Wer schon mal eine Stunde oder mehr auf seinen Zug gewartet hat und sich dann einen Teil des Ticketpreises zurückerstatten lassen wollte, weiß: Die Bahn macht es einem nicht leicht, wenn man sein Geld zurück haben will. Ganz altmodisch müssen Papierformulare ausgefüllt und per Post zum Konzern geschickt werden. Vielen ist das zu umständlich. So kommt es, dass nur ein Bruchteil eine Entschädigung einfordert, obwohl etliche Menschen Verspätungen in Kauf nehmen müssen – übrigens nicht nur bei der Bahn, sondern auch auf Flugreisen.
Verbraucherschützer fordern nun, dass Schluss sein soll mit komplizierten Antragsformularen: Bahnkunden und auch Flugreisende sollten bei Verspätungen künftig automatisch entschädigt werden. Wer sein Ticket online bucht, schickt der Bahn oder dem Flugunternehmen alle nötigen Informationen mit, die es braucht, um automatische Rückerstattungen abzuwickeln. "Da gibt es überhaupt keinen Grund, warum nicht die Fluglinie, die Bahn auch, Entschädigungen automatisch auf mein Konto zurückbucht", sagte der Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv), Klaus Müller, der Deutschen Presse-Agentur.
In diesem Sommer kamen Tausende Flug- und Bahnreisende gar nicht oder nur mit großen Verspätungen an ihr Ziel. Bei der Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr schoss die Zahl der Beschwerden nach oben. Zu Jahresende könnten es diesmal doppelt so viele sein wie im Vorjahr. Entschädigungen aber beantragten lange nicht alle Kunden – an den handschriftlichen Formularen könnte es liegen.
Wusstest du, dass ...
"Viele Tausend Reisende hatten dieses Jahr einen Sommer des Grauens", sagte Müller. Entschädigungen seien nicht nur Kompensation für sie, sondern auch ein Zeichen an die Unternehmen, dass sie sich nicht alles erlauben könnten. Zu oft rechne es sich für Airlines oder Bahn, knapp zu planen, beim Personal und der technischen Ausrüstung zu sparen und Angebote zu verkaufen, die sie nachher nicht einhalten könnten.
Seine Rechte durchzusetzen, dürfe für den Verbraucher nicht zu anstrengend werden, betonte Müller. Das Verfahren müsse vereinfacht werden. "Dann haben wir auch gute Chancen, dass die Unternehmen von sich aus motiviert sind, pünktlicher, zuverlässiger und verbraucherfreundlich zu werden." Ein erster Schritt könne sein, dass man Entschädigungen auch online beantragen könne – genau so, wie man auch das Ticket kaufe.
Dafür machte sich Mitte Dezember auch der Bundesrat stark. Es sei nicht einzusehen, dass Flüge und Züge per App gebucht werden könnten, die Entschädigung dann aber schriftlich auf komplizierten Formularen beantragt werden müsse. Bei einem Spitzentreffen im Verbraucherschutzministerium versprachen Fluggesellschaften, Möglichkeiten für Online-Anträge und entsprechende Apps zu schaffen.
Auch in der Kommunikation müssten Airlines und Bahn besser werden, mahnte Müller. Die Unternehmen müssten verpflichtet werden, Reisende über Verspätungen und die Durchsetzung ihrer Rechte zu informieren – über Smartphones, Anzeigetafeln, Apps oder Internetseiten. "Die Unternehmen haben keine Lust da drauf. Und da muss man sagen: Wenn ihr Ruf nicht weiter leiden soll, dann müssen sie das jetzt schleunigst auf die Reihe kriegen." Notfalls per Gesetz.
(dpa)