.
Erste Mini-Blockade auf rechter Demostrecke, Pro #Chemnitz will hier gleich durchlaufen. Polizisten des Kommunikationsteams bitten die Gegendemonstranten, freiwillig wegzugehen #c0109pic.twitter.com/jMsb96vr3l
Auch wenn wir vorhin einige Personen direkt ansprechen mussten, viele Menschen zeigen weiterhin friedlich #HerzstattHetze bei der Versammlung "Frieden wahren - Demokratie verteidigen" in #Chemnitz Danke dafür! #c0109pic.twitter.com/NhI0JWv5Va
Demo-Teilnehmer sollen sich mit Steinen bewaffnet haben
Wie die Polizei Sachsen auf Twitter mitteilt, sollen einige Teilnehmer der Demonstration Steine aus einem Gleisbett aufgenommen haben.
Einige Teilnehmer der Versammlung "Frieden wahren" haben soeben Steine aus dem anliegenden Gleisbett aufgenommen. Bitte unterlasst das! Zeigt Herz statt Hetze! #c0109#Chemnitz
Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Cem Özdemir hat am Tatort des Opfers gedacht. Am Rande sprechen ihn Bürger mir kritischen Fragen an, der Pegida-Aktivist und "Politcally Incorrect"-Autor Michael Stürzenberger fällt ihm dabei mehrfach ins Wort. "Diffamieren Sie nicht die AfD", sagt er. "Dann würden Sie den demokratischen Konsens verlassen." Das berichtet unser Kollege Lars Wienand.
Ein Mensch ist gestorben, zwei weitere wurden verletzt. Ich trauere um Daniel H. Mein Mitgefühl gilt seinen Angehörigen.
Unsere Justiz wird die mutmaßl. Täter bestrafen. Niemand sonst.
Dem rechten Mob geht es nicht um Trauer. Sondern um Hetze. Gegen alles vermeintlich Fremde. pic.twitter.com/oG2YoFpvN5
Offenbar bisher rund 300 Rechte, berittene Polizei und immer mehr Gegendemonstranten
Die Mission Lifeline möchte rund 300 Rechtsextreme ausgemacht haben. Am Hauptbahnhof scheinen außerdem immer mehr Gegendemonstranten anzukommen. Die Polizei rief die Menschen zur Rücksicht beim Besteigen der Züge nach Chemnitz au.
Unser Reporter Jan-Henrik Wiebe mit den ersten Eindrücken vor Ort
14:20
Kulturhauptstadt Chemnitz? Okay...
Landtagspräsident Matthias Rößler (CDU) hatte die Idee am Donnerstag ins Spiel gebracht. Er schlug vor, im Sinne eines besseren Images die Bewerbung von Chemnitz um den Titel Kulturhauptstadt Europas 2025 zu unterstützen.
Die Idee zur Bewerbung hatte Chemnitz ursprünglich unter anderem mit der Fähigkeit der Stadt begründet, tiefgreifende Veränderungen zu meistern: "Wir haben keine Angst vor Neuem."
Der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, Olaf Zimmermann, springt Rößler jetzt zur Seite. Er sieht gerade nach den Ausschreitungen von Chemnitz gute Chancen für eine erfolgreiche Bewerbung als Kulturhauptstadt. Darin liege eine Möglichkeit, in sehr schwieriger Situation "so etwas wie einen demokratischen Aufbruch zu versuchen", sagte er am Samstag im Deutschlandfunk Kultur. Die demokratischen Kräfte müssten dringend gestärkt werden, das sei auch eine der originären Aufgaben der Kultur. Vorstellbar sei ein Zusammenschluss der Mitbewerberstädte im Osten, sagte er unter Verweis auf den Erfolg des Ruhrgebiets 2010.
13:58
Polizei bereitet sich auf Demonstrationen vor
Für die Demonstrationen werden in der Chemnitzer Innenstadt Absperrgitter aufgestellt. Zudem sind aus Leipzig Wasserwerfer und Panzerräumfahrzeuge gestartet, um die Einsatzkräfte vor Ort zu verstärken.
