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Endokrine Disruptoren: Neue EU-Regeln gegen hormonell wirksame Stoffe

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Bild: Moose Photos/Pexels
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Die EU will was gegen hormonell wirksame Stoffe tun – was du darüber wissen musst

07.11.2018, 20:21
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Viele Prozesse, die im menschlichen Körper stattfinden, werden von Hormonen gesteuert. Sie beeinflussen zum Beispiel den Muskelaufbau, die Verarbeitung von Zucker oder Fett im Körper, die Sexualität oder unser Stresslevel. All das funktioniert in einem fein ausbalancierten System, in dem Schwankungen oder Störungen erhebliche Folgen haben können.

Zu den Stoffen, die hormonelle Abläufe im Körper durcheinander bringen können, zählen unter anderem die sogenannten endokrinen Disruptoren. Seit einigen Jahren schon sind die Stoffe im Gespräch. Sie stecken in Kunststoffen und Körperpflegeprodukten und werden mit hormonbedingten Krebserkrankungen, Fortpflanzungs- und Fruchtbarkeitsstörungen in Verbindung gebracht.

Nun widmet sich die EU-Kommission stärker diesem Thema. In den kommenden Wochen und Monaten soll die EU-Gesetzgebung auf Schlupflöcher für hormonschädigende Chemikalien hin untersucht werden, teilte die Brüsseler Behörde am Mittwoch mit. Eine öffentliche Umfrage sei ebenfalls geplant. Doch was machen endokrine Disruptoren überhaupt? Worin sind sie überall enthalten? Und welche Gefahr geht von ihnen aus? Wir klären 5 wichtige Fragen.

Wie wirken endokrine Disruptoren?

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) erklärt, dass einige dieser Stoffe dadurch wirken, dass sie an Rezeptoren binden und "dort eine dem Hormon ähnliche Wirkung verursachen".

Rezeptoren?
Wenn du dir das Hormon wie einen Zündschlüssel fürs Auto vorstellst, ist das Schloss der Rezeptor. Sobald du den Schlüssel ins Schloss steckst, kannst du das Auto starten. So ähnlich ist es mit dem Hormon: Indem es an den Rezeptor andockt, startet oder stoppt es bestimmte Vorgänge im Körper.

Weiter schreibt das BfR:

"Andere endokrine Disruptoren blockieren Rezeptoren und damit die Wirkung von Hormonen. Wieder andere beeinflussen die Synthese von Hormonen oder deren Abbau. Auch der Transport von Hormonen im Körper kann gestört werden."

Worin sind sie enthalten?

Häufig sind sie Kunststoffen zugesetzt, vermutlich wirken etwa bestimmte Weichmacher hormonell. Auch bestimmte Tenside, die Waschmitteln ihre schmutz- und fettlösenden Eigenschaften verleihen, zählen zu den endokrinen Disruptoren. Weiter gehören bestimmte Flammschutzmittel sowie Pflanzenschutzmittel dazu.

Es gibt aber auch hormonell wirksame Substanzen aus der Natur – zum Beispiel:

  • Isoflavone (stecken in Sojabohnen oder Klee)
  • Lignane (stecken in Leinsamen)
Klee
KleeBild: imago stock&people

Wie gelangen sie in den Körper?

Wir können sie über die Haut oder die Lunge aufnehmen, vor allem gelangen sie aber über die Nahrung in den Körper. Zum Beispiel so:

  • Lebensmittel können endokrine Disruptoren enthalten
  • oder sie können damit belastet worden sein (zum Beispiel über Pflanzenschutzmittel)
  • Materialien, die mit Lebensmitteln in Kontakt kommen wie Verpackungen, Plastikgeschirr, Plastikflaschen, können hormonähnliche Substanzen auf Lebensmittel absondern.
  • Für kleine Kinder kommt zudem Spielzeug in Betracht, in dem Weichmacher verarbeitet worden sind. Sie könnten in den Körper gelangen, wenn das Kind sein Spielzeug in den Mund nimmt. Die kritischen Phthalat-Weichmacher sind inzwischen aber verboten für Spielzeug.
Plastic bottles of mineral water are seen on the bottling line at the Abatilles factory in Arcachon, France, October 10, 2018. REUTERS/Regis Duvignau
Eine mögliche Quelle: PlastikflaschenBild: Reuters

Welche Probleme verursachen die Stoffe?

