Iranische Priester feiern die Weihnachtsmesse in der Katholischen Kirche Saint Joseph Chaldean-Assyrian, in Teheran.Bild: AP
Deutschland
Hauptsache weiterhin männlich – die verzweifelte Suche der Kirche nach Priestern
Der katholischen Kirche gehen die Priester aus, also weiht sie jetzt Quereinsteiger zu Priestern. Gerne auch ohne Abitur. Zwei Voraussetzungen für "Spätberufene" gibt es dann aber doch: Sie müssen schon einmal gearbeitet haben – und natürlich ein Mann sein.
10.02.2019, 08:12
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Ausgerechnet beim Niederknien zum Beten hat sich
Wolfgang Ehrle eine Zerrung zugezogen. So ganz jung ist er mit seinen
45 Jahren eben nicht mehr. Dennoch beginnt er gerade noch mal ganz
von vorn: Nach vielen Jahren als Großhandelskaufmann lässt er sich
als Quereinsteiger zum Priester ausbilden. Die katholische Kirche
unterhält dafür in dem kleinen Ort Grafschaft in Rheinland-Pfalz nahe
der Grenze zu Nordrhein-Westfalen ein spezielles Ausbildungszentrum,
das Studienhaus St. Lambert. Es ist deutschlandweit einzigartig.
Der enorme Priestermangel stellt die Kirche vor immer größere
Probleme.
2017 wurden in ganz Deutschland nur noch 74 Männer zu Priestern geweiht, im Jahr davor 77.
Deshalb wird in letzter Zeit
verstärkt mit Plakaten und Flyern um "Spätberufene" geworben. Der
Slogan: "Ruf! Mitten im Beruf: Priester werden ohne Abitur".
Die vierjährige Ausbildung ist kein staatlich anerkanntes
Theologiestudium, man kann keinen Bachelor oder Master machen. Der
Kirche aber reicht es.
TV-Moderator Eckart von Hirschhausen
kommentierte das beim Katholikentag in Münster im vergangenen Mai mit
den Worten:
"Sie weihen lieber Männer ohne Abitur zum Priester, als sich für gut qualifizierte Frauen zu öffnen."
Diese Bemerkung ist in St. Lambert natürlich weniger gut angekommen.
"Kann man den Ruf Gottes so einfach an das Abitur knüpfen?", fragt
der als Regens bezeichnete Leiter des Hauses, Volker Malburg. "Oder
kann man sagen, man kann auch ohne Voraussetzung für ein
Hochschulstudium ein guter Priester sein? Das würde ich immer
bejahen." Es könne sogar Vorteile für die Arbeit als Seelsorger
haben, schon mal einen anderen Beruf ausgeübt zu haben. Eben das ist
Voraussetzung, um sich beim Ausbildungszentrum bewerben zu können.
Beispiel gefällig?
Lukas Boving: "Bruder Lukas", so heißt Boving seit seinem Eintritt in einen Mönchsorden, war zum Beispiel ein erfolgreicher Hamburger Werbefachmann. "Ellbogen ausgefahren und Karriere gemacht, das war es", erzählt der 42-Jährige. Irgendwann füllte ihn das nicht mehr aus. "Ich habe meine Sachen verschenkt, Auto verkauft, Mutter enttäuscht." Seine Kollegen wunderten sich. "Es kamen Kommentare von "Respekt" bis "Du hast'n Knall"."
Wolfgang Ehrle: Einst sanierte der Mann aus der Diözese Augsburg Hotelbäder in der Schweiz. "Hotels ab vier Sterne." Die Menschen, die dort abgestiegen seien, hätten "in Saus und Braus gelebt", sagt er. Im Lager seines früheren Unternehmens hätten dagegen Leute gearbeitet, die zwei Jobs machen mussten, um über die Runden zu kommen. All das habe bei ihm mit dazu beigetragen, sich noch mal neu zu orientieren.
Benjamin Schimmer: Der 31-Jährige aus der Nähe von Würzburg wiederum hat zehn Jahre als Landschaftsgärtner gearbeitet. Schon mit 16 Jahren dachte er darüber nach, ins Kloster zu gehen, aber damals sagte er sich: "Ich möchte noch einiges erleben." Er habe etliche Beziehungen gehabt, die aber in die Brüche gegangen seien. Sein "Ruf" erfolgte dann mitten auf der Autobahn: "Ich dachte: Jetzt muss sich etwas ändern in meinem Leben!" Er fuhr ab, rief sofort den nächsten Bischof an und informierte dessen Sekretär über seinen Entschluss, Priester zu werden. "Seit dem Moment bin ich ein sehr glücklicher Mensch."
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Eine letzte Hürde bleibt aber
Zurzeit studieren 28 Männer in dem Institut, das Platz für 70 bietet.
"Das löst jetzt nicht alle Probleme, die mit dem Stichwort
Priestermangel verbunden sind", räumt Regens Malburg ein. Er
persönlich sei offen dafür, auch über den Zölibat - die
vorgeschriebene Ehelosigkeit des Priesters - zu diskutieren. Diese
Einschränkung gilt allgemein als Hauptgrund für die
Nachwuchsprobleme. Auch die Quereinsteiger machen sich darüber
Gedanken. Wolfgang Ehrle hat für sich entschieden, dass er später
eine Familie in sein Pfarrhaus aufnehmen oder aber mit anderen
Priestern zusammenwohnen will: "Abends in ein leeres Haus zu kommen -
das kann ich mir nicht vorstellen."