Chemnitzer Bürger, Unternehmer und Wissenschaftler haben am Samstag einen Aufruf an ihre Mitbürger an den berühmten "Nüschel" geklebt. Auf dem Plakat am Sockel des Karl-Marx-Monuments steht: "Chemnitz ist weder grau noch braun". Und auf der Internetseite der Initiative #wirsindmehr heißt es: "Womit wir nicht leben können, sind Hass, Gewalt, Intoleranz und vor allem Wegschauen." Das sei der Nährboden, auf dem Demokratiefeindlichkeit wachse. "Das macht Angst. Aber aus der entsteht der Mut, den es jetzt von uns Bürgern braucht."
Mega-Panne? Chemnitzer Polizei brauchte Verstärkung, rief aber wohl die falsche Nummer an
Viel wurde in den vergangenen Tagen geredet über das Versagen der Polizei bei den Demonstrationen von Chemnitz. These: Es gab zu wenige Beamte, und die anwesenden Einsatzkräfte waren mit der Situation überfordert. Aber was jetzt kommt, klingt fast nach Satire:
Bei den Ausschreitungen soll es noch zusätzlich zu einer schweren Panne gegeben haben. Wie die "Welt am Sonntag" berichtet, hat diese Panne bei der Polizei zur Unterbesetzung geführt. Anders als in bisherigen Darstellungen behauptet, seien sehr wohl zusätzliche Kräfte der Bundespolizei als Verstärkung angefordert worden, berichtet die Zeitung.
Die Bundespolizei hätte Verstärkung schicken können, aber die Chemnitzer Einsatzkräfte riefen die falsche Nummer an.
Die Bundespolizei und das Innenministerium in Sachsen haben mittlerweile den Bericht über eine "schwere Panne" als Grund für die Unterbesetzung der Polizei bei den Ausschreitungen am vergangenen Montag in Chemnitz zurückgewiesen. Das Lagezentrum habe darauf verzichtet, beim Bundespolizeipräsidium in Potsdam nach Verstärkung zu fragen, sagte ein Ministeriumssprecher in Dresden am Samstag auf Anfrage. Die zusätzlichen Kräfte und Hubschrauber wären erst kurz vor Mitternacht vor Ort gewesen, erklärte er.
Die Hintergründe zu den Geschehnissen von Chemnitz in Kürze:
Am Sonntag war in Chemnitz ein 35 Jahre alter Mann durch Messerstiche getötet worden. Ein Iraker und ein Syrer sitzen als Tatverdächtige in Untersuchungshaft. Nach der Tat zogen überwiegend rechte Demonstranten durch die Stadt. In diesem Rahmen kam es zu mehren Angriffen auf Menschen mit anderer Hautfarbe. Anschließend war der Haftbefehl gegen einen der Verdächtigen samt all seiner Daten im Internet aufgetaucht.
Ukraine-Krieg: Experte glaubt nicht an Frieden durch Gebietsabtretung an Russland
Am Freitag will sich US-Präsident Donald Trump mit Kreml-Chef Wladimir Putin treffen und einen Waffenstillstand in der Ukraine verhandeln. Dabei sind immer wieder Gebietsabtretungen im Gespräch. Ein Experte ist sicher, dass dieser Schritt nicht für einen langfristigen Frieden sorgen würde.
Das Vorhaben, im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine eine Waffenruhe zu erreichen, nimmt Fahrt auf. Am Freitag will sich Trump mit Putin im US-Bundesstaat Alaska treffen, um über diesen Schritt zu verhandeln. Am Mittwoch kommen zunächst europäische Staats- und Regierungschefs per Video zu einer Vorbesprechung zusammen, danach ist eine weitere Schalte mit Trump geplant, in der sie mit dem US-Präsidenten eine gemeinsame Linie finden wollen.