Viel diskutiert werden vor allem Stoffe, die Sexualhormone beeinflussen oder ihnen ähnlich sind. Gegen sie gibt es gleich zahlreiche Vorbehalte:

  • Es besteht der Verdacht, dass sie die Kindesentwicklung im Mutterleib beeinflussen.
  • Es besteht der Verdacht, dass sie die Pubertät beeinträchtigen könnten.
  • Es besteht der Verdacht, dass sie die Fortpflanzungsfähigkeit beeinträchtigen könnten. Es besteht der Verdacht, dass sie die Entstehung bestimmter Tumore fördern könnten. 
Dividing prostate cancer cells, SEM Dividing prostate cancer cells, coloured scanning electron micrograph (SEM). Such cells can clump to form tumours, which often invade and destroy surrounding tissue ...
Diese Prostata-Tumorzellen teilen sich gerade.Bild: imago stock&people

Wenn gegen die hormonell wirksamen Stoffe argumentiert wird, werden häufig Studien genannt, wonach die Fälle von Prostata- und Brustkrebs zunehmen, also Krebsarten in Organen, die hormonell reguliert werden. Forscher ziehen endokrine Disruptoren als möglichen Risikofaktor in Erwägung – genauso sind aber auch Übergewicht und Alkoholkonsum Risikofaktoren. Wissenschaftlich belegt ist ein Zusammenhang zwischen Krankheiten und der Aufnahme hormonell wirksamer Stoffe aber nicht.

Sind wir den Stoffen schutzlos ausgeliefert?

In der EU sind hormonell wirksame Substanzen durch verschiedene Gesetze reguliert. Für Nahrungsmittel etwa sind Grenzwerte festgelegt, bis zu denen die Stoffe als unbedenklich gelten.

Die EU-Kommission hat nun eine neue Strategie zum Schutz der Bevölkerung vor hormonverändernden Stoffen vorgestellt. Der Ansatz der EU müsse der "modernste und zweckmäßigste der Welt bleiben", sagte ein Sprecher der Brüsseler Behörde am Mittwoch. Die Kommission gehe so auf die Bedenken der Mitgliedstaaten und des EU-Parlaments bezüglich der bisherigen Regelungen ein.

Die bisherige Regulierung endokriner Disruptoren:
Nach jahrelangen Verhandlungen hatte die EU Ende 2017 eine erste Definition endokriner Disruptoren festgelegt. Diese beschränkt sich auf Pestizide und Pflanzenschutzmittel. Für diese Produkte gelten nun allgemeine Bestimmungen. Etwa bei Lebensmittelbehältern, Kosmetika und Spielzeug muss von Fall zu Fall entschieden werden. Zudem halten Umweltschützer die Kriterien, um einen Stoff als hormonell disruptiv einzuordnen, für zu strikt.

Die Kommission kündigte an, die Gesamtexposition gegenüber endokrinen Disruptoren zu minimieren, mehr zu forschen und die bestehenden Rechtsvorschriften einer umfassenden Eignungsprüfung zu unterziehen. Die EU-Kommission war bereits 2010 damit beauftragt worden, wissenschaftliche Kriterien als Grundlage für EU-Gesetze zu entwickeln. Die jahrelange Verspätung brachte der Brüsseler Behörde 2016 eine Rüge des Europäischen Gerichtshofs ein.

(sg/dpa/afp)

Plastik ist auch sonst ein Problem:

Video: watson/Lia Haubner

Und jetzt zur Entspannung ein paar preisgekrönte Naturbilder:

1 / 14
Wildlife Photographer of the Year 2018
Zwei Rothirsche, wie sie sich bei Mondlicht ein Duell liefern. Die Aufnahme entstand in Belgien.
quelle: michel d’oultremont/wildlife photographer of the year
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